Eine Frau sein ist kein Sport
verständlich, denn die Ursachen für Übergewicht sind auch sehr verschieden, und der Betroffene und der, der ihm rät, kennen die Ursache ja meistens nicht so genau.
Doch nun, sagt mir meine Freundin Susi, hat der Jammer ein Ende. Die Experten, sagt sie mir und wachelt mir dabei mit einem bedruckten Blatt Papier vor der Nase herum, haben herausbekommen, dass zu jeder Ursache für Übergewicht auch eine spezielle und charakteristische Form des Fettansatzes gehört. Auf dem Blatt Papier, mit dem Freundin Susi wachelt, sind die wichtigsten Formen von Fettansatz aufgezeichnet und die Ursachen daneben vermerkt.
»Reithosenspeck« lese ich, »kombinierte Fettsucht« lese ich, »Pneu«, »komplizierte Fettsucht«. Es gibt, erfahre ich, einen »nervösen Bauch«. Das ist ein länglicher Fettansatz am Bauch, von oben nach unten. Seine Ursache ist Streß!
Der »Pneu« hingegen, ein Fettring um die Mitte, hat Bewegungsmangel zur Ursache. Die »Reithose« ist durch eine Störung der Mengenverhältnisse zwischen Östrogen und Schwangerschaftshormon bedingt, und ein runder, großer Bauch kann ererbt sein.
Lagert das Fett an den Hüften, oben, hinten, außen sowie am Unterbauch, ist die Ursache eine Verbrennungsstörung. Bevor ich das aufschlussreiche Papier durchstudiert habe, nimmt es mir Freundin Susi aus der Hand.
Die Nougatstange, nach der ich greifen will, schnappt sie sich auch. Sie stopft den Nougat in den Mund, geht zum Spiegel, betrachtet ihr gleichmäßig über den ganzen Körper verteiltes Übergewicht, beäugt kontrollierend das aufschlussreiche Papier und spricht mit vollem Mund: »Ich hab’s! Ich bin Bildtafel 7! Ich bin die große psychosomatische Fettsucht, weil ich überall dick bin. Ich habe mich bei gleichzeitig erhöhter Nahrungsaufnahme und Gewichtszunahme in mein Innerstes zurückgezogen!«
»Ursache?« frage ich.
»Seelischer Schock!« antwortet Susi.
»Hattest du einen?« frage ich.
»Muss ich ja wohl, wenn ich rundherum dick bin!« seufzt Susi.
Es geht halt nichts über den Glauben an Experten!
Man müsste nein sagen können
In vielen Familien, die ich kenne, gibt es eine sonderbare Sprachregelung – die Aufteilung und Zuordnung anfallender und lästiger Arbeiten betreffend.
Kehrt ein Mensch, spinnwebenverhangen und grau überstäubt, mit einer Flasche Wein aus dem Keller in die Wohnung zurück und spricht: »Man müsste den Keller wieder einmal ordentlich aufräumen!«, meint er damit schlicht und eindeutig, dass er zwar an einem gesäuberten Keller großes Interesse hätte, aber nicht daran denke, die schöne Kellerordnung selbst in die Wege zu leiten.
Auch der Seufzer »Man müsste das Auto einmal innen saugen und putzen!« weist diese Grundhaltung auf.
Und der Satz: »Wenn man die Kirschen nicht heute vom Baum pflückt, verderben sie noch!« stößt in das gleiche Horn.
»Man« tritt immer dann in Aktion, wenn einer eine Arbeit selbst nicht tun mag, aber nicht direkt wagt, jemand anderem diese Arbeit aufzutragen. »Man« sagt man dann, wenn die Sache, an der zu arbeiten wäre, nicht völlig eindeutig dem Besitze eines einzelnen Familienmitgliedes zuzuordnen ist.
Autos, Kirschbäume und Keller gehören zu dieser Kategorie von Dingen.
Außerdem sollte »man« sich natürlich auch des Werkzeugkastens annehmen, in dem etliche Kilo vermischter Nägel und Schrauben lagern. Und mit dem Kater, der so komisch geniest hat, sollte »man« den Tierarzt aufsuchen. Und den ätzend riechenden Hamsterkäfig müsste »man« frisch reinigen und mit frischer Streu versorgen.
Vor allem aber müsste »man« sich über die Abstellkammer hermachen, in der nichts mehr zu finden ist, weil Ski und Stöcke, Eislaufschuhe, Staubsaugerrohre, Zeltplanen, Luftmatratzen, Strohkörbe und eine Plastiksackerlsammlung dort heillos durcheinandergeraten sind.
Überall dort, wo sich keiner in der Familie zuständig fühlt, soll »man« an die Arbeit schreiten.
Dass »man« letzten Endes und in neunundneunzig von hundert Fällen »frau« sein wird, braucht nicht extra erwähnt zu werden. Und dass »frau« nach getaner lästiger Arbeit zu hören bekommt, dass »man« das ohnehin demnächst selbst erledigt hätte, wenn sich »frau« nicht vorschnell – wie immer – der Sache angenommen hätte, schon gar nicht.
Freizeitvergnügen?
Weil die meisten Leute, um ihren Lebensunterhalt zu erwerben, viele Stunden des Tages mit harter Arbeit zubringen müssen, entgehen ihnen viele Freizeitvergnügen; das war mir schon immer
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