Ein Schöner Ort Zum Sterben
Mrs. Pride, während er in die Küche eilte.
»Besonders, wo das Bein schon viel besser ist.«
»Daran ist überhaupt nichts Eigenartiges!«, kam seine Stimme aus der Küche.
»Und du wirst dieses Bein schonen! Das war ein ziemlich schlimmer Unfall, den du da hattest, und es ist ja wohl das Mindeste, das ich tun kann, wenn ich dir jetzt ein wenig von der Aufmerksamkeit zurückzahle, die du letztes Jahr für mich hattest, als meine Beine nicht wollten! Ist schon eine verflixte Sache, älter zu werden! Weißt du eigentlich, dass ich Markby gleich vor diesem Reeves hätte warnen können?«
»Tatsächlich? Und warum hast du es nicht getan?« Barney tauchte in der Tür auf, Anne Hathaways Cottage in der Hand.
»Weil ich ihm meine Befürchtungen nicht genau erklären konnte! Aber ich kenne Typen wie ihn! Ich war selbst in der Army und im Koreakrieg! Wir hatten alle möglichen Typen dort! Kerle, die den Dienst hassten, andere, denen es egal war und die versuchten, das Beste daraus zu machen. Einige, denen es einigermaßen gefiel, und noch ein paar, und das waren die Schlimmsten, die sich wie im siebten Himmel fühlten! Die Army war Vater und Mutter, Ehefrau und Geliebte zugleich für sie! Alles war genau, wie sie es sich immer erträumt hatten: Man hatte ihnen gesagt, wer sie sind und wie ihre Aufgabe lautet, und ihr Leben hatte damit eine Bedeutung! Die meisten sind tapfer wie Löwen! Aber der Herr im Himmel weiß, was sie anstellen, wenn sie erst einmal wieder aus der Army entlassen werden! Das Zivilleben ist für die meisten zu unorganisiert und ineffizient. Sie empfinden es als sterbenslangweilig. Nichts, was das Blut in Wallung bringt, keine Befriedigung! Dinge gehen schief, und sie wissen nicht, was sie tun sollen. Merk dir meine Worte, wenn dieser Reeves vor Gericht steht, werden irgendwelche hohen Tiere von der Army kommen und aussagen, was für ein vorbildlicher Soldat er doch gewesen ist! Mutig wie sonst was, voller Hingabe, zuverlässig im Umgang mit den Rekruten und nicht ein Makel auf seinem Namen! Ein Mann wie Reeves ist ohne seine Regimentsstiefel und den Tornister eine Vollwaise!« Barney verschwand erneut in der Küche. Mrs. Pride griff nach der Fernbedienung, die in bequemer Reichweite ihrer gesunden Hand lag, und drückte ein paar Knöpfe.
»Mal wieder nichts Vernünftiges drin im Flimmerkasten, wie üblich!«, lamentierte sie lauthals.
»Obwohl ich nach allem, was hier in Bamford passiert ist, nicht weiß, ob ich je wieder wie früher Fernsehen schauen kann. Zu viel Aufregung schadet nur, hat meine Mutter immer gesagt. Ich denke, ich habe für eine ganze Weile genug gehabt!«
Barney kehrte mit dem Teetablett zurück und setzte sich ihr gegenüber.
»Du brauchst jemanden, der sich um dich kümmert, Doris. Eine Frau in deinem Alter, die versucht, ganz allein zurechtzukommen, das ist nicht gut.«
»Pass auf, was du sagst!«, entgegnete Mrs. Pride.
»Was erzähle ich dir eigentlich seit was weiß ich wie vielen Jahren, Barney Crouch? Du mit deinem Haus da unten in der Halbwildnis, jeden Abend unterwegs auf dieser einsamen Landstraße! Wenn ich nicht mehr allein zurechtkomme – was ich damit noch lange nicht zugegeben haben will – dann gilt das ja wohl erst recht für dich! Oh, und ich möchte ein Stück Biskuitkuchen. In der Dose mit dem Bild von Windsor Castle auf dem Deckel.«
Barney ging die Dose holen.
»Ich weiß, was du sagen willst, Doris. Es ist nicht, dass dein Haus nicht sehr gemütlich wäre, aber ich … na ja, ich bin eben an meine Umgebung gewöhnt.«
»Da draußen lauern überall Mord und Totschlag!«, sagte sie mit Nachdruck.
»Niemand wird mich ermorden!«
»Woher willst du das wissen?«, entgegnete sie und verrückte leicht ihr bandagiertes Bein auf den Polstern.
»Und ich bin nicht mehr imstande, mit dem Fahrrad zu dir nach draußen zu kommen und mich um dich zu kümmern wie früher! Tatsache ist, ich bezweifle, dass ich jemals wieder kommen kann!«
»Doris!«
»Wie soll ich das denn machen, deiner Meinung nach? Mein Fahrrad ist Schrott! Außerdem bin ich nach diesem Sturz unsicher geworden! Ich glaube nicht, dass mir das Radfahren noch Spaß machen wird wie früher.«
»Ich vermute«, sagte Barney traurig,
»dass ich mein Haus wohl früher oder später aufgeben muss.«
»Je früher, desto besser. Bevor es über dir zusammenfällt.«
»Ich würde dich vermissen, Doris. Ich gestehe es. Ich wüsste überhaupt nicht, wie ich ohne deine Besuche zurechtkommen
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