Ein süßes Abenteuer
Penny, und dennoch kleidete er sich mit größter Eleganz, verkehrte in den vornehmsten Kreisen und schien wahrhaftig nicht in Geldnöten zu stecken. Falls sie gehofft hatte, dass er sie nach ihrem Fußtritt nie wieder mit seinen Anträgen belästigen würde, so hatte sie sich gründlich geirrt. Im Gegenteil, seit diesem Vorfall bedrängte er sie erst recht!
Ausnahmsweise begannen sich die Gäste bei Tisch über Politik zu unterhalten, obwohl man dieses Thema sonst beim Essen tunlichst mied. An diesem Tag hatte sich jedoch die Nachricht verbreitet, dass aufständische Ludditen in Leicestershire einen Kaufmann erschossen hatten.
„Wenn ich England regierte, würde ich das ganze Pack aufhängen lassen“, verkündete Prinz Adalbert.
Wunderbar, dachte Diana. Das dürfte die Probleme der Ludditen, die die neuen Maschinen zerstören, weil sie ihre Lebensgrundlage bedroht sehen, bestimmt lösen.
„Solche Zustände würde ich bei mir zu Hause nicht dulden. Was meinen Sie dazu, Latimer?“, erkundigte sich der Prinz über ihren Kopf hinweg.
„Oh, Sie haben völlig recht. Wir sollten viel härter durchgreifen“, erwiderte Henry aalglatt.
„Zuerst müsste man ihnen selbstverständlich einen ordentlichen Prozess gewähren“, warf Diana ein.
Prinz Adalbert warf ihr einen mitleidigen Blick zu. „Reine Zeitverschwendung, wenn ihre Schuld ohnehin feststeht, oder, Latimer?“
„Ganz genau.“
Danach sagte Diana nichts mehr. Zu ihrer Erleichterung zogen sich die Damen bald darauf in den Chinesischen Salon zurück und überließen das Speisezimmer den Herren und ihrem Portwein.
Leider entstand im Salon auch kein besseres Gespräch. Lady Leominster führte sich schlimmer denn je auf, während sie reihum ging und lautstark auf ihre Gäste einredete. Als sie auf Diana zukam, dämpfte sie ihre Stimme glücklicherweise ein wenig. „Wie ich höre, sind Sie und Sir Neville Fortescue mittlerweile die engsten Freunde. Wissen Sie, ich habe diese Gerüchte über ihn nie geglaubt. Solch ein aufrechter Gentleman! Heiraten würde ich ihn an Ihrer Stelle allerdings nicht. Meiner Meinung nach würde ein Mann wie Prinz Adalbert viel besser zu Ihnen passen. Der braucht eine Gemahlin mit starkem Charakter.“
Deswegen habe ich also bei Tisch neben ihm sitzen müssen! Und Henry Latimer? Wie komme ich zu der zweifelhaften Ehre seiner Gesellschaft? Noch während Diana sich das fragte, warf ihre Gastgeberin ihr ein vertrauliches Lächeln zu. „Haben Sie sich wieder mit Henry Latimer versöhnt? Ich finde ihn sehr charmant, wenn auch ein wenig wild. Auf jeden Fall möchte ich meine Freunde glücklich sehen, und Sie müssen wissen, dass ich Sie zu meinen besten Freundinnen zähle.“
Na, Sie machen mich aber nicht gerade glücklich, indem Sie mich zwischen einen liederlichen Prinzen und einen mittellosen Wüstling platzieren, dachte Diana empört. Im Nachhinein wünschte sie, sie hätte das Lady Leominster auch gesagt, denn sobald die Herren aus dem Speisezimmer kamen, führte die unermüdliche Dame Henry zu ihr herüber.
„Nun werde ich Sie beide mal allein lassen. Unterhalten Sie sich gut“, dröhnte sie so laut, dass man sie im ganzen Salon hören konnte.
Eine Weile lang sahen Diana und Henry einander schweigend an. Ihm schien die Situation weit mehr zu behagen als ihr. Schließlich bemerkte er lächelnd: „Ehe wir anfangen, unserer Gastgeberin zuliebe höflich Konversation zu treiben, möchte ich mich erneut für mein ungehöriges Benehmen neulich auf dem Ball entschuldigen. An jenem Abend hatte ich ein wenig zu viel getrunken, fürchte ich. Da platzte mir der Kragen, weil Sie Ihre Gunst Sir Neville Fortescue schenkten und nicht mir. Ich bereue meinen Fehler sehr. Seit jenem Abend habe ich dem Alkohol abgeschworen. Bitte verzeihen Sie mir!“
„Gut, ich nehme Ihre Entschuldigung an“, erwiderte Diana notgedrungen. „In nüchternem Zustand werden Sie hoffentlich keine Szenen mehr machen.“
Er neigte den Kopf. „Heute Abend beehrt Sir Neville uns ja nicht mit seiner Anwesenheit. Laut Ihrer Ladyschaft hat er wegen einer leichten Unpässlichkeit abgesagt. Vielleicht arbeitet er in letzter Zeit zu viel. Wenn ich mir einen Rat erlauben darf, ein längerer Urlaub in Brighton oder auf dem Land würde ihm guttun“
„Das sollten Sie ihm persönlich empfehlen und nicht durch mich.“
„Nun ja, wegen Ihrer engen Freundschaft dachte ich mir, dass der Vorschlag lieber von Ihnen kommen sollte als von mir. Ich möchte nicht, dass er
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