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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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schon in Sicherheit sein, weil ich Petro grunzen hörte: »Der Mond ist aufgegangen!« Ja. Das Schlimmste war passiert. Jetzt wurde ich von meiner Tunika gequält, die sich losgemacht hatte, mich zu ersticken drohte und meine ganze Unterpartie freilegte.
    Die Witze ließen nicht auf sich warten. »Ist das alles? Und deswegen das ganze Theater? Da haben sich aber eine Menge Frauen sehr loyal verhalten, muss ich sagen …«
    »Du würdest auch ein bisschen schrumpfen, wenn du das hinter dir hättest, was er gerade durchgemacht hat!«
    Mir war’s egal. Sie hatten mich rausgeholt. Diese starken, höhnischen Dreckskerle waren einfach wunderbar. Ich wurde wie ein Sandsack geschwungen, aufgefangen, rumgehievt und sanft auf den Boden gelegt. Luft drang auf mich ein. Helle Junisonne blendete mich. Die Seile wurden gelöst. Der Schmerz wurde schlimmer, als das Blut zu schnell in die gewohnten Kanäle zurückströmte. Ich hörte Nux hysterisch bellen; dann schien sie dem entwischt zu sein, der sie festgehalten hatte, weil ihre heiße Zunge mein Gesicht im nächsten Augenblick leidenschaftlich abschleckte.
    Mit einer heftigen Drehung wandte ich mich ab – und, ja, entdeckte das Kind. Die Kleine war bleich, ihre Kleidung verdreckt, ihr dunkles Haar verfilzt. Die Vigiles rieben hektisch ihre Glieder und wickelten sie dann in eine Decke. Einer hob sie hoch und rannte mit ihr auf das Haus zu – also dachten sie, dass sie noch am Leben war.
    Sie hatten mich auf die Seite gelegt. Jemand massierte meine Schienbeine und Waden. Plötzlich wurden mir meine Schmerzen bewusst. Mir war so kalt, das ich alles Gefühl unterhalb der Taille verloren hatte. Meine Füße waren frei. Man zog mir die Stiefel aus, um an die tief eingegrabenen Striemen von den Halteseilen zu kommen.
    Ich konnte mich ausruhen. Ich konnte aufhören, Angst zu haben. Als ich nach Luft schnappte, hörte auch mein Hirn auf, sich Sorgen zu machen, dass es platzen könnte.
    »Gaia …«
    »Sie lebt. Sie ist zum Arzt gebracht worden. Gut gemacht.«
    Ich schloss die Augen. Die Welt beruhigte sich allmählich.
    »Möchtest du irgendwas, Falco?«
    »Frieden. Anerkennung unter Gleichgestellten. Zurückhaltung der Götter. Die Liebe einer guten Frau – einer ganz bestimmten, übrigens. Dass die Blauen die Grünen bis in den Hades hinein schlagen. Ein Heim mit einem eigenen Badehaus. Einen Hund, der nicht stinkt. Ein Schweinerissole mit Rosmarin und Pinienkernen und einen großen Becher Rotwein.« Ich wartete darauf, dass der eine oder andere sagte, ich rede zu viel. Sie schienen ebenfalls alle vor Erschöpfung umgesackt zu sein.
    »Die Sache mit dem Rissole lässt sich wohl machen«, meinte der junge Aelianus nach einer Weile. Er klang müde und abwesend.
    »Und mit dem Wein«, fügte Petronius mit interessierter Stimme hinzu.
    »Wir können seine Frau holen«, sagte Anacrites, auch er freundlicher als gewöhnlich. »Vorausgesetzt, sie will herkommen.«
    Ich drehte mich auf den Rücken und schaute sie alle drei an. Sie saßen auf dem Rasen um mich herum. Trotz der Spöttelei wirkten sie völlig fertig. Ihre Hände, mit denen sie Seil nachgegeben hatten, lagen schlaff auf ihren Knien, rot und aufgeschürft. Sie ließen die Köpfe hängen. Ihre Gesichter zeigten den erschöpften und verstörten Ausdruck von Männern, die beinahe Zeugen vom Tod eines anderen geworden wären. Sie starrten zurück, unfähig, sich zu bewegen.
    »Danke, Partner«, sagte ich zärtlich. »Ich bin froh, dass ihr mich nicht da unten gelassen habt. Es wäre mir schrecklich gewesen, euer Gewissen zu belasten.«
    »Lass gut sein«, sagte einer von ihnen lächelnd. Ich kann mich nicht mal erinnern, wer es war.

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