Eine Lüge macht noch keine Liebe! (German Edition)
bleiben, obwohl sie sich vorkam wie in einem bösen Traum
und sie fürchtete, bald mit ihrer Geduld am Ende zu sein. Die Absurdität der
Situation wurde ihr langsam mehr und mehr bewusst: sie saß hier am Kamin eines
Nobelhotels mit der Direktorin desselben und musste sich mit ihr eine harsche
Auseinandersetzung über ihr Privatleben und ihren Freund liefern! Was zum
Teufel ging diesen Drachen ihre Beziehung eigentlich an? Sie gab sich einen
Ruck.
Genug der Rücksichtnahme auf
Alessandro! Wenn er wegen dieser Unterhaltung Schwierigkeiten bekommen sollte,
dann nur zu, je schneller er von hier fortging, umso besser! Ein verstohlener
Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass Mitternacht längst vorüber war. Sie stand
auf und griff nach ihrer Tasche.
„Zugegeben, Signora, er ist
außergewöhnlich, gut. Ich stimme Ihnen zu. Und? Bei aller Besonderheit ist er
immerhin auch noch ein menschliches Wesen, oder etwa nicht?“
„Ja, er ist ein menschliches
Wesen und irren ist ja nun mal leider menschlich“, hörte sie die gläserne
Stimme hinter sich, „Sie sind der lebende Beweis für dieses Sprichwort. Dass er
sich so in der Wahl seiner Frauen täuscht, ist beklagenswerterweise nicht das
erste Mal und ich bedaure das zutiefst, glauben Sie mir! Sie sind weit unter seinem
Niveau und das wird er sicher eines Tages zutiefst bedauern.“
Lara fuhr herum. Nun wurde ihr
richtig heiß vor Ärger, denn das ging ganz eindeutig unter die Gürtellinie!
„Ich hoffe, er wird ganz schnell etwas
anderes bedauern, nämlich hier zu arbeiten! Hier ist er absolut verschwendet
und wenn er nur ein bisschen Stolz hat, sind Sie ihn hoffentlich bald los, wenn
ich ihm von diesem Abend und Ihren Unverschämtheiten erzähle!“
Sie schlüpfte in ihren Mantel und
wandte sich ab. Ein kaltes Lachen hinter ihr war die Antwort.
„Was Sie sich bloß einbilden!
Glauben Sie denn im Ernst, dass Alessandro ihretwegen alles hier hinter sich
lassen würde? Welche Anmaßung, er würde ja nicht einmal im Traum daran denken!!
Niemals wäre er so pflichtvergessen, eine derartige Dummheit zu begehen, er ist
ja immerhin mein Enkel, haben Sie das denn schon vergessen?“
Lara erstarrte mitten in der
Bewegung, alles in ihr schien urplötzlich zu Eis zu gefrieren. Bestimmt hatte
sie das Gehörte nicht richtig verstanden - sie hatte gesagt „mio nipote“ - ihr
Enkel? Konnte sie vielleicht ‚Neffe’ gemeint haben?
Langsam, als hätte sie Mühe, sich
überhaupt zu bewegen, drehte sie sich um. Die dottoressa war aufgestanden und
sah sie triumphierend an.
„Denken Sie immer daran:
Familienbande in Italien sind etwas anderes als in Deutschland, hier bei uns
zählen gewisse Werte noch etwas und mein Sohn, Alessandros Vater, hat ihn in
diesem Sinne erzogen! Er würde das hier doch nie im Leben für Sie aufgeben,
schlagen Sie sich das aus dem Kopf. Und außerdem – was hätten Sie denn dann
noch davon, hm?“
„Ihr Enkel?“, sie wiederholte das
Wort mühsam und mit tonloser Stimme. „Alessandro ist Ihr Enkel? Nein, das
glaube ich nicht.“
„Was heißt hier, das glauben Sie
nicht?“
„Das kann ich nicht glauben“,
wiederholte Lara mit einer Mischung aus Verzweiflung und Schaudern, „sagen Sie,
dass das nicht wahr ist.“
„Natürlich ist es wahr! Und was außer
seinem Vermögen sollte Sie denn sonst an ihm interessiert haben?“
Der Mann – der Mensch – dieser
anbetungswürdige, charmante, zärtliche und unwiderstehliche Kerl, der mich
wieder ins Leben zurückgeholt hat, wollte sie schreien, doch sie bekam keinen
Ton heraus. Sie konnte oder wollte es immer noch nicht ganz fassen. In ihrer
Verwirrung entging ihr, dass der Triumph ein wenig aus dem Gesicht ihrer
Widersacherin gewichen war.
„Vermögen? Sein Vermögen?“,
krächzte sie schließlich
„Na, das Familienerbe natürlich.
Alessandro ist vor Fernando mein erstgeborener Enkel, was glauben Sie wohl, wer
das alles einmal erben und die Hoteldynastie fortführen wird?“
Lara schüttelte den Kopf.
„Aber …“ sie wollte es noch immer
nicht fassen, „vielleicht reden wir gar nicht von demselben Alessandro. Das
kann doch nur ein Missverständnis sein!“
„Nein, das ist gewiss kein
Missverständnis! Wir reden hier von Alessandro Ronaldini, meinem Enkelsohn, dem
Mann, der es sich leider in den Kopf gesetzt hat, ausgerechnet Sie heiraten zu
wollen!“
Ein Irrtum war also ausgeschlossen.
Langsam drang die Realität zu Laras Bewusstsein durch: dass ihr Alessandro
nicht nur erstens der
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