Ein delikater Liebesbrief
»Doch was die Ehe mit Darby angeht … er wird mir nie einen Antrag machen. Er hält mich sicherlich für zu damenhaft, um ein Mittel wie den Schwamm auch nur in Erwägung zu ziehen.«
»Die eigentliche Frage ist doch«, sagte Esme nachdenklich, »ob Sie ihn heiraten wollen.« Sie faltete die Hände im Schoß und sah Henrietta ruhig an.
Sie schluckte. »Natürlich würde ich Josie und Anabel gern eine Mutter sein. Eigentlich ist es mein sehnlichster Wunsch.«
Esme sah sie mitfühlend an, sagte jedoch nichts.
»Und ich besitze ein Vermögen«, fuhr Henrietta verlegen fort.
»Wohl wahr. Aber die Ehe ist schwierig. Bedenken Sie, was ich Ihnen von Carola und Helene berichtet habe. Sind Sie sicher, dass es unbedingt Darby sein muss? Wenn Sie eine Saison in London verbringen würden, würden Sie vielleicht einen netten Witwer mit Kindern kennenlernen. Tatsächlich fällt mir sofort ein wunderbarer Gentleman ein, nämlich Mr Shutts. Er hat mindestens drei kleine Kinder.«
Zu ihrer Bestürzung stellte Henrietta fest, dass schon der Name ›Shutts‹ ihren Widerwillen erregte, und sie beeilte sich zu versichern: »Ich würde Darby wirklich gern heiraten. Ich würde … Ihren Neffen gern zum Mann nehmen.«
Esme schien nicht überrascht. Ein leises Lächeln umspielte ihren Mund. »In diesem Fall brauchen wir einen Plan.«
»Was für einen Plan?«
»Männer sind im Grunde unbeholfen und müssen auf den richtigen Weg gebracht werden.« Esme verbot sich jeglichen Gedanken an Sebastian, der ihren ausdrücklichen Befehl, auf den Kontinent zu verschwinden, schlichtweg ignoriert hatte.
»Ich erinnere mich, dass Ihre Freundin Lady Perwinkle um ihren Mann geworben hat. Das kann ich aber bei Darby nicht tun. Es würde an der Situation nicht das Geringste ändern.«
»Nein«, gab Esme zu. Ein träumerischer Ausdruck stand in ihren Augen. »Umwerben können Sie Darby nicht, aber wir denken uns etwas anderes aus. Geben Sie mir nur eine Minute.«
Henrietta wartete geduldig.
Esme biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. »Die Sache ist die …«, sagte sie schließlich. »Darby ist der geborene Retter. Wissen Sie, wie ich das meine? Seine kleinen Stiefschwestern waren ihm stets lästig – nun, wem nicht? –, doch als sie verwaisten, hat er sie unverzüglich bei sich aufgenommen.«
»Hatte er denn eine Wahl?«
»Aber natürlich. Es gibt mehrere Tanten und Onkel, die den Mädchen, rein oberflächlich betrachtet, ein besseres Heim geboten hätten als ein allein lebender Mann, der in London sein fröhliches Junggesellendasein genießt. Aber Darby hat es nicht zugelassen, dass die Mädchen zu anderen Verwandten kamen.«
»Ich wüsste aber nicht, wie sich eine Rettung in meinem Falle gestalten sollte«, gab Henrietta zu bedenken.
»Ein Mann kann nur dann zu einer Ehe gezwungen werden, wenn er den Ruf der betreffenden Frau ruiniert hat. Also muss Darby Sie kompromittieren.«
»Aber alle Welt weiß doch um mein Gebrechen, und selbst wenn … Warum sollte er mich heiraten, um meinen Ruf zu retten, wenn doch jeder weiß, dass ich keine Kinder bekommen kann? Diese beiden Dinge sind untrennbar miteinander verbunden!«
Esme zuckte die Achseln. »Nicht unbedingt. Natürlich wird alle Welt ob Ihres leichsinnigen Verhaltens schockiert sein – und damit meine ich im Klartext, dass Sie mit ihm geschlafen haben, Henrietta. Doch wenn Sie daraufhin blitzschnell heiraten, wird es für einen Tag die Sensation sein und bald darauf vergessen.«
Henrietta schluckte hart. »Wie soll ich ihn denn dazu bewegen, mit mir … zu schlafen?«, flüsterte sie. »Küssen würde er mich noch einmal … vielleicht.«
»Oh, so weit müssen wir ja gar nicht gehen«, erwiderte Esme zu Henriettas großer Erleichterung. »Wir müssen lediglich dafür sorgen, dass Ihr Ruf vernichtet wird, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und dann erscheint Darby als Ritter in schimmernder Rüstung und rettet Sie!« Sie strahlte zufrieden.
»Aber wie um alles in der Welt sollen wir das anstellen? Ich habe ja schon gehört, dass ein Ruf durch indiskretes Benehmen ruiniert wurde oder dass gewisse Beweise vorlagen, aber …«
»Beweise werden wir vorlegen«, erklärte Esme geduldig. »Glauben Sie mir, zwischen der Wahrheit und ihren angeblichen Beweisen besteht oft so gut wie kein Zusammenhang. Wenn wir beispielsweise Mrs Colby Beweise zuspielen würden, dass Darby und Sie eine Nacht miteinander verbracht haben, dann hätte sie Sie im Handumdrehen verheiratet, ohne sich einen
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