Ein letztes Mal ... (German Edition)
gesehen und gewusst, dass sie ihn nicht angelassen hatte. Sie brauchte Sebastian nicht erst zu fragen, ob er gearbeitet hatte.
Marianna presste sich die Hand auf den Bauch und stellte sich ihr Kind – ihr gemeinsames Kind – vor. Sie wollte dieses Baby, brauchte den Kleinen oder die Kleine. Sie war sich bloß nicht sicher, wie sie mit dem Vater umgehen sollte, diesem komplizierten Mann, der so zarte Gefühle in ihr weckte, die sie verloren geglaubt hatte.
Das Klingeln des Telefons riss Marianna aus dem Schlaf. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass es bereits Morgen war, denn die helle Morgensonne schien durch die Jalousien ins Zimmer.
Es klingelte weiter. Gab es Nachrichten von Kyle?
Sie griff neben sich, um Sebastian aufzuwecken, doch ihre Hand berührte nur die Matratze. Wo war er? Wieder am Computer, um zu arbeiten?
Gerade als sie den Anruf annehmen wollte, hörte das Klingeln auf. Am Leuchten eines Lämpchens konnte sie erkennen, dass woanders im Haus gesprochen wurde. Und das Display verriet ihr, dass der Anruf tatsächlich vom Anschluss Sebastians Mutter gekommen war.
Sebastian war nicht weg. Sie war erleichtert, auch wenn sie sich Sorgen um Kyle machte. Sie stand auf und holte ihren Seidenmorgenmantel aus dem Schrank. Sie musste jetzt bei Sebastian sein, wenn er Nachricht von seinem Bruder bekam.
Auf dem Weg zur Treppe hörte sie Sebastians Stimme und ging langsamer. Sie drehte sich um, die Stimme kam ganz aus der Nähe …
Aus Sophies ehemaligem Kinderzimmer.
Bei dem Gedanken daran, dass er dieses Zimmer mit den Röschentapeten, Rüschen und vielen Erinnerungen betreten hatte, krampfte sich ihr der Magen zusammen. War er einfach hineingegangen, als das Telefon zu läuten begonnen hatte, weil dort der nächste Anschluss war? Das musste der Grund sein, denn weiß der Himmel, er hatte keinen Fuß mehr über diese Schwelle gesetzt, seit Sophie wieder aus ihrem Leben verschwunden war.
An der Tür blieb Marianna stehen. Ihr Blick wanderte zu Sebastian, der im Schaukelstuhl saß, wo sie beide so manche Nacht gesessen hatten, um Sophie wieder in den Schlaf zu wiegen.
„Ja, verstanden … Das sind großartige Neuigkeiten, General. Und wann wird Kyle in der Lage sein anzurufen?“
Erleichtert sank Marianna gegen den Türrahmen. Seinem Bruder war offenbar nichts Schlimmes passiert. Dem Himmel sei Dank. Sie ließ den Blick weiter auf Sebastian ruhen, weil sie noch nicht bereit war, sich in dem Raum umzusehen, den sie mit so viel Liebe eingerichtet hatte. Sie hatte noch immer jede Einzelheit des stilvoll eingerichteten Kinderzimmers im Kopf, angefangen von den Möbeln aus Kirschbaumholz bis hin zu den Mustern der Tapeten und Stoffe in Gelb und Rosa.
Sie erinnerte sich sogar noch daran, wie süß Sophie geduftet hatte, obwohl der Duft längst nicht mehr im Raum hing. Sie schluckte den dicken Kloß, den sie plötzlich im Hals verspürte, hinunter und konzentrierte sich ganz auf Sebastian.
Er nickte immer wieder, während er dem General zuhörte. „Danke für den Anruf. Mom soll ihm ausrichten, wie froh ich bin, dass seine Fertigkeiten im Gräbenausheben sich so bezahlt gemacht haben.“
Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht, auch wenn seine Schultern angespannt waren.
„Gute Nacht … oder vielmehr guten Morgen.“ Sebastian beendete das Telefonat. Dann ließ er die Hände auf die Knie fallen und den Kopf gegen die Lehne des Schaukelstuhls sinken.
Am liebsten wäre Marianna sofort zu ihm geeilt, um ihn zu trösten, doch ihr fiel ein, wie er in der Küche auf ihre Umarmung reagiert hatte. Er hatte sich schnell für Sex als Ablenkung entschieden – nicht, dass sie ihm das vorhalten konnte, da sie selbst ja eine willige Gespielin gewesen war.
Irgendwie war ihr sogar Sex besser als eine völlige Zurückweisung erschienen. Eine weitere Reaktion, die sie oft genug erlebt hatte, gleich nachdem Sophie ihnen weggenommen worden war. Sie konnte schon vorhersehen, wie es ablaufen würde. Sebastian würde gleich wieder den großen, starken Mann geben, den Albernheiten wie Emotionen oder Schmerz unberührt ließen.
Also würde sie ihm seinen privaten Moment lassen, damit er sich mit dem, was ihm durch den Kopf ging, auseinandersetzen konnte. Sie trat gerade von der Tür zurück, als Sebastian sich zu ihr umdrehte.
„Geh nicht weg“, bat er.
Ausnahmsweise einmal blieb sein Gesichtsausdruck offen, keine Schutzwälle waren in Sicht. Einfach ein ernster und leicht erschöpfter Mann, und doch kam er
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