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Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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und prägte sich die Route und die Namen ein. Kuhlake und Johannesstift, Rohrpfuhl und Teufelsbruch, Eiskeller und Kronprinzenbuche. Da wo es nach Schönwalde ging, am Laßzinssee, sollte sich Mirko Fischer versteckt haben. Vielleicht war ja auch er psychisch nicht ganz in Ordnung, nicht ganz dicht, und fühlte sich als Tier oder so.
    Ausflugsdampfer zogen vorüber, Segler, Motorboote. Das war so wie in Neue Mühle oder Prieros, im Osten also, und dennoch eine andere Welt für sie. Vielleicht war es der Oberlauf des Mississippi...?
    Die Fähre kam, sie setzte über. Dann schwang sie sich aufs Rad und fuhr anderthalb Kilometer die Niederneuendorfer Allee hinauf, um links in den Wald zu biegen und irgendwann auf die Schönwalder Allee zu stoßen. Obwohl sie sich mehrmals verfuhr und ihren Kompaß zu Rate ziehen mußte, gelang ihr das auch. Trotz mitgeführter Dienstwaffe und all ihrer Kampfsportkünste war es doch ziemlich gruselig hier. Ihre Rotkäppchenängste nannte sie das. Aber außer einem Alki, der auf einer Bank saß und die Internationale sang, stieß sie auf keinen Menschen.
    Als die Schönwalder Allee einen Bogen machte und nun westwärts lief, bog sie wieder in den Wald und suchte Laßzinssee und Laßzinswiesen. Nach knapp zwei Minuten waren sie gefunden. Doch keine Spur von Mirko Fischer oder einem Mann, der ihm in etwa ähnlich sah. Sie hielt, stieg ab, nahm ihre Mineralwasserflasche aus dem Rucksack, legte sich am Waldrand ins Gras und wünschte sich Fabio herbei. Sie schloß die Augen.
    Mirko Fischer, der in einer Entfernung von knappen zweihundert Metern auf einem Hochstand hockte, war der Meinung, daß sie sich zu einem kleinen Schläfchen hingelegt hatte. Und er war auf ihr Rennrad scharf.
     
    Mannhardt, nun doch wieder zum Dienst erschienen, saß am Schreibtisch und starrte auf seine Finger. Merkwürdig fremd kamen sie ihm vor. Fleckig, faltenreich und alt. Er bewegte sie, als spielte er Klavier. Wie kam es, daß sie sich auf und ab bewegten? Aus der Angst heraus, sich nun völlig zu verlieren, lief er auf die Toilette hinaus. Der Kollege, der neben ihm am Nachbarbecken stand, meinte, daß der sogenannte Mittelstrahl das wertvollste sei, auf den müsse man achten, wenn man den eigenen Saft zum Trinken auffangen wollte.
    «Für mich ist Fremdurin im Mund das größte», sagte Mannhardt, bevor der andere ihn mit der Pleite in der Praxis des Dr. Ju... noch weiter aufziehen konnte. «Besonders der von Nierenkranken. Bis dann...»
    Als er ins Büro zurückkam, lag ein Zettel eines seiner Mitarbeiter auf dem Tisch. Er entnahm der Notiz, daß der Taxifahrer Günther Krüger aus der Detmolder Straße rundum «koscher» sei. Schade, aber das wäre ja sicher auch des Guten zuviel gewesen, wenn sich der «Lehnitzer» als der mordende Taxifahrer entpuppt hätte. Doch was sagte das schon, daß einer noch nicht aktenkundig war? Lediglich, daß das die beste Tarnung für anstehende Straftaten war. Fast alle großen Serienmörder – im Volksmund: Massenmörder – hatten als Biedermänner gelebt.
    Mannhardt stand auf und nahm seine drei Dartpfeile. Seit einer Woche hing die Sisalscheibe an der Wand. In genau 1,73 m Höhe. Ein Geschenk von Heike. Um sich zu entspannen und seine Aggressionen abzubauen. Er trat an die Markierung, die er in 2,37 m Entfernung von der Wand mit wasserresistentem Filzer auf dem grauen Linoleum gezogen hatte. Sie war kaum noch zu erkennen, denn die kroatische Reinemachefrau mühte sich trotz seiner verzweifelten Intervention jeden Abend, sie wieder zu beseitigen. Mannhardts Training bestand darin, jeweils hundertmal auf die 20 zu werfen und dabei die Treffer wie die erreichten Punkte zu zählen. Über alles wurde säuberlich Buch geführt. Sein großes Ziel war es, die Hälfte aller Pfeile im 20er-Segment landen zu lassen, möglichst auch noch im Double- oder Treble-Ring, was im Spiel doppelt bzw. dreifach zählte.
    Sein Rekord stand bei einer Quote von 41 Prozent, und als er beim neunzigsten Wurf bei 40 Treffern angelangt war, brach er schon in Jubel aus. Bei zehn noch ausstehenden Würfen waren zwei weitere Treffer ein Kinderspiel. Vielleicht kam er sogar auf 45 Prozent.
    Er stellte sich hart an die Linie und visierte die rote Treble-20 an. Ein fester Vierfingergriff, der rechte Fuß voran, der linke stützte ab. Auge, Dart und Zielpunkt lagen auf einer Linie. Volle Konzentration.
    Da ging die Tür auf. Die Aurak erschien.
    Hörte er jetzt auf, war sein Rekord im Eimer. Machte er

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