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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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lässt. Also, ich sage nein. Nein, Louisa.»
    «Aber sie muss gehen», sagte Treena.
    «Nein, muss sie nicht. Sie hat genug getan. Das hat sie gestern Abend selbst gesagt, sie hat alles getan, was sie konnte.» Mum schüttelte den Kopf. «Wenn sich die Traynors ihr Leben verpfuschen wollen, indem sie … sie … was auch immer sie ihrem Sohn antun, ich will nicht, dass Louisa etwas damit zu tun hat. Ich will nicht, dass sie sich ihr ganzes Leben ruiniert.»
    «Ich glaube, ich kann meine eigene Entscheidung treffen», sagte ich.
    «Da bin ich nicht so sicher. Es geht um deinen Freund, Louisa. Um einen jungen Mann, der sein ganzes Leben vor sich hat. Du kannst nicht … du kannst dich an dieser Sache nicht beteiligen. Ich bin … entsetzt, dass du überhaupt darüber nachdenkst.» Mums Stimme klang hart. «Ich habe dich nicht aufgezogen, damit du einem anderen hilfst, sein Leben zu beenden! Würdest du auch Großvaters Leben beenden? Findest du, wir sollten ihn auch zu Dignitas abschieben?»
    «Bei Großvater ist es etwas anderes.»
    «Nein, ist es nicht. Er kann nicht mehr, was er früher konnte. Aber sein Leben ist trotzdem wertvoll. Genauso wie das Leben von Will wertvoll ist.»
    «Es ist nicht meine Entscheidung, Mum. Es ist Wills Entscheidung. Es geht nur darum, Will zu unterstützen.»
    «Will unterstützen? So einen Unsinn habe ich noch nie gehört. Du bist ein Kind, Louisa. Du hast nichts im Leben gesehen, nichts gehört. Und du hast keine Ahnung, was das für Folgen für dich haben wird. Wie in Gottes Namen willst du noch eine einzige Nacht ruhig schlafen, wenn du ihm hilfst, das durchzuziehen? Du willst einem Mann helfen zu sterben . Verstehst du wirklich, worum es geht? Du willst Will, diesem reizenden, klugen jungen Mann helfen zu sterben .»
    «Ich werde nachts schlafen können, weil ich Will zutraue zu wissen, was richtig für ihn ist, und weil das Schlimmste für ihn war, dass er die Möglichkeit verloren hatte, auch nur eine einzige eigene Entscheidung zu treffen, auch nur eine einzige Sache für sich selbst zu tun …» Ich sah meine Eltern an, wollte, dass sie verstanden, worum es ging. «Ich bin kein Kind mehr. Ich liebe ihn. Ich liebe ihn, und ich hätte ihn nicht allein lassen dürfen, und ich kann es nicht ertragen, nicht dort zu sein und nicht zu wissen, was … was er …» Ich schluckte. «Und deshalb: Ja, ich gehe. Ihr müsst nicht auf mich aufpassen und mich auch nicht verstehen. Ich komme damit klar. Aber ich fahre in die Schweiz – egal, was ihr sagt.»
    Schweigen senkte sich über die kleine Diele. Mum starrte mich an, als würde sie mich nicht mehr erkennen. Ich ging einen Schritt auf sie zu, wollte ihr meinen Standpunkt begreiflich machen. Doch während ich den Schritt nach vorn machte, ging sie einen zurück.
    «Mum? Ich schulde es Will. Ich schulde es ihm, hinzufahren. Wer, glaubst du, hat mich dazu gebracht, mich an der Uni zu bewerben? Wer, glaubst du, hat mich dazu ermutigt, etwas aus mir zu machen, zu reisen, mir Ziele zu stecken? Wer hat mein ganzes Denken verändert? Sogar mein Denken über mich selbst! Das war Will. Ich habe in den letzten sechs Monaten mehr getan, mehr erlebt als in den letzten siebenundzwanzig Jahren meines Lebens. Wenn er also möchte, dass ich in die Schweiz komme, ja, dann werde ich hinfahren. Ganz egal, was dabei herauskommt.»
    Darauf folgte eine kurze Stille.
    «Sie ist wie Tante Lily», sagte Dad schließlich leise.
    Wir starrten uns an. Dad und Treena warfen sich Blicke zu, als warteten sie beide darauf, dass der andere etwas sagte.
    Doch dann sprach Mum als Erste. «Wenn du fährst, Louisa, dann brauchst du nicht zurückzukommen.»
    Die Worte schienen schwer wie Steine aus ihrem Mund zu fallen. Schockiert sah ich meine Mutter an. Ihr Blick war unnachgiebig und wurde noch angespannter, als sie auf meine Reaktion wartete. Es war, als wäre zwischen uns auf einmal eine Mauer hochgewachsen, die es noch nie gegeben hatte.
    «Mum?»
    «Ich meine es ernst. Das ist nicht besser als Mord.»
    «Josie …»
    «Das ist die Wahrheit, Bernard. Damit kann und will ich nichts zu tun haben.»
    Ich weiß noch, wie mir durch den Kopf ging, dass ich Katrina noch nie so unsicher gesehen hatte wie in diesem Augenblick. Ich sah Dads Hand nach Mums Arm greifen, ob er ihr Vorwürfe machen oder sie trösten wollte, konnte ich nicht sagen. Mein Kopf war einen Moment lang vollkommen leer. Und dann, beinahe ohne zu wissen, was ich tat, ging ich langsam an meinen Eltern

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