Ein Kapitän von 15 Jahren
Strömung erfaßt wurde, und sagte dann mit heller Stimme:
»Mein Kapitän, hier bringe ich Ihnen Mistreß Weldon und den kleinen Jack wieder! Nun vorwärts, und alle Wolken des Himmels mögen jenen Dummköpfen von Kazonnde den Garaus machen!«
Siebenzehntes Capitel.
Auf der Fahrt.
Herkules, der unter seiner Verkleidung als Magiker nicht erkennbare Neger war es, der also sprach, und Dick war es, an den er jene Worte richtete – ja, Dick Sand, der sich vor Schwäche freilich noch auf Vetter Benedict stützen mußte, neben welchem Dingo lagerte.
Als Mrs. Weldon wieder zum Bewußtsein kam, vermochte sie nur die Worte zu stammeln: »Du, Dick, Du!«
Der junge Leichtmatrose erhob sich, doch Mrs. Weldon preßte ihn in ihre Arme und überhäufte ihn mit Liebkosungen.
»Mein Freund Dick! Mein Freund Dick!« wiederholte der kleine Knabe immer.
Dann wandte er sich gegen Herkules.
»Und Dich, sagte er, Dich hab’ ich nicht einmal erkannt!
– Ja, das nennt man aber auch eine Verkleidung! antwortete Herkules, der die weißen Streifen wieder von seiner Brust abzureiben suchte.
– Du sahst gar zu häßlich aus, meinte der kleine Jack.
– Ei, ich war ja der Teufel, und der Teufel kann nicht schön aussehen!
– Herkules! sagte Mrs. Weldon, indem sie dem braven Neger die Hand reichte.
– Er hat Sie befreit, fiel Dick Sand ein, wie er mich gerettet hat, obwohl er es nicht zugestehen will.
– Gerettet! gerettet! Das sind wir jetzt noch nicht. Uebrigens wäre ohne Herrn Benedict, der hierher kam und uns mittheilte, wo Sie sich befänden, Mistreß Weldon, nicht das Geringste anzufangen gewesen!«
Herkules war es nämlich gewesen, der vor fünf Tagen auf den Gelehrten zusprang, als dieser schon zwei Meilen von der Factorei, auf der Jagd nach der kostbaren Manticore, durch den Wald trabte. Ohnedem hätten weder Dick Sand noch der Neger von dem Aufenthalt der Mrs. Weldon Kenntniß gehabt und Herkules konnte sich auch nicht als falscher Zauberer nach Kazonnde hineinwagen.
Während nun das Boot mit großer Schnelligkeit in dem hier sehr eingeengten Flußbett hinabglitt, erzählte Herkules, was sich seit seiner Flucht vom Lager an der Coanza ereignet hatte; wie er der Kitannda, in der er Mrs. Weldon und ihren Sohn wußte, ungesehen gefolgt sei; wie er Dingo verwundet wiedergefunden habe und beide in der Nachbarschaft von Kazonnde angekommen seien; wie ferner ein Zettel von Herkules Dick Sand unterrichtet habe, was aus Mrs. Weldon geworden wäre; wie er nach dem unverhofften Zusammentreffen mit Vetter Benedict vergebens in die strenger als bisher bewachte Factorei einzudringen versucht, und wie er endlich die Gelegenheit fand, sie dem schrecklichen Jose-Antonio Alvez zu entführen. Diese Gelegenheit hatte sich erst an dem nämlichen Tage geboten. Ein Mganuga, auf einer Zauberer-Rundreise begriffen, derselbe, welcher von der Königin so ungeduldig erwartet wurde, kam früh Morgens durch den Wald, in dem Herkules jede Nacht spähend und lauschend umherlief. Auf den Magiker losspringen, ihn seines Apparates zu erleichtern und seiner Hexenmeister-Kleidung zu berauben und jenen mit unlösbaren Knoten mittelst Lianen an einen Baum binden, sich den Körper zu bemalen, wobei der Magiker als Modell dienen mußte, und dessen Rolle zur Beschwörung des unablässigen Regens zu übernehmen – das Alles war das Werk weniger Stunden; freilich gehörte die grenzenlose Leichtgläubigkeit der Eingebornen dazu, diesen Mummenschanz durchzuführen.
In dieser ganzen Erzählung, welche Herkules ziemlich schnell berichtete, war von Dick Sand in keiner Weise die Rede.
»Und Du, Dick? fragte deshalb Mrs. Weldon.
– Ich, Mistreß Weldon, antwortete der junge Leichtmatrose, ich habe Ihnen nichts zu erzählen. Mein letzter Gedanke galt Ihnen und dem kleinen Jack! Vergeblich suchte ich die Fesseln zu sprengen, die mich an dem Todespfahl festhielten… Dann stieg mir das Wasser über den Kopf… ich verlor das Bewußtsein…. Als ich wieder zu mir kam, sah ich mich in einer von Papyrusblättern gedeckten Versenkung am Ufer dieses Flusses, und Herkules vor mir knieend, der mich mit größter Sorgfalt pflegte.
– Potz tausend, weil ich eben Heilkünstler bin, warf Herkules ein, Wahrsager, Zauberer, Magiker, Zukunftsdeuter!…
– Sagt mir, Herkules, fragte Mrs. Weldon, wie es Euch möglich wurde, Dick Sand zu retten?
– Hab’ ich denn das gethan, Mistreß Weldon? entgegnete Herkules; hat nicht die Strömung den Pfahl umreißen können, an den
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