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Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Titel: Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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West Side, als ein Kind versuchte, ihm die Geldbörse zu stehlen.
     
     
3
     
    Auf dem Frühzug von New York nach Providence stand zwar AMTRAK, aber in Wahrheit handelte es sich um ein von Dante erfundenes Gefährt, in dem Agenten die Ewigkeit verbringen sollten – denn so lange dauerte die Fahrt nach Providence.
    Die Sitzpolster waren zerfetzt, Zeitungen, Pappbecher und Bierdosen flatterten und rollten durch die Gänge. Alles roch alt und muffig.
    Neal kehrte aus dem Bord-Restaurant mit einem Becher Kaffee, bei dem es sich um eine Spülwasserabfüllung handeln mußte, und einem Plunderteilchen, das sicherlich älter war als Hamlet, zurück. Graham hatte seine Verpflegung selbst mitgebracht, sorgfältig in kleine Tupperdosen gepackt. Graham war schon öfter mit diesem Zug gefahren.
    »Warum konnten wir nicht fliegen?« fragte Neal.
    »Weil ich nicht will.«
    »Du hast Angst.«
    »Ich flieg einfach nicht gern«, sagte Graham und nagte an einer Karotte.
    »Warum fliegst du nicht gern?«
    »Weil ich Angst hab.«
    Graham schraubte seine Thermoskanne auf und goß heißen Kaffee in seinen Becher. Er grinste Neal an: »Wer bei den Vorbereitungen versagt, bereitet sich aufs Versagen vor.«
    Neal kuschelte sich in seine Sportjacke und versuchte, durch das angelaufene Fenster zu gucken. Sie standen ohne erkennbaren Grund mitten in Connecticut herum. Das schien den Schaffner aber nicht weiter zu irritieren; er schlief auf seinem Schaffnersitz den Schlaf des Gerechten. Neal dachte, der Kerl muß einen Kreislauf wie ein Eisbär haben, wenn er in dieser Kälte schlafen kann. Man konnte den Zug nicht heizen, und es war empfindlich kühl für einen Maimorgen.
    »Willst du dich betrinken?« fragte er Graham.
    Graham schraubte die Thermoskanne wieder auf und hielt sie Neal unter die Nase. »Ja.«
    Neal schnupperte und schaute Graham mit seinem unschuldigsten Lächeln an. Graham seufzte, schüttelte den Kopf, holte einen Extrabecher aus seiner Provianttasche und goß Neal Kaffee ein.
    »Vielen Dank, Dad, ich werde dich immer lieben.«
    »Das war klar, mein Sohn.«
    Das Gute an Irish Coffee, dachte Neal, ist, daß er den Körper wachhält und den Geist schlafenlegt. Er lehnte sich zurück und ließ sich von der Wärme durchströmen. Noch acht oder zehn Becher, dann könnte diese Reise einigermaßen erträglich werden. Der Zug fuhr an. 
     
    »Aufwachen, Jungchen.«
    »Sind wir schon da?«
    »Nicht ganz. Aber du mußt dich in Form bringen.«
    Graham hatte sich über ihn gebeugt. Er war rasiert, trug einen Schlips, hatte leuchtend klare Augen und einen frischen Atem. Neal haßte Graham.
    »Ich hab dir einen eigenen Rasierer mitgebracht.«
    Tatsächlich hatte Graham zwei schnurlose Elektrorasierer dabei. Neal verzog sich mitsamt seiner Tasche in den Waschraum. Er fühlte sich beschissen und war zugleich irritiert von den Schmetterlingen in seinem Bauch. In den zwölf Jahren, die er nun schon für die Freunde arbeitete, war es das erste Mal, daß er den Chef treffen würde. Den Mann, der mehr oder weniger sein Leben gelenkt hatte.
    »Warum?«, fragte er Graham, als er auf seinen Platz zurückkehrte, »treffe ich mich jetzt zum ersten Mal mit dem Chef?«
    »War bisher nicht nötig.«
    »Und jetzt ist es nötig?«
    »Du siehst gut aus, Sohn. Rück noch den Schlips gerade.«
    Levine erwartete sie auf dem Bahnsteig. Er war 31, einssechsundachtzig und wurde langsam ein bißchen pummelig. Er hatte schwarze Locken, blaue Augen und ein Gesicht, das nur noch ein paar Sixpacks von »fett« entfernt war. Aber das hinderte seine Muskeln nicht an der Arbeit. Levine bewegte sich schnell und geschmeidig wie eine Katze, und zusammen mit seiner Größe war das relativ ungünstig für jeden, der auf der falschen Seite seiner Fäuste auftauchte. Er besaß einen schwarzen Gürtel, hielt das Zerschmettern von Brettern allerdings für eine Verschwendung von Zeit und Holz.
    Er war bei den Freunden als Muskelpaket engagiert worden, um notfalls einem einarmigen kleinen Kobold aus der Patsche helfen zu können. Aber Levine hatte Köpfchen und war sehr, sehr hip. Intelligent und hip genug, um zu wissen, daß er nicht den Rest seines Lebens draußen auf der Straße verbringen wollte. Also hatte er die Abendschule besucht und einen Abschluß in Management gemacht. Mittlerweile leitete er die New Yorker Außenstelle der Freunde. Er hatte seinen alten Freund und Kumpel Joe Graham überrundet.
    »Levine kann dich nicht ausstehen«, sagte Graham zu Neal.
    »Ich

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