Eine Marcelli geht aufs Ganze
Ravioli mit Soße aufwärmte, goss Sam ihnen ein Glas Wein ein.
»Hab ich dir eigentlich schon fürs Essen gedankt?« Er lehnte sich gegen die Arbeitsplatte.
»Ungefähr vier Mal.«
»Das war sehr lecker.«
Er hatte ihr von seinem Versuch vom Vorabend erzählt, ein ›gesundes Essen‹ zuzubereiten. Francesca hatte sich sehr zusammenreißen müssen, um nicht laut zu lachen.
»Ja, die Grands wissen, wie man kocht«, stimmte sie zu. »Grandma Tessa ist für die traditionellen italienischen Gerichte zuständig, während Grammy M sich einen direkten Weg in den Himmel backen könnte.«
Sie nahm die dampfenden Schüsseln aus der Mikrowelle und versuchte, das aufregende Nachglühen ihres Körpers zu ignorieren. Sie fühlte sich gesättigt, befriedigt und ein klein wenig verrucht.
»Kannst du kochen?«, wollte Sam wissen.
Francesca zog einen der Küchenstühle unterm Tisch hervor und setzte sich. »Nein. Ich habe zwar alle möglichen und unmöglichen Kochkurse besucht, aber das Einzige, was ich kann, ist, etwas hübsch zu garnieren. Ehrlich gesagt koche ich auch gar nicht gerne.«
»Warum hast du dann die Kurse besucht?« Er setzte sich ebenfalls und nahm eine Gabel.
»Aus Schuldgefühlen«, gestand sie fröhlich. »Ich habe kein Interesse an der traditionellen Rollenverteilung, und in meiner Familie ist das ungefähr genauso gotteslästerlich, wie den Papst nicht anzuerkennen. Also habe ich versucht, Kochen zu lernen.«
»Du kannst ihnen sagen, dass du nicht wieder heiraten willst, aber nicht, dass du nicht gerne kochst?«
»Ich weiß, es klingt verrückt, aber auch wenn ich weiß, wie schizophren das alles ist, ändert das nichts an meinen Schuldgefühlen. Ich bin irisch, italienisch und katholisch. Schuldgefühle zu haben gehört sozusagen zu meiner Natur.«
Sam aß genüsslich eine Gabel voll Ravioli. Beim Abendessen hatten sie schon verdammt gut geschmeckt, aber nach dem, was er und Francesca eben in seinem Büro getrieben hatten, waren sie einfach nur himmlisch. Genau wie Francesca. Ihre Lippen waren geschwollen, ihre Haut war leicht gerötet. Sie sah zufrieden und befriedigt aus, was ihm sehr gut gefiel.
»Ich will mir keinen Ärger einfangen«, sagte er, »aber sollte dein Studium dir da nicht geholfen haben?«
»Psychologen, die sich selber heilen?« Sie lachte. »Ja, man könnte meinen, dass das so läuft, aber da liegt man falsch. Außerdem hätte ich ohne die Schuldgefühle viel zu viel Zeit zum Nachdenken.«
»Guter Punkt.« Er grinste. »Mir fällt gerade ein, dass ich dir den Picasso gar nicht gezeigt habe.«
Sie schaute ihn an und errötete leicht. Dann lachte sie erneut. »Oh. Na ja, ich schätze, das müssen wir ein anderes Mal nachholen.«
»Ein Wort von dir genügt.«
Er hatte allerdings nicht vor, den gerade erlebten Quickie zur Gewohnheit werden zu lassen. Nicht mit Francesca. Ihre gemeinsame Nacht war zu außergewöhnlich gewesen. Aber jetzt, da Kelly bei ihm wohnte, war alles anders.
»Dein Gesichtsausdruck verrät mir, dass du in Gedanken das Thema gewechselt hast«, sagte sie.
Er nickte.
Francesca beugte sich vor. »Es sind erst ein paar Tage vergangen. Gib euch Zeit.«
»Ich weiß. Wir müssen uns beide aneinander gewöhnen. Das wird noch ein wenig dauern.« Er schob die Schüssel von sich. »Ich verstehe das, aber trotzdem würde ich jetzt gerne mit der Lösung des Problems anfangen.«
»Hast du denn schon herausgefunden, was genau das Problem ist?«
Ja, ein Kind, von dem er nichts gewusst hatte, war unerwartet in sein Leben getreten. Anstatt aber ein Kind zu sein, mit dem er etwas anfangen konnte – ein Junge oder ein stilles, normales Mädchen –, war Kelly schwierig, stur und schlecht erzogen.
»Wir kommen nicht sonderlich gut miteinander aus«, fasste er die Situation zusammen.
»Das kommt noch. Erst einmal müsst ihr euch kennenlernen.«
»Das ist nicht so leicht, wenn sie die meiste Zeit des Tages wegen irgendetwas sauer auf mich ist.« Er nahm sein Weinglas in die Hand. »War es falsch von mir, ihre Kreditkarte zu kündigen?«
»Natürlich nicht. Ich bin schockiert, dass ihre Mutter ihr überhaupt eine gegeben hat. Das Problem ist, ihr habt beide gewisse Erwartungen aneinander, die noch nicht übereinstimmen. Ihr werdet einen Kompromiss finden müssen. Und vielleicht warnst du sie das nächste Mal vor, wenn du ihre Karte kündigst.«
»Ja, du hast recht. Zu schade, dass ihre Vorstellung eines Kompromisses darin besteht, dass ich alles tue, was sie will, und
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