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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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Santomauro nahm eine minimale Irritation wahr, ein Aufblitzen in den Augen des Arztes, doch vielleicht war es nur ein Reflex der untergehenden Sonne.
    »Tatsächlich gibt es da etwas, besser gesagt, zwei Dinge. Das Erste ist nicht so wichtig: Sie wurde mit quasi leerem Magen ermordet. Die Art des Mageninhalts lässt sich bei dem Zersetzungszustand des Materials nicht mehr feststellen, die Menge jedoch ist so gering, dass ich vermute, seit der letzten Mahlzeit waren Stunden vergangen. Das Zweite, vielleicht nicht minder peripher«, und dabei erschien wieder dieser Glanz in seinen Augen, »ist, dass sie sich erst vor kurzem die Haare hatte schneiden lassen.«
     
    Santomauros Handy klingelte, als sie durch Pioppica Sotto gingen: Pedros Grabesstimme verhieß nichts Gutes.
    Zwanzig Minuten später parkten sie vor der Notaufnahme des San-Luca-Krankenhauses in Vallo della Lucania. Gnarra erwartete sie am Eingang mit versteinerter Miene. Stumm und in sich gekehrt, als besuchten sie einen todkranken Verwandten, folgten sie ihm im Gänsemarsch über Treppen und Flure. Vor Aniello Frangiellos Bett strebten sie fächerartig auseinander und postierten sich an den drei freien Seiten.
    Der arme Mann blickte sie von unten herauf an und sah hektisch von einem zum anderen. Mit einer theatralischen Armbewegung begann Gnarra: »Da ist er also, Aniello Frangiello, der berühmte Fravicino, ein blaues Auge, zwei gebrochene Rippen und ein Loch in der Lunge. Vergangene Woche hat er beschlossen, seine Angetraute umzubringen, Carmela Tatariello, und hat sich zu diesem Zweck mit einem Knüppel bewaffnet. Still! Kein Wort!« Der Unglückliche wurde in seinem Bett immer kleiner. »Er ist über sie hergefallen, als sie nach Hause kam, um zwei Uhr nachts. Sicherheitshalber hatte er auch ein Messer bei der Hand, aber das war gar nicht nötig.«
    »Ich schwöre, dass ich es nicht benutzen wollte! Ich wollte sie nur erschrecken!«, schluchzte Frangiello unter dem Betttuch hervor.
    »Ich habe dir gesagt, du sollst den Mund halten! Das Messer kam nicht zum Einsatz, weil Carmela der Knüppel genügte. Sie hat ihn selbst ins Krankenhaus gebracht, nachdem sie ihn ordentlich vermöbelt hat. Danach hat sie sich aus dem Staub gemacht, aber hin und wieder ruft sie an, um sich nach ihrem Mann zu erkundigen. Eine Cousine von ihr arbeitet unten an der Pforte, sie sagt, es täte ihr sehr leid, weil sie ihn gern hat.«
    Gnarra hob abschließend die Arme. Die anderen beiden schüttelten schweigend den Kopf, nickten Fravicino zum Abschied zu, der ihren Gruß erwiderte, und der kleine Trupp marschierte im Gänsemarsch wieder hinaus, wie er gekommen war. Auf der Treppe war es Manfredi, dem zuerst ein kleines, fast unhörbares Gickeln entschlüpfte, Santomauro hielt aus Zuneigungzu seinem Freund so lange er konnte an sich, musste aber schließlich aufgeben, und so kamen sie prustend hinter dem todernsten Gnarra unten an. Beim Auto stimmte er in ihr Gelächter ein, und um kein Aufsehen zu erregen, stiegen sie schnell in den Wagen, bevor sie sich gegenseitig auf die Schultern schlugen.
    »Hast du das gesehen, der arme Kerl! Dem hast du einen gehörigen Schrecken eingejagt!«
    »Am liebsten hätte ich ihm die anderen Rippen auch noch gebrochen, also ehrlich! Von wegen Leiche der Puppe, sie hat ihm richtig Dresche gegeben!«
    »Allerdings, man könnte auch sagen: verraten und verdroschen!«
    Sie lachten Tränen und konnten sich bis Vallo Scalo nicht beruhigen.
     
    Freundlich bestimmt hatte er den Schnaps aufs Haus ausgeschlagen, dem gemütlichen Plausch unter Freunden bei entspannter Musik eine Absage erteilt und es abgelehnt, bei einer Tasse heißem Kräutertee auf die Spätnachrichten zu warten. Heißer Tee, der fehlte ihm gerade noch! Sein Magen stöhnte und wand sich vor Schmerzen, in seinem Inneren zappelten fidel die Pfeilkalmare mit Kartoffeln, Pasta und Kichererbsen waren zu einer brodelnden Lava verschmolzen, und über alles hatte die Kokos-Mousse ihren erbarmungslosen Fettfilm gelegt. Nie mehr ins Restaurant, das schwor er sich hoch und heilig, nie mehr, und sei die Gesellschaft noch so nett. Was sie beileibe nicht gewesen war. Olimpias Freunde, mit ihrem ironischen und überheblichen Lächeln, allesamt langweilige und bornierte Bridgespieler.
    Himmel, diese Magenschmerzen! Apropos … noch durfte er sich nicht den Schlaf der Gerechten gönnen. Seufzend und stöhnend erhob sich Lillo Lucarello wieder von seinem Bett. Wo war es nur, wo war es nur, wo war es nur,

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