Eine Hand voll Asche
vorgetragen.«
»Nur Ihre Forschungsergebnisse vorgetragen«, wiederholte sie sarkastisch. »Und haben Sie auch nur ›Ihre Forschungsergebnisse vorgetragen‹, als Sie vor der Kammer der Medical Examiner ausgesagt haben, Dr. Hamiltons Schlussfolgerungen ›verletzen die Gesetze der Physik und der Metallurgie‹? Würden Sie das einen objektiven, wissenschaftlichen Bericht nennen?«
»Ich würde diese Formulierung wahrscheinlich nicht in einem Artikel in einer Fachzeitschrift benutzen, aber es bleibt die Tatsache …«
»Die Tatsache, die mich interessiert«, unterbrach sie mich, »ist, wer den Kontakt zwischen Ihnen und der Kammer der Medical Examiner hergestellt hat, die Kammer oder Sie?«
Ich spürte, wie ich rot anlief. »Ich glaube, das war womöglich ich.«
»Sie glauben? Womöglich? Die Kompetenz eines Arztes in Frage zu stellen ist für Sie eine so lächerliche Kleinigkeit, dass sie sich nicht einmal mehr daran erinnern?«
»Nein. Ich …«
»Dann frage ich Sie noch einmal: Von wem ging der Kontakt aus, von der Kammer oder von Ihnen?«
»Von mir.«
»Damit Sie auch ihr ›Ihre Forschungsergebnisse vortragen konnten? Sind alle Anthropologen so scharf darauf, ihre Ergebnisse vorzutragen?«
In dem Augenblick brannte bei mir eine Sicherung durch. »Verdammt«, sagte ich, »Dr. Hamilton hätte beinahe einen Mann für einen Mord ins Gefängnis gebracht, den der nicht begangen hatte. Einen Mord, den niemand begangen hatte, weil es nämlich kein Mord war. Das – das – ist keine lächerliche Kleinigkeit, Ms. Creed. Und ich bin nicht des Mordes an Jess Carter angeklagt.«
Sie zeigte mit einem Finger auf mich, fast als zielte sie mit einer Waffe. »Aber Sie wären es beinahe, nicht wahr, Doktor?«
»Okay, das reicht«, sagte ich.
»Sie standen unter dringendem Tatverdacht, nicht wahr, Doktor? Es wurde sogar Mordanklage gegen Sie erhoben, nicht wahr?«
»Ich habe gesagt, das reicht.«
»Wie war das für Sie, Doktor, die Mordanklage vom Hals zu haben und mit dem Finger auf Dr. Hamilton zeigen zu können?«
»Genug!«, schrie ich und sprang auf. »Ich habe Jess Carter geliebt, und ich werde nicht … Wie können Sie es wagen …« Mir versagte die Stimme, und ich bedeckte meine Augen mit einer Hand.
Ich spürte eine Berührung an meiner Schulter, warm und sicher. »Es tut mir leid, Dr. Brockton«, hörte ich sie sagen, und plötzlich klang sie menschlich und mitfühlend. »Gern habe ich Sie nicht durch die Mangel gedreht. Aber glauben Sie mir, im Vergleich zu dem, was Dr. Hamiltons Anwalt nächste Woche beim Prozess mit Ihnen anstellen wird, war das noch harmlos. Wenn der zum Kreuzverhör aufsteht, geht er Ihnen wie ein Kampfhund an die Gurgel. Sie sind unser Hauptzeuge, also wird die Verteidigung tun, was sie kann, um Sie aus dem Takt zu bringen und wütend zu machen.«
Ich schaute auf, und sie begegnete meinem Blick, fest und voller Mitgefühl. Jetzt waren ihre Augen nicht mehr scharf; sie waren nur müde von den vielen Jahren, in denen sie sich angestrengt hatten, die Welt durch eine Wand aus Glas und dunkle Verbrechen hindurch zu betrachten. »Gott, ist das hart«, sagte ich. Ich holte mein Taschentuch heraus, wischte mir das Gesicht ab und schnäuzte mich.
»Ich weiß«, sagte sie, »und ich wünschte, ich könnte Ihnen sagen, es würde leichter werden. Aber das wird es nicht.«
Toll , dachte ich, es geht doch nichts über ein paar aufmunternde Worte .
»Betrachten Sie es als Probelauf oder als Kriegsspiel, dann sind Sie geistig auf den Ernstfall vorbereitet. Bis kurz vor Schluss haben Sie sich gut gehalten. Es ist in Ordnung, im Zeugenstand traurig zu werden. Aber werden Sie bloß nicht wütend. Wenn Sie wütend werden, spielen Sie denen nur in die Hände. Die stellen Sie dann als rachsüchtig hin und ihn als das Opfer.«
»Aber es gibt doch eine Aufnahme, auf der er den Mord an Jess gesteht. Eine Aufnahme, auf der er damit prahlt , dass er Jess umgebracht hat.«
»Die Gegenseite wird alles daransetzen, dass sie als Beweis nicht zugelassen wird. Oder sie auf jede erdenkliche Art und Weise untergraben. Abgesehen davon ist es eine Aufnahme, und dazu noch eine ziemlich kratzige. Ihre Zeugenaussage wird bei den Geschworenen sehr viel mehr Gewicht haben. Also, lassen Sie sich nicht provozieren und halten Sie um Himmels willen Ihr Temperament im Zaum. Um Dr. Carters willen.«
Wir fochten noch ein paar Runden, die Staatsanwältin und ich. Nachdem ich mich im Pseudokreuzverhör zwei Stunden
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