Ein schicksalhafter Sommer
Besorgungen machen mussten. Georg und Sofia, die trotz Georgs Bedenken, dass sie in anderen Umständen war, nun doch weiterhin im Laden bedienen durfte, hatten sie freundlich bedient. Und das, obwohl die beiden den Schicksalsschlag noch nicht ganz überwunden hatten, bald mit einem Mann verschwägert zu sein, der jahrelang in einem Irrenhaus gelebt hatte und dessen Vater ein verrückter Mörder war. Sofia hatte vor einiger Zeit befürchtet, Georg und seine Eltern würde der Schlag treffen, als die Familie Nessel für Wochen der Mittelpunkt sämtlichen Klatsches war. Doch mit der Zeit hatten sich die Wogen geglättet und mittlerweile schaffte Georg es sogar, zu lächeln, wenn er einen seiner angeheirateten Verwandten zu Gesicht bekam.
Es war Katrin eine Ewigkeit vorgekommen, bis alles geregelt war, Robert endlich von allen alten Anklagen und Vorwürfen befreit war und sein Vater hinter Schloss und Riegel saß. Doch jetzt, Mitte Februar, konnten sie endlich nach vorne schauen.
Im April wollten sie heiraten. Im kleinen Kreis natürlich. Zum einen, weil kein Geld da war, um groß zu feiern, und zum anderen, da sie lieber nur mit ihrer Familie feiern wollten. Die anderen Dorfbewohner begegneten ihnen zwar mit Höflichkeit, viele sogar freundlich, doch es war offensichtlich, dass sie noch immer nicht wussten, was sie von Robert halten sollten.
Papa besuchte jetzt wieder gelegentlich die Kneipe, wo er sich immer öfter zum Skat traf, seit er sich mit Theo und Peter wieder versöhnt hatte. Dort brachte er so einiges in Erfahrung. Die Leute sind skeptisch, sagte er dann. Sie munkelten, dass Robert immerhin lange Jahre in einem Irrenhaus verbracht hatte und da musste man ja verrückt werden, selbst, wenn man es vorher nicht gewesen war. Außerdem war sein Vater ein Mörder und wenn der Irrsinn in der Familie lag, nun, wer konnte da schon wissen.
Doch trotz der Gerüchte wurde Robert nirgendwo offen angefeindet und das reichte den Nessels und Robert, um zu frieden zu sein.
Katrin warf Robert einen verliebten Blick zu, als sie in trauter Zweisamkeit durch den dicken Schnee stapften, und er lächelte glücklich zurück.
„Sieh mal, deine Mutter steht schon hinter der Gardine und wartet auf ihre Sachen“, sagte er mit einem Lachen, als sie auf dem Hof angekommen waren. Er deutete auf Luise, die hinter dem Esszimmerfenster stand.
Katrin winkte ihrer Mutter zu, die vom Fenster zurücktrat.
„Luise, jetzt komm doch vom Fenster weg, der Ausblick müsste dir ja wohl nach knapp dreißig Jahren mittlerweile vertraut sein. Und du, Otto, bring die Töle raus“, wandte er sich im gleichen Atemzug an seine n Sohn, der mit seinem Spielgefährten in der Küche herumrannte.
Bei den mürrischen Worten ihres Mannes trat Luise seufzend vom Fenster weg und ging in die Küche. Sowohl Hermanns Gesundheit als auch seine Laune hatten sich in den letzten Monaten nicht verändert. Seine Stimmung war eine Zeitlang sogar unerträglich gewesen, nachdem er sich endlich dazu hatte überreden lassen, sein brach liegendes Land und den See zu verkaufen. Allerdings war der alte Kofer nicht mehr allzu gut auf die Familie Nessel zu sprechen, seit der Vater ihres zukünftigen Schwiegersohnes seinen einzigen Sohn ermordet hatte. Deshalb war Luise froh gewesen, dass er überhaupt noch Interesse an dem Land gehabt hatte, auch wenn er keinen sonderlich guten Preis dafür geboten hatte.
Trotzdem war es genug Geld, um die nötigen Neuanschaffungen zu tätigen und noch einen guten Teil zurückzulegen. Mit der Zeit würde auch Hermann das zu würdigen wissen, wenn er denn einmal zugeben könnte, dass sich nun alles zum Guten gewendet hatte.
Luise selber war zufrieden wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Sie hatten einmal keine Geldsorgen, nicht mehr lang, und hier würde ihr erstes Enkelkind herumkrabbeln und sogar Katrin wäre bald unter der Haube. Robert würde gemeinsam mit Hermann den Hof weiterführen. Ob er später an Otto ging, oder ob der Junge später lieber einen anderen Beruf erlernen wollte und Robert und Katrin den Hof weiter bewirtschafteten, das alles würde sich in den nächsten Jahren finden. Es war ja auch noch nicht alles geklärt, was den Hof von Roberts Vater betraf. Hermann war mittlerweile mit der Aussicht auf Robert als Schwiegersohn zufrieden und selbst Mine hatte zugegeben, dass Robert nicht ganz so schlecht war, wie sie angenommen hatte.
Ja, für Luise würde es ein wunderbares Frühjahr werden. Sie lächelte, als Otto an ihr
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