Ein Strandkorb für Oma
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1. Familienbande
Im Hamburger Flughafen eilen an diesem Freitagabend Dutzende Geschäftsmänner im Laufschritt durch die Tür des Sicherheitsbereiches, sie sind alle gleich gekleidet und ziehen identisch aussehendes Handgepäck hinter sich her. Hinter ihnen kommen braun gebrannte Urlauber herausgewatschelt, ganz langsam, weil ihre Ferien an der Tür endgültig beendet sind. Ein paar Edelpunker mit zerfetzten Lederjacken, großen dunklen Sonnenbrillen und teuren Alukoffern balgen beim Hinausgehen wie junge Hunde miteinander. Die Flugpassagiere werden von quietschenden Angehörigen und Freunden erwartet oder von traurig dreinblickenden Fahrern mit Schildern wie «Airbus – Mr.Chang» oder «Atlantic Hotel – Monsieur Mathieu Longuet». Erst wenn die Männer angesprochen werden, erwachen sie aus ihrer Stand-by-Position und knipsen ein Lächeln an: «Hatten Sie einen guten Flug?» Auf die Punker wartet niemand, sie eilen direkt zur gegenübergelegenen Bar und ordern auf Englisch ein «Original German Pils».
Ich stehe regungslos neben einem Pfeiler und schaue mir das alles an wie einen Film. Maria wandert unruhig vor mir auf und ab, ihre Läuferinnenbeine federn auch bei diesem langsamen Tempo immer etwas nach, als sei sie jederzeit zu einem Sprung bereit. Die dunklen Haare hat sie auf Schulterlänge gekürzt, daran muss ich mich noch gewöhnen. Sie trägt eine dunkelblaue Hose, die oben eng und unten weit geschnitten ist. Diese «Marlene-Dietrich-Hose» hat sie selber genäht, genau wie die schwarze Bluse. Was Mode anbelangt, hat Maria ihre ganz eigene Auffassung, ganz unbelastet von der jeweils aktuellen Mode mixt sie die Fünfziger mit den Siebzigern und den Neunzigern; was es nicht von der Stange gibt, näht sie selbst.
Ihre braunen Augen senden klare Signale: Ich will hier weg!
Schließlich bleibt sie vor mir stehen und lehnt sich bei mir an. Automatisch wie bei einem Industrieroboter greifen meine Arme von hinten um sie, meine Nase passt perfekt in den Spalt hinter ihrem rechten Ohr, wo ich eine leichte Note Amber inhaliere. Die vermischt sich mit dem vertrauten Apfelshampoo, auf das Maria nur zur Wespenzeit verzichtet.
Ich spüre, wie ihre Unruhe nachlässt.
«Fernweh?», fragt sie.
Die Vibrationen des Knochens hinter ihrem Ohr verdoppeln ihre Stimme bei jedem Wort, was fast ein bisschen zu aufregend ist für eine öffentliche Halle.
«Absolut.»
«Wohin?»
«Auf eine grüne Insel 150 Kilometer nördlich.»
Natürlich möchte ich mit Maria vielleicht noch nach Feuerland, Angkor Wat in Kambodscha und nach Südafrika fahren. Aber seit einem Jahr lebe ich mit der Frau meiner Träume in einem Reetdachhaus auf Föhr, da lockt mich erst einmal nichts weg. Ich staune selbst über mich, war ich doch der typische Hamburger, der früher unentwegt von der großartigen Energie der Großstadt schwärmte.
Maria und ich sind gleich nach dem ersten Kuss zusammengezogen, und das war genau richtig, auch im Nachhinein besehen. Natürlich mussten verschiedene Gewohnheiten synchronisiert werden, Butter oder Margarine, Waschmaschine auf 40 oder 60 Grad, wann reden, wann lieber massieren, wann Fernsehen glotzen, wann ins Watt und wann in die Kneipe, wann einfach im Wintergarten beieinanderliegen und dem Sturm zuhören, wann alleine, wann zusammen. Dazu musste ich Marias Sprache lernen: wie meint sie es, wenn sie etwas sagt? Und viel wichtiger: wann sagt sie etwas, ohne den Mund aufzumachen?
Maria ist nicht so sehr eine Frau des Wortes, sondern vielmehr der Tat. Eines Abends im November kam sie spät nach Hause, grüßte mich kurz und suchte dann einen Spaten und eine Lampe. Anschließend buddelte sie wie eine Irre im Garten an einer Grube für den Gartenteich, den wir gar nicht dringend brauchen. Weder die Dunkelheit noch der beständige Nieselregen hielten sie davon ab. Es hatte sich einfach am Tag bei ihr einiges angestaut, das genau dorthin musste.
Die Teich-Aktion, so lernte ich, war auch eine Liebeserklärung an mich: sie wollte ihre schlechte Laune nicht an mir auslassen; ich konnte ja nichts dafür. Allerdings habe ich ihr nach einer Stunde eine Flasche Bier und ein paar Schnittchen gebracht, genau zum richtigen Zeitpunkt. Sie lächelte mich mit erdverschmiertem Gesicht an und kam entspannt ins Haus zurück.
Unser Kind müsste längst angekommen sein, der Flieger ist pünktlich vor einer halben Stunde gelandet.
«Meinst du, wir werden gute Eltern sein?», sorgt sich Maria.
«Eine
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