Ein Herzschlag danach
spähte. Sie wollte zu dir.«
Jack packte mich grob an den Schultern. »Warum hast du mir das nicht früher erzählt?« Jetzt klang seine Stimme definitiv gereizt.
»Na, vielleicht, weil du heute nicht gerade super drauf warst?«
»Lila, das ist wichtig. Wie hat sie ausgesehen?«
»Das habe ich doch gesagt. Vielleicht brauchst du ein Foto von den Mädchen, mit denen du zusammen bist, Jack. Deine Vergesslichkeit könnte dich in eine peinliche Situation bringen.«
Er grub die Finger tiefer in meine Schultern. »Antworte! Wie hat sie ausgesehen?«
»Wie gesagt: Japanerin. Wie ein Model oder so. Sie trug seltsame Klamotten, jedenfalls für diese Gegend hier.«
»Wie groß? Ungefähr so?« Er zeigte eine Höhe, etwas kleiner als ich.
Ich nickte. Also kannte er sie doch.
»Hast du mit ihr geredet?«
»Ja.«
»Und – was hat sie gesagt?«
»Sie wollte wissen, ob ich hier wohne, und als ich ihr sagte, dass ich deine Schwester sei, schien sie richtig erleichtert. Deshalb habe ich angenommen, dass sie eine von deinen … na, du weißt schon.«
Den letzten Teil schien er gar nicht mehr zu hören. »Du hast ihr erzählt, dass du meine Schwester bist?« Er zog das Handy aus der Gesäßtasche.
»Wer ist sie denn nun?« Die Sache wurde immer rätselhafter.
»Nicht wichtig.«
Ich hob eine Augenbraue. »Aha – dann sollte ich Sara also besser nichts davon erzählen?«
Er wollte gerade eine Nummer eingeben, doch jetzt hielt er inne und drehte sich zu mir um. »Lila, es ist nicht so, wie du glaubst.«
Er sagte die Wahrheit, das spürte ich deutlich.
»Bleib hier«, befahl er und ging in den Flur hinaus.
Ich schaute mich in der Küche um. Die Soße köchelte auf dem Herd vor sich hin und die Tomaten warteten darauf, geschnitten zu werden. »Hatte gar nicht vor abzuhauen«, erklärte ich dem leeren Raum.
Zehn Minuten später kam Jack zurück. Ich deckte gerade den Tisch. Er trat neben mich und legte mir den Arm um die Schultern. »Alex kommt in ein paar Minuten. Zum Abendessen.«
Ich tat gleichgültig, obwohl die Schmetterlinge in meinem Bauch einen Aufstand veranstalteten. »Dann brauchen wir ein Gedeck mehr. Hast du ihn wegen Suki angerufen? Was geht hier eigentlich ab?« Ich stellte einen vierten Teller auf den Tisch.
»Nichts, worüber du dir Sorgen zu machen brauchst. Wir sind nur sehr interessiert daran, uns mal mit ihr zu unterhalten.«
»Unterhalten? Jack, ich hab genug Folgen von CSI gesehen und weiß, was das heißt. Was hat sie angestellt?« Ich war neugierig. Wieso interessierte sich Jacks Team für ein Mädchen, das nicht viel älter war als ich und in männermordenden High Heels herumstöckelte? Dann kam mir ein anderer Gedanke – vielleicht ging es um Prostitution.
»Nichts. Wir möchten nur mit ihr reden, sie hat vielleicht Informationen für uns.«
»Was für Informationen?« Ich kam mir allmählich wie ein kleiner Straßenköter vor, der sich in Jacks Hosenbein verbissen hatte. Aber er schaffte es trotzdem, mich abzuschütteln.
»Du weißt, dass ich nicht darüber reden darf.«
»Ja, ja, ich weiß, ›sonst müsstest du mich töten‹. Echt, Jack, lass dir mal was Neues einfallen.« Ich presste die Lippen aufeinander. Offensichtlich würde ich nichts weiter von ihm erfahren. Jetzt stellte ich die wildesten Vermutungen an. Wer war die junge Frau? Warum drehte Jack fast durch, weil sie zum Haus gekommen war? Sie hatte überhaupt nicht gefährlich ausgesehen, ein bisschen gaga vielleicht. Wenn irgendetwas an ihr bedrohlich wirkte, dann höchstens ihr scharf geschnittener Bob.
Ich schreckte zusammen, als die Türglocke schrillte.
Jack ging öffnen; ich wartete in der Küche. Mir kam plötzlich der Gedanke, dass Suki zurückgekommen sein könnte. Doch dann hörte ich Alex’ Stimme im Flur. Ich zog mir hastig das Haarband heraus, riss die Schürze vom Leib, schüttelte mein Haar frei und holte tief Luft. Die beiden redeten mit gedämpften Stimmen im Flur, deshalb stellte ich mich hinter die Küchentür, um besser hören zu können.
»… nicht sicher, aber das müssen wir herausfinden. Und wir können sie nicht mehr allein …« Alex unterbrach sich und rief laut: »Hi, Lila.«
Ich kam hinter der Tür hervor und spürte, dass ich knallrot anlief. »Hi.«
Alex lächelte, aber er wirkte irgendwie angespannt, während er betont lässig in die Küche schlenderte.
Jack hielt sein Handy in die Höhe. »Ich rufe Sara an und frage, wo sie so lange bleibt.«
Wie immer, wenn ich mit Alex
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