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Ein Kuss vor Mitternacht

Ein Kuss vor Mitternacht

Titel: Ein Kuss vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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wenn ich gewinne, geben Sie mir Ihr Wort, meine Schwester und mich zu unserem alljährlichen Besuch bei unserer Großtante zu begleiten.“
    „Lady Odelia?“, fragte Francesca mit unverhohlenem Entsetzen.
    Der Kranz dünner Fältchen um seine Augen vertiefte sich. „Aber ja. Lady Odelia schätzt Sie sehr, wie Sie wissen.“
    „Ja, etwa so wie ein Habicht eine fette Maus schätzt!“, meinte Francesca. „Dennoch akzeptiere ich Ihren Vorschlag, da ich mir sicher bin, dass ich diese Wette gewinne. Aber was bekomme ich, wenn Sie verlieren?“
    Er blickte sie eine Weile sinnend an, bevor er antwortete. „Nun ja, ich denke an ein Saphirarmband in der Farbe Ihrer Augen. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie Saphire mögen.“
    Francesca musterte ihn einen Moment forschend. „Keine schlechte Idee. Einverstanden.“
    Sie festigte den Griff um ihren Fächer, hob das Kinn und wandte sich wieder den Ballgästen zu. „Auf welches Mädchen fällt Ihre Wahl?“
    Sie erwartete, er würde auf eine der reizlosen Töchter zeigen, über die sie soeben gelästert hatten. „Die mit der riesigen Schleife im Haar oder die andere mit der traurig wippenden Feder?“
    „Keine von beiden“, entgegnete er zu Francescas Erstaunen und wies mit dem Kinn zu einer hochgewachsenen, schlanken Frau in einem grauen Kleid, die hinter den beiden Mädchen stand. Sie war eindeutig an ihrem schlichten Kleid und der glatten Frisur als Anstandsdame zu erkennen. „Ich wähle die da.“
    Constance Woodley langweilte sich. Eigentlich sollte sie dankbar sein, wie Tante Blanche immer wieder betonte, während der Saison in London Gelegenheit zu haben, große gesellschaftliche Anlässe wie diesen Ball erleben zu dürfen. Allerdings konnte sie wenig Vergnügen daran finden, ihre törichten Cousinen zu zahllosen Bällen, Soireen und anderen Geselligkeiten als Anstandsdame zu begleiten. Immerhin bestand ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Vergnügen, als richtige Gäste an einer Saison teilzunehmen, wie Georgiana und Margaret, und der Tatsache, unbeteiligt zusehen zu müssen, wie andere sich amüsierten.
    Ihre eigene Chance, an einer Saison teilzunehmen, hatte sie vor langer Zeit verpasst. Als sie mit achtzehn ihr Debüt hätte haben sollen, war ihr Vater krank geworden, und sie hatte die nächsten fünf Jahre damit verbracht, ihn zu pflegen, da sein Zustand sich stetig verschlechterte. Schließlich war er verstorben, und da er keinen männlichen Erben aufzuweisen hatte, gingen sein Haus und die Ländereien auf seinen Bruder Roger über. Constance blieb unverheiratet und mittellos bis auf eine kleine Geldsumme, die ihr Vater ihr hinterlassen hatte, allerdings in Staatspapieren fest angelegt, zurück. Gnädigerweise durfte sie in ihrem Elternhaus wohnen bleiben, als Sir Roger nebst Gemahlin und den beiden Töchtern einzog.
    Sie werde immer ein Dach über dem Kopf haben, erklärte Tante Blanche in frommer Güte, fände es allerdings angebracht, wenn Constance ihr Schlafzimmer für die Töchter räume und sich mit einem kleineren Zimmer im hinteren Teil des Hauses begnüge. Das große Zimmer mit dem hübschen Blick auf Garten und Park komme schließlich den Töchtern des Hausherrn zu. Der Umzug in das bescheidene Quartier war Constance nicht leichtgefallen, aber sie hatte sich damit getröstet, wenigstens ein Zimmer für sich allein zu haben, statt sich eines mit einer ihrer Cousinen teilen zu müssen.
    Seit einigen Jahren lebte sie nun mit ihren Verwandten zusammen. Sie ging der Tante im Haushalt und bei der Erziehung der Mädchen zur Hand, da sie sich dankbar zeigen wollte, von ihnen aufgenommen worden zu sein. Beharrlich sparte Constance die schmalen Zinseinkünfte ihrer Erbschaft und legte sie wieder an, in der Hoffnung, eines Tages genügend Geld zusammengebracht zu haben, um davon ihren Lebensunterhalt bestreiten und auf eigenen Beinen stehen zu können.
    Vor zwei Jahren, als Georgiana achtzehn geworden war, schien es das Vernünftigste zu sein, zu warten, bis auch die jüngere Margaret achtzehn wurde, um beide Töchter gleichzeitig in die Gesellschaft einzuführen.
    Constance dürfe sie als Anstandsdame begleiten, hatte ihre Tante huldvoll verkündet. Es wurde nie auch nur darüber nachgedacht, ob Constance an diesem alljährlich stattfindenden gesellschaftlichen Ritual in einer anderen Rolle als der der Anstandsdame teilnehmen könnte. Die Londoner Ballsaison wurde von Müttern als eine Art Heiratsmarkt genutzt, wobei die Tante gar nicht auf die

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