Ein Haus in Italien
Wohlbefinden und Überleben nützlich, und sogar einiges von dem, was ich als unabdingbar erachtete, und das war schwer hinzunehmen. Die drei japanischen Kimonos, zwei Paar Reitstiefel aus den zwanziger Jahren, fünf Paar Abendschuhe, mehrere Cocktailkleider, Ballroben, perlenbestickte Kleider sowie das grüne Samtcape, die an ihre Stelle
getreten waren, schienen für ihre wie meine Bedürfnisse entbehrlich; aber einen ungeeigneteren Ersatz für unsere Ausrüstung als die Näpfe mit abgestandenem Haferschleim, Gurkensaft und Eiern sowie die übelriechende Schmiere aus Kamille, Kohl und Honig konnte ich mir nicht vorstellen.
Das Kind zeigte keinerlei Reue und reservierte ihren Kummer für den beklagenswerten Zustand ihrer Naturkosmetik. Dies sei der Anfang unseres neuen Lebens. Dies sei der Augenblick, von dem wir immer geträumt hatten, das Ende unseres Umherziehens, mit einem Haus, das uns gehörte und in dem wir bestimmen würden. »Wir werden uns doch wohl nicht«, fragte sie mich, »in einem derart entscheidenden Augenblick und wegen einer solchen Banalität streiten?« In Iseults seidene Nachthemden gewickelt, war der Kassettenrekorder mit seinen acht Riesenbatterien und einigen Kassetten heil geblieben, und so fegten wir, abwechselnd zu Puccini-Klängen und Van Morrison-Gedröhne, Ruß, Spinnweben und Schutt aus der Küche.
Nachdem sie mit einem Reisigbesen einige Staubwolken von einer Ecke des Raums in eine andere geschoben hatte, kam das Kind von seinem hohen Roß herunter und entwaffnete mich mit seiner Reue. Es tue ihr leid, sie würde sich bessern, sie würde eine Liste mit allem machen, was wir brauchten, und wir würden es am folgenden Tag irgendwie besorgen.
»Reg' dich nicht auf, setz dich auf den Koffer, du wirst sehen, alles wird sich bestens regeln.«
Sie setzte sich ans Fenster, an die Stelle, wo Läden und Glas und Rahmen hätten sein sollen, zu ihrer Rechten der riesige offene Kamin, zu ihrer Linken die Eichenwaldhänge, kaute auf einem Bleistift und machte eine Liste. Sie begann mit unserem fehlenden Gepäck: Kehrblech und Besen, Feueran
zünder, mehr Streichhölzer, eine Taschenlampe, Spülmittel, eine Bratpfanne, ein Erste-Hilfe-Kästchen, Plastikplanen, eine Wolldecke. Es ging mit Lebensmitteln weiter, und von dem, was wir essen könnten, kam sie zu dem, was sie auf ihr Gesicht tun könnte. Wir sind eine Familie der Listen, sie beruhigen uns, sie sind unser Allheilmittel.
Vor dem Fenster begannen Fledermäuse ihre Sturzflüge und kreisten durch die frühabendliche Brise. Plötzlich fielen die Temperaturen, und der kühle Wind brachte die Gerüche des Waldes herein, der letzte Schwarzdorn und der erste Weißdorn und Ginster, mit Zypressenharz durchmischt. Das Kind und ich gingen nochmals in das Gestrüpp rund um die Villa und sammelten Ginsterzweig-Bündel, leicht wie Stroh. Dann wühlten wir zwischen Mohnblumen und Löwenzahn nach größeren Zweigen und bündelten sie, als Ergänzung zu den langen Ästen aus einem moosbewachsenen Holzstoß, den wir praktischerweise hinter dem Haus gestapelt fanden. Diese Eichenäste, jeder so dick wie mein Arm, waren penibel auf anderthalb Meter Länge gesägt und daher ganz außergewöhnlich unhandlich. Wir machten damit (ohne Feueranzünder) unser erstes Feuer im offenen Kamin in der großen Küche mit der hohen Decke, dem acht auf acht Metern Steinfußboden, dem alten Steinspülstein in einer Ecke, den hohen Fenstern auf zwei Seiten und der Tür aus Kastanienholz. Sie war eine von fünf Türen im Haus. Die Küche war, zusammen mit zwei angrenzenden Zimmern im ersten Stock, in den letzten hundert Jahren als Hausmeisterwohnung benutzt worden. Decke und Wände waren rauchgeschwärzt, aber die wunderschöne Kaminverkleidung aus weißem Marmor, mit ihren verrußten Wappen und Pfeilern, die wir gesehen (und gekauft) hatten, war einige Monate zuvor gestohlen worden. Die reui
gen Verkäufer hatten an ihrer Stelle billigen Ersatz angebracht. Später kam ich dahinter, daß das Herausreißen antiker Kaminverkleidungen aus ihrem Mauerwerk hier als Sport nahezu ebenso beliebt ist wie Singvögel zu schießen.
Als aus dem sonnigen Nachmittag ein zunehmend kühler Abend wurde, kletterte ich unter die neue Steineinfassung und bemühte mich, meine Verbitterung wegen dieses Diebstahls zu vergessen. In der Villa war so wenig, daß mir der Verlust dieses einen Schatzes, der seinerseits, wie seine Wappen bewiesen, aus irgendeinem savoyischen Palast geplündert worden war,
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