Ein Engel fuer Charlie
habe sie nicht gesehen, Charlie.“ Shirley wandte sich der Küche zu. „Harry, hast du die kleine McGraw gesehen?“
Harry und Shirley besaßen und führten das Cafe bereits seit vielen Jahren.
Gerüchte gingen um, dass sie mehr als nur Freunde und Geschäftspartner waren, obwohl die beiden sich nie Öffentlich als Paar zeigten.
Harry stieß soeben die Schwingtür zu seinem Reich auf.
„Charlies Kleine?“
„Haben Sie sie gesehen?“ fragte Charlie. Angst schwang in seiner Stimme mit und schnürte seine Kehle zu. Er atmete tief durch, um die aufsteigende Panik zu unterdrücken.
Harry schüttelte den Kopf. „Ich habe niemanden gesehen. Ich war allerdings auch hinten im Lagerraum und habe kontrolliert, was nachbestellt werden muss.“
Charlie schien nicht überzeugt zu sein und lief an Harry vorbei durch die Küche bis in den Lagerraum. Nichts. Außer Kartons und Harrys Bestellliste, die auf einem Stuhl lag, war nichts zu sehen.
„Sie muss doch irgendwo sein“, murmelte er, während er wieder durch die Schwingtür hinaus in das Restaurant lief. Er schaute unter jeden Tisch, in jede Ecke, bis er plötzlich wie angewurzelt stehen blieb. Merediths pinkfarbener Plüschmantel war nicht mehr da! Charlie starrte auf den leeren Sitz und überlegte angestrengt, was das zu bedeuten hatte. „Sie ist nach draußen gegangen!“
Ohne daran zu denken, seinen eigenen Mantel anzuziehen, rannte er zur Eingangstür hinaus. Vielleicht hatte sie keine Lust mehr gehabt, auf ihn zu warten, oder hatte aus Trotz das Lokal verlassen und wartete nun im Jeep auf ihn.
In der Erwartung – und innerlich betend –, dass seine Tochter in dem unverschlossenem Wagen sitzen wurde, lief er zum Jeep und riss die Tür auf.
Nichts. Kein pinkfarbener Plüschmantel. Kein Engelbuch. Keine Meredith.
Charlie schlug die Wagentür zu und sah sich auf dem verlassenen Parkplatz um.
Der eiskalte Wind blies ihm ins Gesicht, und sein Herz war so schwer, als ob Bleigewichte darauf lasten würden.
Während er zum Restaurant zurücklief, suchte er den Boden nach Fußspuren ab.
Dann sah er etwas auf dem Boden liegen und hob es auf. Es war ein pinkfarbener Handschuh.
Charlie drückte ihn an die Brust, während Angst und Sorge ihm die Kehle zuschnürten. Der Boden vor der Eingangstür war fast schon wieder zu geschneit, seine eigenen Stiefelabdrücke kaum noch sichtbar.
Shirley öffnete die Tür. „Haben Sie sie gefunden, Charlie?“ rief sie.
Er schüttelte den Kopf und versuchte, die aufsteigende Panik zu unterdrücken, damit er klar nachdenken konnte. Es musste einen Grund geben, warum Meredith verschwunden war.
Harry, der sich einen Wollmantel übergezogen hatte, brachte Charlie seine braune Lederjacke. Charlie schlüpfte rasch hinein und steckte den pinkfarbenen Handschuh in die Tasche. Zusammen gingen die beiden Männer um das Gebäude herum und schauten auch in den Wagen, der am Rande des Parkplatzes zum Verkauf angeboten wurde. Sie sahen sogar in dem großen Müllcontainer nach.
„Es ist wohl besser, wenn ich den Sheriff anrufe“, sagte Charlie mit ruhiger Stimme. Dabei konnte er kaum noch seine Panik unterdrücken, und er hätte am liebsten losgeschluchzt. „Und ich muss in der Bücherei nachsehen.“
Shirley hatte einen besorgten Gesichtsausdruck, als sie das Restaurant wieder betraten und er sofort zum Telefon ging. Sie ergriff Harrys Arm, und die beiden sahen sich fassungslos an. So etwas war in Elmwood nach nie vorgekommen.
Noch nie war ein Kind…
Charlie tippte die Nummer ein, und der Stellvertreter des Sheriffs Duane Quinn nahm ab. „Hier spricht Charlie McGraw“, stieß Charlie hervor. „Ich möchte meine Tochter als vermisst melden.“
2. KAPITEL
Die Zeit war noch nie so langsam vergangen, und noch nie in seinem Leben hatte Charlie sich so elend gefühlt. Der Sheriff Bryce Olson erschien, suchte ebenfalls Restaurant und Parkplatz ab und kam zu dem gleichen Ergebnis: Meredith war nirgends zu finden.
„Wer hat sich sonst noch im Restaurant aufgehalten?“ fragte der Sheriff, der einen Block in seinen Händen hielt und sich ab und zu Notizen machte. Der Mann schien ernsthaft besorgt zu sein, was Charlie gleichzeitig beruhigte und Angst machte. Ihm war der Ernst der Lage nur allzu bewusst.
„Die Perrys waren hier“, erklärte Shirley. „Die Bradfords auch. Und eine junge, sehr hübsche Lastwagenfahrerin. Das war alles. Das Wetter ist nicht dazu geeignet, die Leute aus dem Haus zu locken.“
Als das Wort Wetter
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