Ein Herz voll Liebe
vor dem Essen nicht duschen?” Er besah sich seine schmutzigen Jeans und das verschwitzte Hemd und bemerkte erst jetzt, dass er vier Stunden hier gesessen hatte, nur um über Megans Worte nachzugrübeln. Er stand auf.
„Glaube schon.” „Deke?”
Er blieb in der Tür stehen und drehte sich zu ihr um. „Was ist?” „Ist irgend etwas nicht in Ordnung? Bist du verletzt?” Er sah sie nachdenklich einen Moment an. „Ja, so könnte man es ausdrücken, aber ich werde mich wahrscheinlich wieder erholen.” Der zweideutige Ton, in dem er dies sagte, verwirrte sie.
„Brauchst du Hilfe beim Verbinden der Wunde?” Er schüttelte nur den Kopf und ging hinaus.
Deke duschte so heiß, wie er es gerade noch aushielt, und versuchte zu begreifen, was er gerade erfahren hatte. Niemals zuvor hatte er solche Angst gehabt. Mollie war schwanger!
Lieber Gott, nicht jetzt auch Mollie! dachte er. Er durfte sie nicht verlieren. Auch wenn sie ihn hasste und ihn nie wieder in ihre Nähe ließ. Er wollte sie nicht verlieren. Er liebte sie doch. Zugegeben, das hatte er vielleicht zu spät begriffen, aber das lag daran, weil das, was sie ihm bedeutete, so anders war als alles, was er bisher empfunden hatte. Bei Patsys Tod hatte der Arzt gesagt, dass es eine völlig unerklärliche Sache gewesen sei, aber das musste ja nicht heißen, dass es Mollie ebenso passieren konnte. Er hatte sich so schuldig gefühlt, als Patsy starb, weil er sie nicht lieben konnte. Jetzt hoffte er, dass ihm nicht auch noch Mollie genommen wurde. Er würde alles, aber auc h wirklich alles tun, wenn er sie nur behalten konnte.
Mollie fütterte gerade Jolene, als er zurück in die Küche kam. Sie blickte auf und wirkte etwas verstört. „Es tut mir leid. Ich habe versucht, sie zu füttern und sie ins Bett zu bringen, bevor du zurückkommst, aber ich vermute, es hat doch länger gedauert. Du bist ja heute auch früher heimgekommen …”
„Macht überhaupt nichts. Ich bin auch nicht sehr hungrig.”
Er setzte sich an den Tisch und beobachtete Mollie, die Jolene fütterte. Das Baby war fast ein Jahr alt und sah nun wie eine richtige kleine Person aus, nicht wie ein Säugling unter Tausenden.
Jolene kicherte, wobei sie im Unterkiefer zwei weiße kleine Zähnchen blitzen ließ. Das bekannte Grübchen zeigte sich. Deke wurde aufmerksam und sah genauer hin. Er betrachtete Jolenes Haar, ihre Augen, die Linie ihrer Augenbrauen, und vor allem jenes Grübchen. Da war es wieder!
Mit Patsy hatte Jolene äußerlich nichts gemeinsam, stellte er fest. Statt dessen sah sie seiner Mutter ähnlich. Ihr Haar war länger geworden in den vergangenen Monaten, aber es hatte immer noch die gleiche hellblonde Farbe.
Seine Mutter war ebenfalls naturblond gewesen.
Deke fühlte sich, als hätte ihm jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt.
„Upsie daisy, sweetie”, sagte Mollie zu Jolene. „Jetzt machen wir dich sauber und bringen dich ins Bettchen. Ja, mein Schatz, ich weiß doch, dass du müde bist. Du warst heute so ein liebes Mädchen. Jetzt geht es in die Badewanne, und dann ist es Zeit für den Gutenachtkuss.”
Sie hob Jolene hoch und setzte sie auf ihre Hüfte. „Das Abendessen ist mehr oder weniger fertig, Deke. Wenn du willst, kannst du schon anfangen.”
„Ich möchte auf dich warten.”
„Es wird aber eine Weile dauern. Sie liebt es zu baden, und ich lasse sie normalerweise immer eine Weile spielen.”
„Kein Problem.”
Sie hob die Schultern. „Na gut, wenn du es leid bist zu warten, kannst du dich ja aus dem Backofen bedienen.”
Was hatte er mit seinem verdammten Stolz da nur angerichtet, fragte sich Deke. Er hatte freiwillig ein Jahr lang darauf verzichtet, seine Tochter kennenzulernen. Was hatte er sich bloß dabei gedacht? Wen wollte er damit bestrafen?
Bald darauf hörte er Gelächter und das Geräusch von spritzendem Wasser. Neugierig ging er hinüber ins Badezimmer und kam gerade zurecht, um Jolene bei einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen zu überraschen. Sie verwandelte den Raum mit Wonne in einen See.
Mit beiden Händchen patschte sie laut quietschend ins Wasser. Dann entdeckte sie Deke und grinste ihn fröhlich an. „Dada. Dada-dada-dada.” Sie rutschte in der Wanne hin und her und spritzte mit dem Wasser um sich, was das Zeug hielt.
Mollie wandte sich überrascht um, dann lächelte sie Jolene zu. „Guck mal, Süße, da ist dein Daddy. Er möchte sehen, wie schön du das Badezimmer unter Wasser setzen kannst”, sagte sie
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