0070 - Ich, der Tod und 100 Dollar
Phil und ich hielten die Scheine gegen das Licht von Mr. Highs starker Schreibtischlampe. Wir prüften die Metalleinlage im Papier, das Papier selbst und schließlich den Druck. Ich hatte zufälligerweise eine andere Hundert-Dollar-Note in der Tasche und zog sie hervor, um die beiden Scheine miteinander zu vergleichen. Ich konnte nicht das geringste Anzeichen für eine Fälschung entdecken.
Phil war zu dem gleichen Ergebnis gekommen.
»Ich würde sagen, die Banknote ist echt«, meinte er.
High nickte.
»Und Sie, Jerry?«
Ich wollte schon meinem Freund zustimmen, als mir eine Idee kam.
»Gib mir mal deinen Schein«, sagte ich zu Phil und nahm ihm die Banknote aus der Hand.
Phil und Mr. High blickten mich beide mit unverhohlener Spannung an.
»Na?«, drängte der Chef schmunzelnd.
»Falsch«, sagte ich, »zumindest eine von beiden.«
»Und wie kommen Sie darauf, Jerry?«
»Weil sie beide die gleiche Nummer haben. Wenn nicht ein Versehen der Bundesdruckerei vorliegt, was ja an sich ausgeschlossen ist, muss eine der beiden Banknoten falsch sein. Es gibt keine zwei Geldscheine mit der gleichen Nummer.«
Mr. High nickte.
»Sie sind beide falsch. Allerdings haben Sie Recht, Jerry, man kann sie nicht von echten Banknoten unterscheiden, außer durch die Nummer. Wenigstens nicht unter normalen Umständen. Im Labor macht es keine großen Schwierigkeiten, aber wenn man falsche Noten von echten nur durch Infrarotlicht und ähnliche Scherze unterscheiden kann, ist es mit unserer Währung weit gekommen.«
»Sind schon viele Geldscheine dieser Machart in Umlauf?«, fragte ich.
Mr. High zuckte die Achseln.
»Ich habe die beiden Scheine erst seit heute. Natürlich habe ich sofort Stichproben angeordnet, aber das erste Ergebnis sieht schon düster genug aus. Im Main-Office der Chemical Com Exchange am Broadway, das wir uns dafür aussuchten, hat die erste Überprüfung ein fatales Ergebnis gehabt.«
»In welchen Werten erscheinen die Blüten?«, fragte Phil und strich sich übers Kinn.
»Glücklicherweise nur als Hundert-Dollar-Noten. Aber das ist schon schlimm genug. Nicht auszudenken, was hier los wäre, wenn es sich auch um kleinere Werte handelte.«
Phil und ich blickten uns schweigend an, aber jeder wusste, dass der andere im Geist seinen Besitz an Hundert -Dollar-Noten nachrechnete. Na, bei mir war es nicht viel, und ich war im ersten Augenblick sogar ein wenig froh darüber. Aber wie viele Leute mochte es geben, die schon hereingefallen waren und Schaden erlitten hatten.
»Die Lage ist nicht ganz so schlimm, wie es aussieht«, unterbrach Mr. High unsere Überlegungen. »Natürlich ist eine Menge von dem Zeug im Umlauf, und mir tun hauptsächlich die armen Leute leid, für die eine solche Note ziemlich viel bedeuten kann. Aber die Chemiker haben ein Mittel entdeckt, womit sie recht einfach bestimmen können, welche Note echt ist und welche nicht. Irgendeine Flüssigkeit, soviel ich weiß. Ab morgen früh ist jeder Schalterbeamte damit ausgerüstet. Was allerdings geschehen ist, lässt sich auch dadurch nicht gutmachen. Wir können nur versuchen, noch Schlimmeres zu verhüten. Ihre Aufgabe, Jerry und Phil, wenn Sie wollen. Sie arbeiten ja ohnehin am liebsten zusammen.«
Ich stand auf.
»Schön«, sagte ich, »machen wir es also zusammen. Was können Sie uns an Anhaltspunkten geben, Mr. High?«
»Leider nicht viel. Heute Morgen erschien hier ein gewisser Dr. Loland und führte mich mit den beiden Geldscheinen genauso aufs Eis, wie ich es mit Ihnen versucht habe, um Ihnen zu beweisen, wie täuschend echt sie sind. Anschließend schimpfte er eine Weile, aber das ist schließlich sein gutes Recht. Er behauptete, die Noten von der Chemical Com Exchange Bank bekommen zu haben und tat sich nicht wenig darauf zugute, den Schwindel eher entdeckt zu haben als die Bankangestellten. Loland wohnt drüben in Brooklyn, 123, Ocean Parkway. Vielleicht schauen Sie auch noch einmal bei uns ins Labor, die wissen dort allerlei über falsche Noten. Mehr kann ich Ihnen leider nicht sagen.«
»Okay«, sagte Phil. »Es ist immerhin ein Ansatzpunkt.«
***
Strahlender Sonnenschein lag auf der Stadt, als wir in meinem Jaguar über die Brooklyn Bridge rollten. Um diese Mittagszeit, da alle Leute aus den Büros strömen, kommt man leider nicht sehr schnell vom Fleck. Wir schafften die Strecke bis zur Kreuzung Lafayette-Avenue dennoch in einer Viertelstunde, was schon etwas heißen soll. »Ocean Parkway, sagte High?«, fragte ich Phil,
Weitere Kostenlose Bücher