Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Doppelleben im Kosmos

Ein Doppelleben im Kosmos

Titel: Ein Doppelleben im Kosmos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
Vom Netzwerk:
einem Winkel meines Geistes. Mein wahres Selbst war von Rührung überwältigt. Obwohl er krank war, strahlte dieser Mann eine bezwingende geistige und körperliche Kraft aus. Ich empfand den fast heiligen Schock, der einen überkommt, wenn man zum erstenmal vor der großen Statue Abraham Lincolns steht. Ich wurde auch an eine andere Statue erinnert, als ich Bonforte hier liegen sah, die Beine und die hilflose linke Seite mit einem Plaid zugedeckt: ich mußte an den verwundeten Löwen von Luzern denken. Er hatte noch in seiner Hilflosigkeit jene Kraft und Würde, die in dem Wort liegt: die Garde stirbt, aber sie ergibt sich nicht.
    Er blickte auf, als ich eintrat, und lächelte sein warmes, nachsichtiges und freundliches Lächeln, das ich wiederzugeben gelernt hatte, und winkte mir mit seiner gesunden Hand, näher heranzutreten. Ich lächelte das gleiche Lächeln und ging zu ihm hin. Er schüttelte mir mit überraschend kräftigem Druck die Hand und sagte herzlich: »Ich freue mich, Ihnen endlich persönlich zu begegnen.« Seine Sprache war etwas undeutlich, und ich sah jetzt, wie schlaff die mir abgekehrte Gesichtshälfte war.
    »Es ist mir eine Ehre und eine Freude, Sie kennenzulernen, Herr Bonforte!« Ich mußte mir Mühe geben, die Sprachstörung, die ich an ihm bemerkt hatte, nicht nachzuahmen. Er sah mich von oben bis unten an und lächelte. »Es scheint so, als ob Sie mich schon länger gekannt hätten.«
    Ich blickte an mir selbst hinunter. »Ich habe es versucht, Herr Bonforte.«
    »Versucht? Es ist Ihnen gelungen. Es ist ungemein merkwürdig, sich selbst zu begegnen.«
    Ich begriff in plötzlicher, schmerzlicher Ergriffenheit, daß er sich seines eigenen Aussehens nicht bewußt war. Meine jetzige Erscheinung war »er«, und jede Veränderung in ihm selbst war nur zeitweilig, durch Krankheit begründet, und brauchte nicht bemerkt zu werden. Aber er sprach weiter: »Würden Sie wohl einmal etwas umhergehen? Ich möchte mich ... Sie ... uns sehen. Ich möchte einmal den Standpunkt des Publikums einnehmen.«
    Ich nahm mich also zusammen, ging durch das Zimmer, sprach mit Penny - das arme Ding sah mit betroffener Miene bald ihn an, bald mich -, ergriff ein Schriftstück, ließ die Marswaffe, die ich unter dem Arm trug, in meine Hand gleiten und spielte damit.
    Er sah voller Entzücken zu. Da tat ich noch mehr. Ich stellte mich mitten ins Zimmer und sprach eine seiner besten Reden. Ich versuchte nicht, sie Wort für Wort wiederzugeben, sondern ich legte sie aus und ließ sie dahinrollen und donnern, wie er selbst es zu tun pflegte, und endete mit seinen eigenen genauen Schlußworten: »Ein Sklave kann nicht befreit werden, wenn er es nicht selber tut. Noch kann man einen freien Mann versklaven. Das Äußerste, was man ihm antun kann, ist, ihn zu töten!«
    Es folgte das wundervolle, bewegte Schweigen nach einem großen Auftritt, dann ein leises Klatschen, und Bonforte selbst schlug mit seiner gesunden Hand auf die Couch und rief: »Bravo!«
    Es war der einzige Beifall, den ich je in dieser Rolle bekommen hatte. Er genügte mir.
    Nun hieß er mich, neben sich Platz zu nehmen. Ich sah ihn auf die Marswaffe blicken und gab sie ihm. »Sie ist gesichert, Herr Bonforte.«
    »Ich weiß, wie man mit ihr umgeht.« Er betrachtete sie eingehend, dann gab er sie mir zurück. Ich hatte gedacht, er würde sie vielleicht behalten. Da er es nicht tat, beschloß ich, sie Dak zu übergeben, damit er sie ihm aushändigte. Er fragte mich nach mir selbst und sagte mir, daß er sich nicht erinnern könne, mich jemals spielen gesehen zu haben, daß er aber den Cyrano meines Vaters gesehen habe. Er gab sich große Mühe, die zuckenden Muskeln seines Mundes zu beherrschen, und seine Sprache war deutlich, aber mühsam.
    Dann fragte er mich, was ich fürs erste vorhätte. Ich sagte ihm, daß ich noch keine Pläne gemacht hätte. Er nickte und sagte: »Wir werden sehen. Es gibt einen Platz für Sie. Es gibt viel Arbeit!« Er sagte kein Wort von Bezahlung, was mich stolz machte.
    Jetzt liefen die Meldungen ein, und er wendete seine Aufmerksamkeit dem Apparat zu. Meldungen waren natürlich schon seit achtundvierzig Stunden eingegangen, da die Äußeren Welten schon vor der Erde wählen und selbst auf der Erde ein Wahltag mehr als dreißig Stunden lang ist, da die Erdkugel sich dreht. Aber jetzt liefen die Ergebnisse aus den wichtigen Bezirken der großen Landmassen der Erde ein. Wir hatten am Tage vorher bei den Ergebnissen in der Äußeren

Weitere Kostenlose Bücher