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Eine Nachbarin zum Verlieben

Eine Nachbarin zum Verlieben

Titel: Eine Nachbarin zum Verlieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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und erfasste das Desaster mit einem Blick.
    Die wacklige Leiter lag auf dem Boden, der komplett mit Zeitungspapier abgedeckt war. Dazu das übliche Sortiment an Pinseln, Malerrollen, Farbeimern und Abdeckband. Es gab keinen Zweifel daran, in welcher Farbe sie den Raum hatte streichen wollen, da sie selber, der Boden, die Wände und alles andere in ungleichmäßiges Babyblau getaucht waren.
    Aber die verschüttete Farbe war im Augenblick wirklich das kleinste Problem, auch wenn er sich zweifellos gleich selbst farblich an das Szenario anpassen würde.
    Die Nachbarin lag mitten in einer Farbpfütze. Mike kniete sich neben sie und stellte erleichtert fest, dass ihre Augen offen waren. Trotzdem machte sie einen benommenen Eindruck.
    „Vorsicht, nicht bewegen“, warnte er sie.
    „Sie machen wohl Scherze. Ich könnte mich nicht einmal bewegen, wenn mein Leben davon abhinge!“
    „Gut, wenigstens können Sie sprechen. Und Blut sehe ich hier auch keins.“ Obwohl es vermutlich einen hübschen Kontrast zu all dem Babyblau in ihrem Haar, an ihrem Kinn, auf ihrem Bauch und auf ihrem Oberteil gebildet hätte. Zu dem am Boden natürlich auch, aber das war nicht halb so interessant. „Was tut Ihnen am meisten weh?“
    „Wie bekomme ich nur die Farbe aus den Haaren?“
    „Sollten wir nicht zuerst klären, ob Sie einen Notarzt brauchen, bevor wir uns um Fragen der Eitelkeit kümmern?“
    „Hier geht es nicht um Eitelkeit, sondern um Stolz. Ich habe diese blöde Leiter gerade erst gekauft und falle gleich in den ersten paar Minuten herunter!“
    Ja, ja, die Leiter. Die war ihm sofort unangenehm aufgefallen. „Vielleicht liegt das daran, dass Sie eine typische Frauenleiter gekauft haben statt einer ordentlichen, stabilen, sicheren.“
    „Die stabilen Leitern waren mir zu schwer! Die konnte ich gar nicht erst tragen! Außerdem bin ich nicht wegen der Leiter heruntergefallen, sondern weil meine Mutter angerufen hat. Und wenn Sie meine Eltern kennen würden, würden Sie verstehen, wieso.“
    Der Sturz schien sich glücklicherweise nicht auf ihr Sprachzentrum ausgewirkt haben, denn sie redete nonstop. Vielleicht war das eine Schockreaktion. Während sie quasselte, beobachtete er sie möglichst unauffällig.
    Bei einem Sturz wie diesem waren vermutlich vor allem Kopf und Wirbelsäule gefährdet, doch an diesen Stellen schien sie keine Verletzungen davongetragen zu haben. Auch Brüche oder Verstauchungen der Gliedmaßen waren möglich, deshalb musste er sie so gründlich wie möglich untersuchen. Er begann bei den Füßen, an denen sie außer neonfarbenem Nagellack nichts trug.
    „Meine Eltern sind fantastisch. Alle beide. Sie haben mich nur leider viel zu sehr verwöhnt. Um nichts musste ich mich selber kümmern, alles wurde mir abgenommen. Deshalb bin ich heute auch zu nichts nütze.“
    „Hm.“ Ihre Beine waren bemerkenswert. Kein Gramm überflüssiges Fett. Nur perfekte Kurven.
    „Meine Mutter wollte mir einen Maler schicken. Und eine Innenarchitektin. Und sie wollte meiner Tochter ein Sommerlager für frühreife Vierjährige bezahlen.“
    Da sie bei Bewusstsein war, würde er sie vermutlich besser an Bauch und Brüsten nicht abtasten. Auch wenn beispielsweise die Rippen eigentlich kontrolliert werden mussten.
    Weil er aber spürte, wie er – völlig gegen seinen Willen – plötzlich ein gewisses Interesse an seiner Nachbarin entwickelte, verzichtete er vorsichtshalber darauf. Gleichzeitig hatte er plötzlich überhaupt keine Lust mehr auf die Suche nach Verletzungen.
    Trotzdem versuchte er sich zusammenzureißen. Also weiter am Hals. Dann Schultern, Arme, Handgelenke, Hände.
    Auf einmal fiel ihm auf, dass sie verstummt war, während er diese Körperteile untersucht hatte. Um sie wieder zum Reden zu bringen, stellte er ihr eine Frage: „Und was haben Sie zu Ihrer Mutter gesagt, als sie all diese Dinge für Sie organisieren wollte?“
    „Ich habe ihr und meinem Vater erklärt, dass ich mit Molly in ihre Nähe gezogen bin, damit sie sich als Großeltern stärker einbringen können. Ich weiß, dass sie sich immer gewünscht haben, sie öfter zu sehen. Und es ist auch in meinem Sinne, wenn Mollys Großeltern ein fixer Bestandteil ihres Lebens sind. Aber ich habe auch klargestellt, dass das alles ist und ich ansonsten nichts von ihnen will.“
    „Warum, war das ein Problem?“
    „He!“ Ihre Finger schlossen sich blitzschnell um sein Handgelenk, und ihre Blicke trafen sich. Anscheinend war sie wieder klar im Kopf.

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