Ein süßes Abenteuer
Gefängnis bewacht. Jeden Abend muss ich mit ansehen, wie Giles ein Mädchen nach dem anderen in dieses Zimmer führt. Die Jungfrauen werden für Gäste aufgespart, die viel Geld für sie bieten. Haben Sie einen hohen Preis für mich bezahlt, Sir Neville?“
„Ja, das habe ich“, bekannte Neville. „Aber nur, um dich hier herauszuholen, glaub mir. Nach deiner Entführung wusste Lem weder ein noch aus, daher bat er mich um Hilfe.“
Mit zitternder Stimme wandte sie sich an Lem: „Stimmt das? Sagt ihr auch die Wahrheit?“
Erneut nahm er ihre Hand und küsste sie, bevor sie sich ihm entziehen konnte. „Ich sage dir immer die Wahrheit, Liebste. Du weißt ja, dass ich nie versucht habe, mich dir aufzudrängen, wenn wir miteinander ausgingen.“
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. „Giles steht vor der Tür. Wie sollen wir an ihm vorbeigelangen? Wahrscheinlich hat er uns sogar von außen eingeschlossen.“
„Nur Geduld“, beruhigte Neville sie. „Lem und ich haben uns genau überlegt, wie wir mit ihm fertig werden. Vergiss nicht, er hält uns für gewöhnliche Kunden und ahnt nicht, was wir im Schilde führen. Gibt es in diesem Haus eine Hintertreppe?“
„Ja.“
„Sehr gut. Versuche, dich daran zu erinnern, wo sie liegt. Und nun sollten wir ein wenig Lärm veranstalten, als würden wir unzüchtige Dinge treiben. Lassen wir uns ruhig Zeit, bis wir nach Giles rufen, sie erwarten ohnehin, dass ich für mein Geld etwas haben will.“
Belindas Lippen bebten. „Haben Sie keine Angst, dass diese grausamen Leute Ihnen etwas antun könnten, wenn Ihr Plan fehlschlägt?“
„Sprechen wir gar nicht davon. Wir werden es schon schaffen“, lautete Nevilles Antwort. Nach außen hin wirkte er so ruhig und selbstsicher, dass Belinda erstmals ein hoffnungsvolles Lächeln zustande brachte. In Wirklichkeit aber dachte er: Sollten wir tatsächlich scheitern, dann gnade uns Gott.
Wie vereinbart, begannen sie zügellos zu lärmen. Nach etwa einer halben Stunde hämmerte Giles an die Tür. „Dauert es noch lange?“
„Verflucht, Mann, lassen Sie mir gefälligst mein Vergnügen!“, rief Neville. „Schließlich habe ich teuer genug dafür bezahlt.“
Giles murrte noch eine Weile vor sich hin, fügte sich jedoch.
„Jetzt!“, bestimmte Neville im Flüsterton. „Er rechnet nicht damit, dass irgendetwas Unvorhergesehenes passiert. Wenn er hereinkommt, werde ich hinter der Tür stehen, außerhalb seiner Sichtweite. Du, Lem, wirst ihn ablenken.
Belinda, du musst auf dem Bett liegen und so tun, als weintest du. Passend zu meiner Rolle habe ich heute meinen dicksten Spazierstock mitgenommen. Damit werde ich Giles niederschlagen, und dann verschwinden wir über die Hintertreppe.“
Sobald sie klopften, kam Giles grinsend ins Zimmer spaziert, eine anzügliche Bemerkung auf den Lippen. Ehe er wusste, wie ihm geschah, versetzte Neville ihm einen Schlag auf den Hinterkopf, dass er schwer wie ein Stein zu Boden fiel – bewusstlos, aber nicht tot, wie Neville inständig hoffte.
„Los, nichts wie weg“, keuchte Neville, wobei er seinen Spazierstock immer noch fest umklammert hielt. Auf sein Zeichen hin eilten Lem und Belinda zur Tür hinaus, und er folgte ihnen.
„Hier entlang“, flüsterte Belinda. Über einen kurzen Flur gelangten sie zu einer hölzernen Wendeltreppe, die im Gegensatz zum Rest des Hauses sehr einfach und zweckmäßig wirkte. Hastig stiegen sie hinunter.
Neville wusste nicht, wie lange es dauern würde, bis Giles wieder zu sich kam. Oder bis irgendjemand ihn in dem leeren Schlafzimmer fand und das Verschwinden „Phoebes“ und ihrer Kunden entdeckte. Irgendwie mussten sie sich bis zum Haymarket durchschlagen, wo ihre Spur sich im Gedränge verlieren würde.
„Du bist heute sehr still, Diana. Bedrückt dich irgendetwas?“
Ehe sie diese Frage beantwortete, warf sie ihrer Gesellschafterin einen prüfenden Blick zu. Eigentlich sollten sie sich hier, auf einer großen Abendgesellschaft in Leominster House, gut amüsieren. Isabella hatte sie hartnäckig gedrängt, daran teilzunehmen, weil an diesem Abend auch Jeremy Hamlyn erwartet wurde, der Erbe der Leominsters und ein akzeptabler Junggeselle.
Diana indes bereute jetzt schon, dass sie die Einladung der Respekt einflößenden Lady Leominster angenommen hatte, da sie sich große Sorgen um Neville machte. Beinahe hätte sie noch im letzten Augenblick Unpässlichkeit vorgeschützt und abgesagt. Ihr gefiel der Gedanke nicht, dass sie sich amüsierte,
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