Ein Elefant im Mückenland
Das Elefantenmädchen Emilia, das mit dem Rüssel voran in einem Zirkusstall im finnischen Kerava zur Welt kommt, hat es in sich. Im Alter von einem halben Jahr kann sie bereits die finnische Fahne schwenken! Doch ein neues EU-Gesetz verbietet, wilde Tiere zum Gelderwerb zu halten. Wohin also mit Emilia? Pflegerin Lucia Lucander nimmt sich kurzerhand des jungen Dickhäuters an, und begeben sich auf eine ereignis-reiche Odyssee durch den wilden russischen Osten. Voll ausgewachsen (Risthöhe 3 m, Gewicht 3,6 Tonnen) kehrt Emilia mit ihrer Pflegerin nach Finnland zurück, und es kommt zu einer unheilschwangeren Form der Unter-bringung: ein Elefant in einer Glasfabrik … Im Rahmen dieses tierischen Road-Movies eröffnet Arto Paasilinna treffliche Einblicke in finnische Lebensum-stände, durchsetzt mit Seitenhieben auf EU-Bürokratie und fanatische Tierschützer.
ARTO PAASILINNA, geboren 1942 in Kittilä, Nordfinnland, ist
einer der populärsten Schrift-
steller Finnlands. Für seine Bücher wurde er in Finnland,
Italien und Frankreich mit einer
Reihe von Literaturpreisen aus-
gezeichnet. 2003 wurde ihm zu
Ehren in Lappland ein Denkmal
errichtet. Viele seiner Romane
wurden verfilmt und in die verschiedensten Sprachen über-
setzt. Auch in Deutschland er-
warten zahlreiche Fans jedes Jahr ungeduldig eine neue skurrile Geschichte vom finnischen Kultautor.
Arto Paasilinna
Ein Elefant im Mückenland
Roman
Aus dem Finnischen
von Regine Pirschel
editionLübbe
editionLübbe
in der Verlagsgruppe Lübbe
Copyright © 2005 Arto Paasilinna und WSOY
Die finnische Originalausgabe erschien 2005 unter dem Titel SUOMALAINEN KÄRSÄKIRJA
bei WSOY, Helsinki, Finnland.
Copyright © 2006 für die deutschsprachige Ausgabe: Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach Aus dem Finnischen von Regine Pirschel
Satz: Kremerdruck GmbH, Lindlar
Gesetzt aus der DTL Documenta
Druck und Einband: Friedrich Pustet, Regensburg
Alle Rechte, auch die der fotomechanischen
und elektronischen Wiedergabe, vorbehalten
Printed in Germany
ISBN-10: 3-7857-1577-3
ISBN-13: 3-7857-1577-2 (ab 1.1.2007)
Sie finden die Verlagsgruppe Lübbe
im Internet unter www.luebbe.de
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Ein Elefant im Mückenland
DIE ERSTEN AUGENBLICKE
EINES ELEFANTENLEBENS
Ein Elefant wird mit dem Rüssel voran geboren. Genau so gelangte auch das kleine Elefantenmädchen Emilia im Februar 1986 gesund und munter auf die Welt. Es geschah um Mitternacht, im warmen Elefantenstall des Suomi-Zirkus in Kerava. Tierpflegerin Lucia Lucander, alias Sanna Tarkiainen, hatte sich seit dem Abend be-reitgehalten, um bei der Geburt zu helfen. Lucia war erst zwanzig, eine sportliche junge Frau, die aus Lemi in Süd-Karjala stammte. Schon als Schulmädchen war sie über einen Ferienjob zum Suomi-Zirkus gekommen und einige Jahre später als feste Mitarbeiterin verpflichtet worden. Sie träumte davon, einmal Zirkusprimadonna zu werden, obwohl sie auch die Tiere wirklich gern hatte.
Lucia hatte warme Decken besorgt, und der Wasser-schlauch lag in Reichweite. Die gewaltige Elefantendame Pepita hatte ihr Kleines zweiundzwanzig Monate lang getragen, mehr als doppelt so lange, wie es eine Men-schenmutter tut. Pepita hatte in der Zeit mehrere hun-dert Kilo zugenommen, und ihre Zitzen waren während der beiden letzten Monate vielversprechend angeschwol-len. Alles stand zum Besten, und als es auf Mitternacht zuging, begannen die Wehen.
Der Geburtsvorgang dauerte drei Stunden, und im Ergebnis plumpste ein kleiner Elefant aus dem Mutter-leib. Eigentlich war er nicht wirklich klein, hatte viel-mehr die Größe eines kräftigen Mannes und wog hun-dert Kilo, aber als Elefant war er eben noch ein Baby. Das Tier war mit flaumigem, rotbraunem Fell bedeckt, der Körper war zart und schmächtig, die Ohren durch-scheinend dünn und geädert wie Kohlblätter. Lucia spülte das Elefantenbaby mit warmem Wasser ab, wusch es und trocknete es in den Decken. Keine fünf Minuten später stellte sich das Kleine schon auf die Beine. Zuerst stand es wankend da, aber bald machte es ein paar zielstrebige Schritte. Die Mutter schnaufte und besah sich ihren Nachwuchs, dabei glänzten ihre Augen im schwachen Licht des Stalles. Pepita absolvierte den Vorgang zum ersten Mal. Sie war sehr müde, aber sonst schien alles in Ordnung zu sein. Nach einer knappen Stunde suchte das kleine Elefantenbaby nach den Zit-zen der Mutter. Es musste den Rüssel nach oben und dann zur Seite legen, um
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