Ein süßes Abenteuer
auf, Diana einen Tee zu servieren. „Und auch etwas zu essen“, fügte er hinzu.
„Nein“, wehrte sie ab. Schon bei dem Gedanken an Essen wurde ihr förmlich übel. Im Augenblick wollte sie nur noch schlafen, am liebsten in Nevilles Armen, und alles weitere vergessen, bis sie schließlich nach Medbourne House zurückkehren musste. Aber davor hatten Neville und sie noch eine Aufgabe zu erfüllen.
Beim Teetrinken einigten sie sich auf eine Geschichte, die sich mit allen Tatsachen deckte. Anstatt George auch nur zu erwähnen, würden sie einfach sagen, ein paar Teilnehmer des Protestmarsches hätten die Kutsche gestohlen, um vor der drohenden Verhaftung aus London zu fliehen. Das bedeutete, dass Diana sich zum fraglichen Zeitpunkt nicht einmal in der Nähe des Unfallorts aufgehalten haben konnte.
„Jetzt müsste ich nur noch mein Kleid ein wenig abbürsten und mein Haar neu frisieren“, meinte sie zum Schluss. „Ich kann doch behaupten, der blaue Fleck in meinem Gesicht stamme von meinen Angreifern, oder?“
„Oh ja. Auf jeden Fall klingt das weniger skandalös als die Tatsache, dass du mit George in der verunglückten Kutsche gesessen hast. Im Gegenteil, jedermann wird dich für diese Misshandlung bedauern. Ja, das dürfte als Erklärung genügen.“
„Eines gefällt mir nicht“, gestand Diana. „Nämlich dass wir alles den armen Arbeitern in die Schuhe schieben, die ja nur auf ihr Elend aufmerksam machen wollen. Mir haben sie nicht das Geringste angetan. Aber da die Konstabler ohnehin keine Schuldigen fassen werden, belasten mich meine falschen Beschuldigungen nicht allzu sehr.“
„Es hängt auch ein wenig davon ab, was Gilbert aussagt, wenn Jackson ihn findet“, gab Neville zu bedenken.
„Glücklicherweise war George bei dem eigentlichen Überfall nicht dabei. Er hat um die Ecke auf mich gewartet, vielleicht sogar bewusst, damit mein Kutscher ihn nicht sieht. Und selbst wenn er sich von seinen Verletzungen erholt, wird er schwerlich ein Geständnis ablegen.“
Bald darauf kehrte Jackson mit guten Nachrichten zurück.
„Gilbert wurde von hilfsbereiten Passanten aufgelesen und zu einem Apotheker getragen, der ganz in der Nähe wohnt. Inzwischen konnte ich mit ihm sprechen. Er erinnert sich nicht mehr daran, was geschah, nachdem die Kutsche angehalten wurde. Bei Schlägen auf den Kopf kommt so etwas häufig vor. Meiner Ansicht nach sollten Sie so tun, als wüssten auch Sie kaum noch etwas über die Ereignisse dieses Vormittags, Euer Gnaden. Erzählen Sie niemals freiwillig irgendwelche Einzelheiten. Im Zweifelsfall schauen Sie einfach verwirrt drein und schütteln den Kopf.“
Zum ersten Mal an diesem Tag brachen Neville und Diana in unbeschwertes Gelächter aus.
„Verlangen Sie von mir, dass ich mich dumm stelle?“, bemerkte Diana trocken. „Das passt mir zwar gar nicht, aber ich werde mich bemühen.“
In Medbourne House empfing Isabella Marchmont sie, wie erwartet, mit einer höchst dramatischen Szene. Beim Anblick von Dianas Bluterguss fiel sie gleichsam stellvertretend für das Opfer in Ohnmacht, und sobald sie wieder zu sich kam, bestürmte sie die drei mit Fragen, ohne zwischendurch irgendjemanden zu Wort kommen zu lassen.
„Wenn ich endlich einmal ausreden darf, werde ich dir gerne alles erklären. Bitte setz dich und versuche, dich zu beruhigen“, unterbrach Diana sie mit einem Anflug ihres üblichen Temperaments. Dass sie sich so rasch von ihrem schrecklichen Abenteuer erholt hatte, erregte sowohl Nevilles als auch Jacksons Bewunderung. Offensichtlich ließ sie sich durch nichts unterkriegen. Am Ende ihres knappen Berichts erklärte sie: „Was dem armen Gilbert in der Zwischenzeit widerfuhr, soll dir am besten Mr. Jackson mitteilen.“
„Gilbert?“
„Mein Stallbursche.“
„Ach, der Stallbursche“, meinte Isabella wegwerfend. Neville konnte nicht umhin, ihre Gleichgültigkeit mit Dianas selbstloser Anteilnahme zu vergleichen.
Als Jackson ihr pflichtschuldigst versicherte, Gilbert gehe es gut, sagte sie lediglich: „Meine liebe Diana, ich finde, du solltest dich jetzt auf dein Zimmer zurückziehen, einen Kräutertee trinken, damit du besser einschlafen kannst, und dich bis morgen früh ausruhen.“
„Im Gegenteil, ich werde in den Stall gehen“, widersprach Diana. „Bestimmt macht Corbin sich große Sorgen um Gilbert, außerdem muss er erfahren, dass die Kutsche und die beiden Pferde gestohlen wurden.“
Mit diesen Worten stand sie auf, um das Zimmer zu
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