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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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doch sowieso immer«, sagte John.
    Am Abend erfuhr er, dass wahrhaftig Mister Angelo an diesem Tag in Vaters Werkstatt gewesen war. Er hatte Geschenke für die Kinder dagelassen, eine große Tafel Schokolade für jeden und für John außerdem einen Zehndollarschein. Als John die Schokolade und den Geldschein in die Hand nahm, beschlich ihn ein eigenartiges Gefühl. Als habe er etwas entdeckt, das ein Geheimnis hätte bleiben sollen.
    »Ich habe Mister Angelo heute auf dem Flughafen gesehen«, erzählte er trotzdem. »Er ist mit dem Flugzeug aus Rom gekommen, und er hatte nichts dabei als seine Schuhe.«
    Vater lachte.
    Mutter langte nach ihm, zog ihn an sich und seufzte. »Ach, du mein kleiner Träumer.« So nannte sie ihn immer. Sie hatte auch gerade von Rom erzählt, von einem Cousin, der bei irgendwelchen Verwandten zur Welt gekommen war. John fand es merkwürdig, dass er Verwandte in Italien haben sollte, die er noch nie im Leben gesehen hatte.
    »Mister Angelo wohnt in Brooklyn«, erklärte Vater. »Er kommt manchmal hierher, weil er den Mann kannte, der den Laden vor mir hatte.«
    John schüttelte den Kopf, sagte aber nichts mehr. Es gab nichts mehr zu sagen. Das Geheimnis war gelüftet. Er wusste, dass Mister Angelo nicht mehr wiederkommen würde, und so war es auch.
     
    Im Jahr darauf heiratete sein neun Jahre älterer Bruder Cesare und zog nach Chicago. Sein Bruder Lino, sechs Jahre älter als John, heiratete nicht, ging aber zur Luftwaffe, um Pilot zu werden. Von einem Monat zum anderen war John plötzlich das einzige Kind zu Hause.
    Er durchlief die Schule, seine Noten waren weder gut noch schlecht, und seine Mitschüler kannten ihn als unauffälligen, ruhigen Jungen, der in eine eigene Welt eingesponnen war und wenig Kontakt zu anderen suchte. Er zeigte ein gewisses Interesse an Geschichte und englischer Literatur, aber niemand hätte ihm zum Beispiel die Organisation eines Schulfestes anvertraut. Die Mädchen fanden ihn nett, was so viel hieß, dass sie keine Angst hatten, mit ihm bei Dunkelheit die Straße entlang zu gehen. Aber der einzige Kuss, den er in seiner High-School-Zeit abbekam, fand auf einer Silvesterparty statt, zu der ihn jemand mitschleppte und auf der er nur unbehaglich herumstand. Wenn die anderen Jungs von ihren sexuellen Abenteuern berichteten, schwieg er einfach, und niemand fragte nach.
    Nach der High School gewann Paul Siegel ein hoch dotiertes Begabtenstipendium und entschwand nach Harvard. John wechselte auf das nahe gelegene Hopkins Junior College, hauptsächlich, weil es erschwinglich war und er zu Hause wohnen bleiben konnte, ohne rechte Vorstellung davon, wie es weitergehen solle.
    Im Sommer 1988 fand im Londoner Wembley-Stadion das Concert for Nelson Mandela statt, das in alle Welt übertragen wurde. John ging mit ein paar anderen aus seiner Klasse in den Central Park, wo jemand eine Videowand und Lautsprecherboxen aufgestellt hatte, sodass man dem globalen musikalischen Ereignis bei Sonnenschein und Alkohol beiwohnen konnte.
    »Wer ist eigentlich dieser Nelson Mandela?«, fragte sich John nach dem ersten Schluck Bier aus einem weißen Plastikbecher.
    Obwohl die Frage an niemand bestimmten gerichtet war, erklärte ihm eine etwas pummelige Schwarzhaarige, die neben ihm stand, dass Nelson Mandela der Anführer des südafrikanischen Widerstands gegen die Apartheid sei und seit nunmehr fünfundzwanzig Jahren unschuldig in Haft. Was sie nicht wenig aufzuregen schien.
    So fand er sich unversehens in ein Gespräch verwickelt, und da seine Gesprächspartnerin viel zu erzählen hatte, lief es ganz gut. Während sie redeten, brannte die Sonne eines strahlenden Junitages herab, durchglühte ihre Körper und trieb ihnen den Schweiß aus allen Poren. Die Musik dröhnte, unterbrochen von Ansagen, Erklärungen und Appellen an die südafrikanische Regierung, Nelson Mandela freizulassen, und je weiter es in den Nachmittag hineinging, desto weniger war auf der Videowand zu erkennen. Sarah Brickman hatte energisch funkelnde Augen und geradezu alabasterhaft weiße Haut und schlug irgendwann vor, sich wie die anderen Zuhörer auch in den kargen Schatten eines Busches oder Baumes zurückzuziehen. Dort küssten sie sich, und die Küsse schmeckten salzig vom Schweiß. Während ein vielstimmiges » Free-ee… Nelson Mandela!« über den Rasen dröhnte, hakte John Sarahs Büstenhalter auf, und in Anbetracht dessen, dass er so etwas noch nie im Leben gemacht und zudem mehr Alkohol als jemals zuvor

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