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Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)

Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)

Titel: Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Jahn-Nottebohm
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Samstag 30. März 2002
    Steffie hatte Ferien. Sie saß in ihrem Zimmer am Schreibtisch. Es war Ostersamstag und sie beendete eben ihren Eintrag in ihr Tagebuch. Die Dreizehnjährige blätterte zurück, um die letzten vier Seiten, die sie heute hinzugefügt hatte, noch einmal zu lesen.
    Das Tagebuchschreiben hatte sie vor etwa einem Jahr begonnen. Eine Freundin hatte ihr erzählt, dass sie ein Tagebuch führte. Auf dem Weg von der Schule nach Hause kaufte sich Steffie damals eine schwarze Kladde mit roten Ecken und entschloss sich spontan, ab sofort Tagebuch zu führen. Sie schrieb alles hinein, was sie bewegte. Mittlerweile lagen drei vollgeschriebene Kladden im linken Schließfach ihres Schreibtisches. Die vierte, die auch schon zur Hälfte gefüllt war, nahm Steffie jetzt von der Schreibtischplatte. Sie rollte mit ihrem Stuhl ein wenig nach hinten, lehnte sich zurück, legte ihre Beine auf den Schreibtisch und begann zu lesen.
    Ihre Eltern hatten von Steffies Tagebuchschreiben – wie von so manchen anderen Dingen – keine Ahnung. Sie waren nur sehr selten zu Hause. Oft gingen sie aus dem Haus, wenn sie noch gar nicht aufgestanden war, und kamen irgendwann am Abend wieder zurück. Steffies Vater war in einem großen Unternehmen beschäftigt, bei dem in den letzten Jahren mehrere Tausend Mitarbeiter entlassen worden waren. Er hatte sich seitdem stark verändert. Während es früher zum täglichen Ritual gehörte, dass Steffie mit ihren Eltern morgens frühstückte und abends eine warme Mahlzeit zubereitet wurde, die man dann auch gemeinsam einnahm, wirkte ihr Vater heute rastlos und verbrachte die meiste Zeit, in der er zu Hause war, in seinem Arbeitszimmer. Steffies Mutter hatte sich vor drei Jahren entschlossen, wieder in ihrem ursprünglichen Beruf zu arbeiten. Sie meinte, es müsse sein, denn wenn ihr Mann eines Tages seinen Arbeitsplatz verlieren würde, gäbe es wenigstens noch jemanden, der für das Einkommen der Familie sorgen könnte. So arbeiteten die beiden sehr viel – immer in der Angst, die Nächsten zu sein, die entlassen werden. Ihr Vater war im Augenblick auf einem Weiterbildungs-Seminar in Koblenz. Ihre Mutter hatte eigentlich heute frei, war aber mit einer Kollegin auf eine Messe in Düsseldorf gefahren.
    Es war zwanzig vor elf, als Steffie die Kladde schloss und recht zufrieden in das kleine Schrankfach im Schreibtisch legte. Sie griff tief in ihre rechte Jeanstasche und förderte einen kleinen Schlüssel zutage, mit dem sie die Tür abschloss, bevor sie ihn wieder in ihrer Jeanstasche verschwinden ließ.
    So, und jetzt?
, dachte sie.
    Sie stand von ihrem Stuhl auf und räkelte sich. Für heute Nachmittag hatte sie sich mit Sabrina und Trixi im Forum verabredet. Vielleicht würden sie ins Kino gehen. Eigentlich könnte sie ja schon mal hingehen. Im Forum war immer was los. Vielleicht würde sie ja auch ein paar Leute aus ihrer Schule treffen.
    Notfalls setze ich mich ins Eiscafé und guck mir die Leute an.
    Sie nahm die Jacke von der Garderobe und verließ die menschenleere Wohnung.

Mittwoch 3. April 2002
    Es war der Beginn eines jener Tage, an dem junge Frauen vor Schaufensterscheiben den Sitz ihrer Jeans kritisch beäugten oder in Autorückspiegeln ihr Makeup überprüften. Bei Zufriedenheit mit dem Gesehenen testeten sie ihre Wirkung lächelnd an den jungen Männern, die ihnen begegneten. Auch diesen reichte zum ersten Mal in diesem Jahr ein T-Shirt, denn es war warm geworden. In der Luft lag – sogar in dieser Ruhrgebietsstadt – eine leicht erotische Stimmung. Der Winter war lang und wirklich kalt gewesen und auch in diesen Breiten hatte es reichlich Schnee gegeben. In der letzten Woche noch waren die Temperaturen nachts weit unter den Gefrierpunkt gesunken, aber heute, am 3. April, atmete das Ruhrgebiet auf. Die Sonne war wohl der Meinung, etwas nachholen zu müssen und so schien sie von einem strahlend blauen Himmel auf Menschen herab, die die Erinnerungen an die dunkle Jahreszeit hinter sich ließen. In ihnen wuchs offensichtlich eine angenehme Ahnung von dem heran, was Frühling und Sommer bedeuteten.
    Sie stand auf dem Balkon ihrer 3-Zimmer-Wohnung in Saarn und schaute einer Hummel zu, die scheinbar noch schlaftrunken zwischen den ersten Tulpen und Narzissen hin- und herschaukelte. Obwohl sie gut fünf Meter entfernt war, konnte sie das Brummen des Insekts deutlich hören. Außerdem war der kleine Garten gefüllt von Vogelgezwitscher und erstem Grün, das wohl sehnsüchtig auf

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