Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
Die Aufhetzung der Massen ·
Das Verschwinden der Toleranz aus dem politischen Leben in Deutschland,
Italien, Japan und Sowjetrussland · Die Wirtschaftskrise und der Ausbruch des
Zweiten Weltkriegs · Propaganda und Wirklichkeit · Die Ermordung der Juden ·
Die Atombombe · Die Segnungen der Wissenschaft · Der Zusammenbruch der
kommunistischen Systeme · Internationale Hilfsaktionen als Anlass zur Hoffnung
Vorwort
Mein Großvater, Ernst Gombrich, schrieb
normalerweise nicht für Kinder. Er hatte auch gar
nicht Geschichte, sondern Kunstgeschichte studiert. Um so mehr erfreute und
erstaunte ihn gleichermaßen, dass sein allererstes Buch Eine kurze
Weltgeschichte für junge Leser über einen solch langen Zeitraum
hinweg so viele Freunde auf der ganzen Welt gefunden hat.
Dieses Buch schrieb er als junger Mann unter relativ großem Zeitdruck.
Später meinte er, dass wohl beides zu diesem dauerhaften Erfolg beigetragen
habe. Doch wäre dieses kleine Buch nie geschrieben worden, wenn nicht mehrere
Zufälle im Wien des Jahres 1935 zusammengekommen wären.
Und so kam es zu diesem Buch …
Nachdem mein Großvater an der Universität in Wien promoviert hatte,
war er arbeitslos, und es bestand auch wenig Aussicht, in den wirtschaftlich
schwierigen Zeiten bald eine Stelle zu finden. Ein befreundeter junger Lektor
kam auf ihn zu und fragte, ob er nicht Lust habe, sich ein englisches
Geschichtsbuch für Kinder anzusehen, um es eventuell ins Deutsche zu
übersetzen. Es war von einem gemeinsamen Freund empfohlen worden, der in London
Medizin studierte, und sollte in der neuen Reihe »Wissenschaft für Kinder«
erscheinen.
Mein Großvater war wenig beeindruckt von dem Band und sagte dem
Verleger Walter Neurath, der später in England den Verlag Thames & Hudson
gründen sollte, dass es sich nicht lohne, ihn zu übersetzen. »Ich glaube, ich
könnte selbst ein besseres schreiben«, sagte er zu Neurath, worauf dieser ihn
bat, ihm doch einmal ein Kapitel zu schicken.
Als mein Großvater in der letzten Phase seiner Doktorarbeit war, hatte
er mit der kleinen Tochter von Freunden korrespondiert, die wissen wollte,
womit er denn die ganze Zeit so beschäftigt sei. Es hatte ihm großen Spaß
gemacht, ihr auf verständliche Art und Weise das Thema seiner Doktorarbeit zu
erklären. Außerdem war er des wissenschaftlichen Schreibens, mit dem er sich
während seines Studiums so intensiv beschäftigt hatte, ein wenig überdrüssig.
Er war fest davon überzeugt, dass man die meisten Dinge einem intelligenten
Kind in einfachen Worten erklären könne, ohne dabei auf komplizierte
Fachbegriffe zurückzugreifen. Also schrieb er ein lebendiges Kapitel über die
Ritterzeit und schickte es an Neurath. Dieser war hochzufrieden, fügte aber an,
»damit das Buch wie geplant erscheinen kann, brauche ich in sechs Wochen ein
komplettes Manuskript«.
Mein Großvater war sich gar nicht sicher, ob er dies schaffen würde,
doch reizte ihn die Herausforderung sehr, und er versprach, es zu versuchen.
Zügig setzte er eine Gliederung des Buches auf und entschied, welche Ereignisse
der Weltgeschichte behandelt werden sollten. Er fragte sich einfach, welche
Begebenheiten der Vergangenheit das Leben der meisten Menschen beeinflusst
hatten und an welche man sich heute noch am besten erinnerte. Dann begann er,
jeden Tag ein Kapitel zu schreiben. Vormittags las er alles, was er im Haus
seiner Eltern zum jeweiligen Thema des Tages fand, auch ein großes Lexikon zog
er zurate. Nachmittags ging er dann in die Bibliothek und las dort soweit als
möglich Texte aus der jeweiligen Epoche, um seinen Berichten eine größere Glaubwürdigkeit
zu verleihen. Die Abende waren für das Schreiben reserviert. Nur die Sonntage
sahen anders aus – aber um diese zu beschreiben, muss ich jetzt erst einmal
meine Großmutter vorstellen.
Ilse Heller, wie sie damals hieß, war etwa fünf Jahre zuvor aus Böhmen
nach Wien gekommen, um hier ihr Klavierstudium fortzusetzen. Schon bald wurde sie
von Leonie Gombrich – nach der ich benannt bin – als Schülerin aufgenommen. So traf
Ilse Heller ihre künftige Schwiegermutter, noch bevor sie ihrem späteren Ehemann
begegnet war. Ja, Leonie machte die beiden sogar miteinander bekannt und ermunterte
meinen Großvater, ihrer neuen Schülerin Wiens Museen und Sehenswürdigkeiten zu zeigen.
1935 waren ihre gemeinsamen Wochenendausflüge schon längst zur lieb gewonnenen Gewohnheit
geworden – im darauffolgenden Jahr heirateten die beiden.
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