Ein Liebeslied fuer dich
schien zu spüren, dass es noch nicht so weit war. Bei den O’Ballivans gab es reichlich Futter und leicht zugängliche Wasserstellen, und dort oben in den Hügeln wäre er im Winter noch zu schwach, um die Wölfe abzuwehren. Trotzdem sehnte er sich nach dem Leben, für das er geboren war.
Meg wollte nicht an den Tag denken, an dem sie sich von dem Pferd verabschieden musste.
Wie Olivia und Carly tröstete auch sie sich damit, dass Brad aus der Ranch ein Heim für herrenlose Maultiere, Esel und Pferde machen wollte. Auch Vollblüter, die im Rennsport oder in der Zucht aussortiert worden waren, hieß er willkommen. Im Frühjahr würden die zuständigen Behörden und diverse Tierschutzvereine die ersten Schützlinge nach Stone Creek vermitteln.
„Wie es Dad wohl dort oben geht?“, fragte Carly, nachdem sie erst Brad besucht und dann ihre eigenen Pferde auf der Triple M versorgt hatten.
Meg legte den Arm um ihre kleine Schwester. „Ich bin sicher, deinem … unserem Dad geht es gut. Er hat jetzt keine Schmerzen mehr.“
Carly lächelte traurig. „Das stimmt.“
Im Haus wuschen sie sich rasch – Meg in der Küche und Carly im Badezimmer – und bereiteten das Abendessen zu. Sie ließen sich Salat und eine leckere Pastete schmecken. Meg räumte den Tisch ab und belud den Geschirrspüler, während Carly sich an ihre Schulaufgaben machte.
Wie die meisten Kinder in ihrem Alter neigte sie dazu, aus heiterem Himmel Fragen zu stellen, die Meg überraschten. „Heiratest du Brad O’Ballivan?“, wollte sie dieses Mal wissen. „Wir sind oft bei ihm, und du übernachtest bei ihm, wenn ich bei Eve schlafe. Oder er kommt hier her.“
Im Moment lief es zwischen Meg und Brad sehr gut – wahrscheinlich, weil er so viel mit seinem Film zu tun hatte. Wenn sie Zeit füreinander hatten, nutzten sie jede Gelegenheit, um miteinander Sex zu haben.
„Er hat mir noch keinen Antrag gemacht“, antwortete Meg unbeschwerter, als sie sich fühlte. „Das ist übrigens eine ziemlich indiskrete Frage. Du bist erst zwölf, Carly!“
„Ja, ich bin zwölf“, erwiderte Carly, „aber ich bin nicht dumm.“
„Du bist ganz sicher nicht dumm“, bestätigte Meg und lachte, obwohl ihr nicht danach zumute war. Ihre sonst so regelmäßige Periode war seit zwei Wochen überfällig. Sie hatte bereits einen Schwangerschaftstest gekauft – vorsichtshalber in einer Drogerie in Flagstaff, denn in Indian Rock kannte sie fast jeder, und es hätte sich sofort herumgesprochen. Aber noch hatte sie nicht den Mut aufgebracht, ihn auch durchzuführen.
So sehr sie sich ein Kind wünschte, so inständig hoffte sie, dass der Test negativ ausfallen würde. Sie wusste genau, was geschehen würde, wenn sie schwanger war. Sie würde es Brad erzählen, und er würde darauf bestehen, sie zu heiraten, wie er es bei Valerie und Cynthia getan hatte. Und sie würde sich für den Rest ihres Lebens fragen, ob er sie aus reinem Pflichtgefühl geheiratet hatte oder aber, weil er sie liebte.
Dennoch durfte sie ihm das Testergebnis nicht verschweigen. Sie war kein Teenager mehr, und er würde es ihr nie verzeihen, wenn sie ihn ein zweites Mal hinterging. Selbst die tiefste Liebe musste scheitern, wenn sie nicht auf Vertrauen gründete.
Manchmal schien Carly zu spüren, was Meg dachte.
„Ich habe den Schwangerschaftstest gesehen!“, verkündete sie unvermittelt.
Meg war gerade dabei, das Spülbecken auszuwischen, und erstarrte.
„Ich wollte nicht herumschnüffeln“, versicherte Carly. „Ich hatte keine Zahnpasta mehr und wollte mir welche aus deinem Badezimmer holen, da habe ich die Schachtel entdeckt.“
Seufzend setzte Meg sich zu ihr.
„Bist du jetzt sauer auf mich?“, fragte das Mädchen.
„Nein. Und selbst wenn ich es wäre, würde ich dich nicht fortschicken. Das musst du wissen.“
„Okay.“ Carly klang nicht überzeugt. Vermutlich würde es lange dauern, bis sie sich wirklich geborgen fühlte. Doch plötzlich strahlte sie. „Ein Baby wäre cool!“, platzte sie heraus.
Meg lächelte. „Ja, das wäre es.“
„Wo ist dann das Problem? Warum findest du nicht heraus, ob du wirklich eins bekommst?“
„Brad ist im Moment sehr beschäftigt. Vielleicht warte ich auf den richtigen Zeitpunkt, es ihm zu sagen.“
Wie aufs Stichwort hielt draußen ein Wagen.
Carly eilte ans Fenster. „Er ist hier!“, jubelte sie. „Und Willie ist bei ihm!“
Meg schloss die Augen.
Ihre kleine Schwester riss die Hintertür auf. Zusammen mit Brad und
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