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Duenenmond

Duenenmond

Titel: Duenenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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I
    J osefine wollte eine Stufe hinabspringen. Im Traum. Ein heftiges Zucken lief durch ihren Körper. Sie wurde wach. Aus der Ferne hörte sie einen metallisch-dünnen Klang, ein Glöckchen. Allmählich orientierte sie sich, nahm den öligen Schweißfilm auf ihrer Haut wahr. Sie streckte träge den linken Arm über den Kopf, wühlte ihn in den warmen Sand. Das Ergebnis war eine Kruste aus Körnchen, die sie matt mit der Hand abstreifen wollte, was allerdings nur dazu führte, dass nun auch an der Handfläche Sand klebte. Die Sonne schien so grell vom Himmel, dass es selbst hinter den geschlossenen Lidern blendete. Der Ton der Glocke kam näher, wurde kräftiger. Es war eine Mischung aus Kuhglocke und Windspiel, wie Josefine fand.
    Sie öffnete die Augen, blinzelte gegen die leuchtenden Ringe an, die die Sonne ihr durch die schützenden Lider direkt auf die Netzhaut gebrannt zu haben schien, und richtete sich auf. Sie fühlte sich benommen. Kein Wunder! Wer bei über dreißig Grad einschlief, musste sich nicht wundern, wenn er einen Sonnenstich bekam. Die letzten Monate in der Werbeagentur hatten deutliche Spuren hinterlassen. Zwar hatte Jo, wie ihre Kollegen sie nannten, erreicht, was sie wollte. Nun war sie aber auch restlos erschöpft, so erschöpft, dass sie in der größten Mittagshitze für mehrere Stunden eingeschlafen war.
    Jo sog tief die salzige Luft ein, die von der Ostsee auf den Strand wehte, ohne wirklich zu kühlen. Endlich Urlaub! Sie hatte sich unbändig darauf gefreut und war fest entschlossen, jeden einzelnen Tag der zwei Wochen voll auszukosten. Eine Hand über die Augen gelegt beobachtete sie einen Mann, der einen kleinen Wagen nur wenige Schritte oberhalb der Wasserlinie über den Sand schob. Mit der anderen Hand tastete sie nach ihrer Sonnenbrille und setzte sie sich auf die Nase. Jetzt erkannte sie, wie dieser Mann, der offenbar ausgesprochen knackig gebaut und etwa in ihrem Alter war, zu einer Glocke griff und läutete.
    »Kühles cremiges Eis!«, rief er. »Wer hat Lust auf Eis?«
    Jo musste schmunzeln. Wenn das nicht der Brad Pitt von Ahrenshoop war, ein gut aussehender Kerl in Shorts und ärmelfreiem Shirt. Arme und Beine sahen nach regelmäßigem Training aus, waren nicht übertrieben muskulös, dafür aber verlockend gebräunt. Sie erhob sich von ihrem Handtuch und fischte etwas Kleingeld aus ihrer knallbunten Strandtasche. Ein Eis war jetzt genau das Richtige und eine gute Gelegenheit, einen echten Ostsee-Herzensbrecher aus der Nähe zu betrachten.
    Vielleicht ist er gar nicht von hier, dachte sie, als sie mit schnellen Schritten über den noch heißen Sand hüpfte. Vielleicht war er von Sylt oder Timmendorfer Strand hierher gekommen, weil es dort zu viele Männer gab, die noch besser aussahen als er.
    Vor dem kleinen Eiswagen, der dringend eine Renovierung hätte gebrauchen können, hatte sich eine kurze Schlange gebildet. Jo nutzte die Wartezeit, um ihre Füße in der Ostsee zu kühlen. Sie lauschte verzückt auf das leise rhythmische Rauschen,das von kleinen Wellen verursacht wurde, die in sich zusammenfielen und über den Sand ausliefen. Und da war noch das Klick-Klack eines knallrosa Balls, der von einer Mutter und ihrem Sohn mit Plastikschlägern möglichst lange in der Luft gehalten wurde. Jo hörte vor Vergnügen quietschende Kinder, lachende Erwachsene, das Platschen, wenn sich jemand kopfüber in die Fluten stürzte, und das Kreischen eines jungen Mädchens, das gerade noch ungestört auf ihrem Strandtuch gelegen hatte und über dessen Rücken ein junger Mann, ihr Freund wahrscheinlich, seine langen nassen Haare ausschüttelte. Kurzum: Sie konnte den Urlaub förmlich hören.
    »Na, auch Lust auf ein Eis?«
    Josefine hatte gar nicht gemerkt, dass sie bereits an der Reihe war. Sie sah in die freundlich grauen Augen des Eisverkäufers, der sie erwartungsvoll ansah.
    »Allerdings«, antwortete sie fröhlich. »Welche Sorten sind denn im Angebot?«
    »Kaffee und Vanille.«
    »Das ist alles?« Jo schüttelte den Kopf. Mit so einer geringen Auswahl würde der gute Mann keine großartigen Geschäfte machen.
    »Das ist alles«, gab er gut gelaunt zurück. »Es gibt jeden Tag zwei Sorten. Hausgemacht. Wenn Sie mein Eis einmal probiert haben, rühren Sie kein anderes mehr an.«
    »Soso«, gab sie spöttisch zurück. »Dann gehe ich das Risiko mal ein und nehme zwei Kugeln.«
    »Gerne!«
    Während der Eismann ihr eine Waffeltüte füllte, die intensiv nach Mandeln duftete, nutzte Jo die

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