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Ein Gott der keiner war (German Edition)

Ein Gott der keiner war (German Edition)

Titel: Ein Gott der keiner war (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Gide , Arthur Koestler , Ignazio Silone
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er mir besonders nahe. Mitte der 60er Jahre lernten wir uns in den USA persönlich kennen.
    Von zwei der Autoren, Richard Wright (1908-1960) und Stephen Spender (1909-1995), hatte ich vor dem Lesen der Anthologie nie etwas gehört, fand aber beide Beiträge außerordentlich aufschlußreich. Ein Jahrzehnt später lernte ich Stephen Spender auf ungewöhnliche Weise näher kennen: Wir folgten beide im Herbst 1960 der Einladung zum Kongreß der Ex-Kommunisten in Kerala, im Südwesten Indiens. Dort waren wir mehr als eine Woche zusammen, trafen uns mit Schriftstellern und Gesinnungsgenossen in dem einzigen Staat, in dem die Kommunisten auf parlamentarisch-demokratischem Wege durch Wahlen im Jahr 1957 die Regierung übernommen hatten. In den ersten Wochen war die KP-Regierung noch populär, aber schon bald weckten das Bestreben, Staatsapparate und Justiz durch die eigene Parteiherrschaft zu ersetzen und in den Schulen sowjetische Lehrbücher einzuführen, sowie die zunehmende Bestechung und Korruption den Unwillen der Bevölkerung. Seit Herbst 1957 schlossen sich die von der KP enttäuschten Mitglieder und Funktionäre zum »Ex-Communist-Forum" zusammen. Im Juni 1959 wurde schließlich das KP-Regime durch eine mächtige Volksbewegung – die in vielem an die Montagsdemonstrationen im Herbst 1989 in der DDR erinnerte – gestürzt. Die treibende politische Kraft waren die ehemaligen Kommunisten im »Ex-Communist-Forum", das nicht nur bei den Neuwahlen im Februar 1960, sondern im gesamten politischen Leben des Landes eine entscheidende Rolle spielte.
    Es war dieses »Ex-Communist-Forum", das uns beide, Stephen Spender und mich, zum großen Kongreß in Ernakulam am 25. November 1960 eingeladen hatte. Das recht ungewöhnliche Thema lautete: »Die Rolle der Ex-Kommunisten im politischen Leben einer demokratischen Gesellschaft". Der Kongreß fand in einem riesigen, strohgedeckten Pfahlbau ohne Wände statt – sie wurden unter den klimatischen Bedingungen in Kerala nicht benötigt. 500 mit traditionellen weißen Umhängen bekleidete Keralesen waren im Saal versammelt, die Reden und Diskussionen wurden durch Lautsprecher in der Stadt übertragen. Stephen Spender und ich wurden mit stürmischem Beifall begrüßt und erhielten Ehrenplätze in der ersten Reihe. Die Malayalam sprechenden Inder diskutierten in der sengenden Hitze über dieselben Probleme, die auch fast alle Ex-Kommunisten Europas beschäftigten: die Degeneration des Sowjet-Kommunismus und die Verwandlung des schöpferischen Marxismus in eine Sammlung toter Dogmen. Immer wieder wurde Kritik geübt: am Führerkult und Autoritätsaberglauben, an der Unterordnung der kommunistischen Partei unter die Sowjetführung, an der Niederschlagung der ungarischen Revolution, der Begrenzung des künstlerischen Lebens, an den unerträglichen Lobeshymnen auf die Sowjetunion. Kritisiert wurden – teilweise mit ironischen Bemerkungen – die ständigen Schwankungen der Parteilinie, der man immer wieder folgen mußte.
    All diese Punkte waren Stephen Spender und mir wohl bekannt, aber noch nie hatten wir erlebt, daß sie in so großem Rahmen erörtert wurden. So wie wir an den Diskussionen in Südindien interessiert waren, so waren die Kongreßteilnehmer an den Reformströmungen in anderen Ländern interessiert. Als Stephen Spender und ich über die kritischen, sich gegen die offizielle sowjetische Parteilinie stellenden Kommunisten in den Ländern West- und Osteuropas berichteten, wurde dies von den Anwesenden mit großem Beifall begrüßt. Über den Kongreß berichteten die Zeitungen Keralas auf den Titelseiten, inklusive Bildern von Stephen Spender und mir, weshalb wir auf unseren Ausflügen überall erkannt wurden – so auch von einem katholischen Priester, der uns höflich begrüßte und die unerwartete Frage an uns richtete: „Wie geht es bei dem Kongreß der Ex-Kommunisten? Sind Sie mit dem Verlauf zufrieden?" Nach einer Woche mußten wir Kerala verlassen, da wir noch weitere Einladungen in Städten im Zentrum und Norden Indiens hatten, aber uns beiden tat es leid, uns von Kerala zu verabschieden – dem wohl einzigen Land der Welt, in dem Ex-Kommunisten nicht von Mißtrauen umgebene, isolierte Einzelgänger waren, sondern Angehörige einer im ganzen Land geachteten politischen Strömung.
     
    Unmittelbar nach Erscheinen des Buches Ein Gott, der keiner war wurde die verleumderische Behauptung verbreitet, die Autoren seien haßerfüllte, rechtsextremistische Gegner der

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