Ein Universum aus Nichts
verfügbaren spektakulären Präzision etwas entgegenzusetzen – es gibt dennoch einen weiteren Ort, an dem die virtuellen Teilchen eine entscheidende Rolle spielen, die für das zentrale Thema dieses Buches bedeutsamer sein dürfte. Es zeigt sich nämlich, dass sie verantwortlich sind für den größten Teil unserer Masse und alles dessen, was im Universum sichtbar ist.
Einer der größten Erfolge für unser grundlegendes Verständnis der Materie ergab sich in den 1970ern. Damals fand man eine Theorie, mit der die Wechselwirkungen von Quarks präzise wiedergegeben werden konnten. Diese Teilchen bilden die Protonen und Neutronen, die den Löwenanteil des Materials aufbauen, aus dem wir und alles, was wir sehen können, bestehen. Die mit der Theorie verbundene Mathematik ist komplex, und es vergingen mehrere Jahrzehnte, bis man Verfahren entwickelt hatte, damit umzugehen – speziell in dem System, in dem die starke Wechselwirkung zwischen den Quarks abschätzbar wurde. Es bedurfte einer gewaltigen Anstrengung – was einschloss, dass man einige der kompliziertesten Parallelrechner entwickelte. Sie nutzen gleichzeitig Zehntausende einzelner Prozessoren bei dem Versuch, die fundamentalen Eigenschaften von Protonen und Neutronen zu berechnen – jener Teilchen, die wir eigentlich messen.
Nach all diesen Arbeiten verfügen wir inzwischen über eine gute Vorstellung davon, wie das Innere eines Protons tatsächlich aussieht. Darin dürften drei Quarks enthalten sein, aber es ist noch eine Menge anderes Zeug vorhanden. Insbesondere spiegeln sich die Teilchen und Felder, von denen die starke Kraft zwischen Quarks vermittelt wird, in virtuellen Teilchen, die ständig ins Dasein springen und wieder verschwinden. Rechts eine Momentaufnahme dessen, wie das letztlich aussieht. Natürlich handelt es sich nicht um eine richtige Fotografie, sondern eher um eine künstlerische Wiedergabe der Mathematik, welche die Dynamik der Quarks und der sie bindenden Kräfte steuert. Die verrückten Formen und verschiedenen Schattierungen stellen dar, wie stark die miteinander und mit den Quarks im Proton wechselwirkenden Felder sind; außerdem ist zu erkennen, wie virtuelle Teilchen spontan entstehen und wieder verschwinden.
Das Proton ist zeitweilig voll von diesen virtuellen Teilchen, und wenn wir abzuschätzen versuchen, wie viel diese Teilchen zur Masse des Protons beitragen mögen, zeigt sich, dass die Quarks selbst tatsächlich sehr wenig zur Gesamtmasse beisteuern. Es sind vielmehr die von diesen Teilchen erzeugten Felder, die den größten Teil der Energie liefern, welche in die Ruheenergie des Protons und somit in seine Ruhemasse eingeht. Das gilt auch für das Neutron, und weil wir aus Protonen und Neutronen bestehen, trifft das auch für jeden von uns zu!
Wenn wir nun die Auswirkungen virtueller Teilchen auf den ansonsten leeren Raum in Atomen und in ihrer unmittelbaren Umgebung sowie die Auswirkungen virtueller Teilchen auf den leeren Raum in Protonen berechnen können, sollten wir dann nicht auch in der Lage sein, die Auswirkungen virtueller Teilchen auf den wirklich leeren Raum zu berechnen?
Nun, diese Kalkulation ist deutlich schwieriger. Denn wenn wir die Wirkung virtueller Teilchen auf Atome oder auf die Protonenmasse berechnen, kalkulieren wir eigentlich die Gesamtenergie des Atoms oder Protons einschließlich virtueller Teilchen; anschließend berechnen wir die Gesamtenergie, die die virtuellen Teilchen ohne ein anwesendes Atom oder Proton (also im leeren Raum) beitragen würden. Dann subtrahieren wir die beiden Zahlen, um die Netto-Auswirkung auf das Atom oder Proton zu bestimmen. Das ist notwendig, weil sich zeigt, dass jede dieser beiden Energien formal unendlich groß ist, wenn wir die entsprechenden Gleichungen zu lösen versuchen; subtrahieren wir dagegen die beiden Größen, erhalten wir eine endliche Differenz, die zudem auch noch genau mit dem gemessenen Wert übereinstimmt!
Wollen wir aber die Auswirkung virtueller Teilchen auf den leeren Raum allein berechnen, gibt es nichts zu subtrahieren, weshalb das Resultat hier unendlich groß ist.
Doch unendliche Werte sind keine erfreuliche Größe, zumindest für Physiker – wir versuchen sie möglichst zu vermeiden. Die Energie des leeren Raums (oder jedes anderen Objekts) kann eindeutig nicht physikalisch unendlich groß sein, und deshalb müssen wir uns eine Möglichkeit einfallen lassen, die Berechnung so auszuführen, dass wir ein endliches Ergebnis
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