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Ein Tag, zwei Leben (German Edition)

Ein Tag, zwei Leben (German Edition)

Titel: Ein Tag, zwei Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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gab nur eine Erklärung.
    Ich musste eine Art mentale Überschneidung erlitten haben. Die Auswirkungen der letzten Stunden auf meinen Verstand – seine Erwartungen, was mit meinem Körper hätte passieren sollen in Anbetracht der Tatsache, was in meinem anderen Leben gerade geschehen war – hatten das Ruder übernommen und führten nun zu einer körperlichen Reaktion.
    » Ich bin okay, ich bin okay«, flüsterte ich und redete mir immer wieder selbst gut zu. » Das ist alles nur im Kopf, nur im Kopf.«
    Irgendwo, in einer anderen Welt, in einer momentan vielleicht eingefrorenen Zeit, hatte ich eine Überdosis an Medikamenten genommen. Mein Herz hatte den Turbo eingelegt, meine Sicht hatte einen Gelbstich, aber hier … hier hob und senkte sich meine Brust regelmäßig, und nach meiner ersten Reaktion auf den Schock wies nichts darauf hin, dass ich nicht völlig in Ordnung war. Ich atmete weiterhin tief durch, während ich die Erkenntnis sacken ließ und mich schließlich selbst schockierte, indem ich lächelte.
    Ich hatte recht.
    Ich schlug eine Hand vor den Mund.
    Ich hatte recht!
    Das Körperliche war vollkommen separat. Was mir im einen Leben widerfuhr, wirkte sich nicht mehr auf das andere aus.
    Zu erschöpft, das weiterzuverarbeiten, zu verwirrt, als dass ich gewusst hätte, ob ich lachen oder weinen soll, wischte ich die Schweinerei auf, die ich auf dem Boden hinterlassen hatte, ließ mich wieder aufs Bett fallen und fiel überraschenderweise in einen tiefen Schlaf.
    » Sabine! Bist du aufgestanden?«, rief Mom.
    Ich wälzte mich herum und stöhnte. Ich hätte mehr Schlaf vertragen können, ungefähr eine Woche.
    » Ja!«, rief ich zurück, damit sie nicht hereinkäme.
    Ich setzte mich auf und rieb mir die Augen. Mein Bauch tat weh – von der Muskelanstrengung und vor Hunger. In letzter Zeit kotzte ich mehr, als ich zu mir nahm.
    » Beeil dich, sonst kommst du zu spät in die Schule«, schrie sie unten in der Halle.
    Schule. Darüber hatte ich seit Tagen nicht mehr nachgedacht. Da ich in meinem anderen Leben in die Klinik eingeliefert worden war, hatte ich dort den Montag in der Schule verpasst. Ich fragte mich, ob sie mich vor dem Abschluss überhaupt noch mal hingehen lassen würden. Unwahrscheinlich, wenn man betrachtete, für wie verrückt sie mich hielten – und was ich getan hatte, um ihre Theorien zu bestätigen. Wieder stöhnte ich auf und machte mich auf den Weg ins Badezimmer in der Hoffnung, dass eine heiße Dusche helfen würde, das andere Ich fortzuspülen, damit ich in dieser Welt genau die sein konnte, die ich sein musste.
    Nachdem ich mit Frisur und Make-up fertig war, kam ich in ein Handtuch gewickelt aus dem Bad und fand Mom vor, die mit einem aufgeregten Lächeln, das ihr Gesicht zum Strahlen brachte, auf mich wartete. Es dauerte nicht lange, bis ich merkte, warum. Auf meinem Bett lagen ein großartiger sonnenblumengelber Faltenrock und ein kurzärmliges cremefarbenes Kaschmiroberteil.
    » Oh, Mom, das ist wunderschön«, sagte ich und befingerte den Rand des weichen Kaschmirs.
    Ihr Lächeln wurde noch breiter. » Ich wollte, dass du deine letzte Schulwoche mit etwas Schönem beginnen kannst.«
    Sie wartete, während ich mich anzog, dann nickte sie und zupfte den Saum des Rockes zurecht, bis er genau richtig saß.
    » Na bitte. Perfekt.«
    Ich schlüpfte in ein Paar Schuhe mit Absätzen und musterte mich prüfend im Spiegel. Mom hatte recht. Zusammen mit meinem blond gefärbten Haar passte mir das Outfit perfekt; ich sah wie ein neues Ich aus. » Danke, Mom, das ist genau das, was ich jetzt gebraucht habe«, sagte ich lächelnd und wirbelte herum.
    » Nichts zu danken. Ich hatte überlegt, ob wir uns nicht nach der Schule treffen könnten. Einen Kaffee trinken, wie in alten Zeiten«, sagte sie hoffnungsvoll.
    » Oh, klar. Klingt gut.« Mein Handy piepste, weil eine SMS eingegangen war.
    Mom schenkte mir ein erleichtertes Lächeln und küsste mich flüchtig auf die Wange, bevor sie ging.
    Ich schaute meine SMS an. Miriam.
    Komme gerade die Einfahrt hoch!
    Und tatsächlich, als ich durch die Vorhänge vor meinem Balkon spähte, sah ich, dass ihr weißer Geländewagen vorfuhr und zum Stehen kam.
    Ich nahm meine kirschrote Alexander-Wang-Tasche und ging zur Haustür; unterwegs schnappte ich mir zwei von Moms Muffins und einen Apfel für unterwegs. Ich brauchte unbedingt eine Stärkung.
    Als ich in Miriams Wagen kletterte, reichte ich ihr einen Muffin.
    » Ooh, Zimt?«, tippte sie, schnappte

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