Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
Restbetrag des von mir zu treuen Händen vereinnahmten Zinsgewinns befindet sich im Safe meines Arbeitszimmers in ›Haus Falkenlust‹. Unterschrift: Andreas Falkenhorst.
P. S. Die Ermordung Artanows kann mit dem geheimen Geldtransfer in Verbindung stehen. Ich habe den Toten auf Zeitungsbildern erkannt und die Polizei anonym informiert. – A. F.«
Kommissar Freiberg holte tief Luft. »Uff – Ende der Durchsage.«
»Dunnerlittchen!« war der Kommentar von Lupus. »Da hat aber einer kalte Füße gekriegt.«
»Nun ist er tot – und ein Held!« stellte Freiberg fest. »Ahrens, du kannst die Fahndung nach Falkenhorst abblasen und die Verkehrskontrolle an der B 56 einstellen lassen. Du, Lupus, darfst unseren Freund Presse-Mauser vorsichtig füttern, damit er dir gewogen bleibt. ›Hoher Beamter ermordet! – Die Kriminalpolizei verfolgt eine heiße Spur‹, das wäre doch sicher etwas für ihn.«
»Heiße Spur im kalten Wasser des Rheins – der Mauser wird von mir schon die passenden Worte zu hören kriegen. Und nun?«
»Jetzt können wir für kurze Zeit einen etwas kleineren Gang einlegen – abwarten, was der Erkennungsdienst sagt, und hoffen, daß die Jungs von der Einsatzhundertschaft am Rhein etwas entdecken. Ich informiere inzwischen den Leitenden und dann…«
»… und dann nehmen wir uns Lord Dickwanst vor. Oder soll ich damit schon mal anfangen?« Lupus grinste breit und drückte seine etwas kurz geratenen Finger gegeneinander. »Daumenschrauben, Chef, und der singt wie eine Nachtigall – und dann die Garotte! – Aber du läßt mich ja nicht!«
»Ich lasse dich erst einmal zu Frau Falkenhorst fahren. Bring ihr schonend bei, was passiert ist. Keine Einwände – wenn du schon die Toten mir überläßt, hast du dich der Lebenden anzunehmen. So hat jeder seinen Part.«
»Na, schön ist das gerade nicht, aber es muß ja wohl sein. – Die Künstlerin wird wissen wollen, wann sie über das Geld verfügen kann, das wir aus dem Safe geholt haben.«
»Sag nur, es sei Staatseigentum und ihr Gatte habe seine Treue bei der Erledigung einer geheimen Mission mit dem Leben bezahlt. Ein ehrenvolles Begräbnis sei ihm gewiß. Und wenn du ganz viel Zeit hast, versuch einmal nachzurechnen, wieviel achthundertfünfzigtausend plus hunderttausend ergibt – und dann überlege, wer außer dem Toten noch Zugang zum Safe hatte.«
»Du meinst –?«
»Ich meine, der Geheimnisträger ist tot. Judex non calculat! – Und wie der liebe Gott rechnet, wissen wir nicht.«
Eine Stunde später hatte Freiberg die Chefinformation durchgestanden. Wieder einmal hatte sich die uralte Weisheit bestätigt, daß nichts so erfolgreich ist wie der Erfolg. Die guten Wünsche für weiteres Gelingen schleppte er nun wie Ballast mit sich herum.
Fräulein Kuhnert nahm mit Erleichterung wahr, daß der Kommissar es sich bequem gemacht hatte – Stuhllehne zurückgekippt Hände hinter dem Kopf verschränkt und die Füße auf dem Schreibtisch. Sie zog die Verbindungstür zu und war bereit, jeden Eindringling fortzubeißen. Nur das Telefon ließ sich nicht ganz kappen. Sie hatte zwar die Direktleitung auf »Vorzimmer« umgelegt, doch der Leuchtknopf an der Top-Set-Anlage auf dem Tisch des Kommissars ließ sich nicht abschalten.
Als es wieder einmal läutete, kam sie eine Sekunde zu spät. Freiberg hatte schon den Übernahmeknopf gedrückt und begrüßte seine studentische Hilfskraft.
Sabine Heyden schickte ein sehnsüchtiges Seufzen durch die Leitung. »Verdient hast du den Anruf nicht«, meinte sie. »Man führt ein elendes Leben als Weib und Geliebte des Kommissars. Sehen wir uns in diesem Jahrhundert noch mal?«
»Jammere nicht – du weißt ja nicht, wie gut es mir geht. Ich glaube, wir sind durch: zwei Tote, ein Gedanke; zwei Herzen und ein Schlag – oder so ähnlich.«
»Oh, Waldi, mein Orakelchen. Ich werde schon dafür sorgen, daß du in meinen Armen die Wirrnis der Welt vergißt. Ich rufe übrigens an – «
»Mein Ohr vernimmt es!«
» – aus der Rittershausstraße! Die Post hat den Telefonanschluß endlich in deine Gefängniszelle gelegt. Ich habe die Herren bewirtet und harre deiner schon seit Stunden.«
Walter Freiberg strich sich bedächtig über den Bart und fragte mit dem Unterton des Denkers in der Stimme: »Nun wird aus der Behausung also ein Heim?«
»Wie bitte – was wird…?«
» – ein Heim! ›Aus der Behausung wird ein Heim,‹ so sagt treffend mein Hauptmeister Müller, ›wenn das Telefon
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