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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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mit »Es war einmal« an. Unsere
Geschichte will nur von dem erzählen, was einmal war. Einmal warst du klein und
hast im Stehen kaum zur Hand deiner Mutter hinaufgereicht. Kannst du dich
erinnern? Wenn du willst, kannst du eine Geschichte erzählen, die so anfängt:
Es war einmal ein kleiner Bub – oder ein kleines Mädel –, und das war ich. Und
einmal warst du auch ein Wickelkind. Daran kannst du dich nicht erinnern, aber
du weißt es. Einmal waren auch der Vater und die Mutter klein. Und der
Großvater und die Großmutter. Das ist schon viel länger her. Trotzdem weißt du
es. Wir sagen ja: Sie sind alt. Und auch sie haben wieder Großväter und
Großmütter gehabt, und auch die haben sagen können: Es war einmal. Und so immer
weiter zurück und weiter zurück. Hinter jedem »Es war einmal« steht immer noch
eins. Hast du schon einmal zwischen zwei Spiegeln gestanden? Das musst du
versuchen! Da siehst du immer weiter und weiter lauter Spiegel und Spiegel,
immer kleiner und immer undeutlicher und noch und noch und noch, aber keiner
ist der letzte. Auch wo man keinen mehr sieht, haben immer noch weitere Spiegel
drin Platz. Sie sind auch dahinter, das weißt du.
    Grad so ist es mit dem »Es war einmal«. Wir können uns nicht vorstellen,
dass das aufhört. Der Großvater vom Großvater vom Großvater vom Großvater – da
wird einem schon schwindlig. Aber sag es langsam noch einmal, mit der Zeit
kannst du es dir vorstellen. Dann noch einen. So kommt man schnell in die alte
Zeit und dann in die uralte. Immer weiter, wie bei den Spiegeln. Aber an den
Anfang kommt man nie. Hinter jedem Anfang steht ja immer noch ein »Es war
einmal«.
    Das ist ja ein Loch, das keinen Boden hat! Ist dir schon ganz
schwindlig vom Hinunterschauen? Mir auch! Darum wollen wir ein brennendes
Papier in dieses tiefe Brunnenloch werfen. Langsam wird es hinunterfallen,
immer tiefer und tiefer. Und im Fallen wird es die Brunnenwand erhellen. Siehst
du es noch dort unten? Immer tiefer – und jetzt ist es schon so weit, dass es
ausschaut wie ein winziger Stern in der dunklen Tiefe – kleiner und kleiner,
und jetzt sehen wir es nicht mehr.
    So ist es mit der Erinnerung. Mit ihr leuchten wir hinunter in die
Vergangenheit. Zuerst in unsere eigene, dann fragen wir alte Leute, dann suchen
wir Briefe von Leuten, die schon gestorben sind. So leuchten wir immer weiter
rückwärts. Es gibt Häuser, in denen nur alte Zettel und Papiere aufgespeichert
sind, die einmal geschrieben wurden, die heißen Archive. Dort findest du
Briefe, die vor vielen Hundert Jahren geschrieben wurden. Ich hab’ in so einem
Archiv einmal einen Brief in der Hand gehabt, da stand nur drin: »Liebe Mutti!
Gestern haben wir herrliche Trüffel zum Essen gekriegt, Dein Wilhelm.« Das war
ein kleiner italienischer Prinz vor 400 Jahren. Trüffel sind eine kostbare
Speise.
    Aber das sehen wir nur einen Augenblick. Denn unser Licht fällt
immer schneller und schneller. 1000 Jahre, 2000 Jahre, 5000 Jahre, 10 000 Jahre.
Auch damals hat es schon Kinder gegeben, die gerne gute Sachen gegessen haben.
Aber sie haben noch keine Briefe schreiben können. 20 000, 50 000 – und auch
diese Leute damals haben schon »Es war einmal« gesagt. Und unser
Erinnerungslicht ist schon ganz klein. Dann hört es auf. Aber wir wissen, dass
es noch weitergeht. In eine Ur-Urzeit, in der es noch keine Menschen gegeben
hat. In der die Berge noch nicht so ausgesehen haben wie heute. Manche waren
höher. In der langen Zeit hat der Regen sie abgewaschen, bis sie zu Hügeln
wurden. Manche waren auch noch gar nicht da. Sie sind langsam aus dem Meer
hervorgewachsen, in vielen Millionen Jahren.
    Aber noch bevor diese Berge waren, hat es hier Tiere gegeben. Ganz
andere als heute. Riesig große, fast wie Drachen. Woher wir das wissen? Tief in
der Erde findet man manchmal ihre Knochen. In Wien im Naturhistorischen Museum
kannst du zum Beispiel den Diplodocus sehen. Ein merkwürdiger Name, Diplodocus.
Aber ein noch merkwürdigeres Tier. Das hätte nicht in einem Zimmer Platz und
nicht in zweien. Es ist so hoch wie ganz hohe Bäume und hat einen Schwanz so
lang wie ein halber Fußballplatz. Lärm wird es schon gemacht haben, wenn so
eine Rieseneidechse – denn der Diplodocus war eine Rieseneidechse – in der
Urzeit durch den Urwald gekrochen ist.

    Aber auch das war nicht der Anfang. Auch da geht es weiter zurück,
viele 1000 Millionen Jahre. – Das sagt sich so leicht, aber denk einen Moment
nach. Weißt du, wie

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