Eine tollkuehne Lady
sie benannt war - Hawks Mutter - hegte er da seine Zweifel.
Die Frauen der Familie Knight bereiteten stets Schwierigkeiten und schienen für Skandale geboren und erzogen zu sein.
Und doch konnte er es kaum erwarten, ihr zu begegnen.
Seit Generationen wurde schließlich schon der Plan gehegt, die beiden mächtigen Klans zu vereinigen, die Dukes der Hawkscliffes und die Marquesses der Griffiths. Aber dem maß Ian kaum eine Bedeutung bei. Sein Interesse an Georgiana war rein akademischer Natur, die große Allianz musste auf die nächste Generation warten. Vielleicht würde eines Tages sein Sohn Matthew die Tochter von Hawk und dessen Frau Bel heiraten. Für Ian aber waren die Tage der Ehe vorüber.
Er hatte einmal geheiratet. Einmal war genug gewesen.
Der Diener blickte ihn erwartungsvoll an. Ian hingegen zögerte. Sollte er von feindlichen Mächten beobachtet werden, so wollte er seine Freunde nicht in Gefahr bringen.
Aber wenn sich außer ihm noch zwei weitere Offiziere im Haus befanden - Gabriel und Derek, die darauf warteten, Ian zu seiner Mission zu begleiten - würde jeder Spion es sich zweimal überlegen, ihn anzugreifen. Außerdem hatte der alte Lord Arthur ihm vielleicht etwas Nützliches über den berühmt-berüchtigten Maharadscha von Janpur zu erzählen.
Nachdem er seinen Entschluss gefasst hatte, schob Ian den Brief in seine Brusttasche und nickte dem Diener zu. „Danke. Ich werde mitkommen. “
„Hier entlang, Mylord. “ Doch als der Diener ihn hinüber zur Kutsche führen wollte, trug ein leichter Luftzug ihm plötzlich den starken Geruch von Rauch zu.
Irgendwo brannte es.
Er sah sich um und bemerkte eine Veränderung im Strom der Menschenmenge. Die Leute auf dem Markt bewegten sich Richtung Westen.
„Was ist passiert? “, fragte er rasch, besorgt, dass irgendwo auf dem überfüllten Basar ein Feuer ausgebrochen sein könnte. Fieberhaft überlegte er, was zu tun wäre, damit die Menschen sich nicht gegenseitig niedertrampelten, wenn es keine geordnete Evakuierung gab. Der alte Markt würde bestimmt wie Zunder brennen.
Ravi hielt einen der Vorübergehenden an und erkundigte sich, was geschehen war, dann wandte er sich erleichtert zu Ian um. „Es ist nur ein Begräbnis, Sahib. Irgendeine wichtige Persönlichkeit ist gestorben und wird verbrannt. Seine Asche wird über den Fluss verteilt werden. “
„Ah. “ Erleichterung erfasste Ian, und er nickte seinem Dienstboten zu. „Also gut. Dann lasst uns... “ Abrupt verstummte er, denn in diesem Augenblick ritt ohne jede Vorwarnung jemand mitten durch die Menge.
Rittlings auf einer herrlichen weißen Araberstute sitzend, lenkte sie das anmutige Tier durch den Basar, zwischen den drängend vollen, im Zickzack verlaufenden Gassen, und ließ hinter sich ein heilloses Durcheinander zurück. Hühner flogen auf, Händler fluchten, ein Turm aus handgeflochtenen Körben fiel in sich zusammen, ein Obststand kippte um, und die Leute flohen aus ihrem Weg.
Ian stand nur da und starrte.
In einer Woge aus federleichter Seide, die elegant um ihren schlanken Leib drapiert war, beugte sich die Frau vor und flüsterte dem Pferd etwas ins Ohr. Über dem Schleier, der die untere Hälfte ihres Gesichts verbarg, blitzten ihre kobaltblauen Augen vor Entschlossenheit.
Blau.
Blaue Augen?
Während er sie noch ungläubig betrachtete, setzte die junge Frau mit ihrem Pferd über einen Ochsenkarren, der gerade durch die Gasse gezogen wurde. Und dann war sie fort, galoppierte direkt auf das Feuer zu.
Ian, Ravi und beide Kulis sowie der Diener der Familie Knight schauten dem Mädchen einen Moment lang wie betäubt hinterher.
Nach diesem Auftritt dachte Ian ein wenig amüsiert, dass es sich bei dieser Frau nur um eine Knight handeln konnte.
Ja, tief in seinem Innern hatte er sofort gewusst, wer sie war.
Der Diener war blass geworden und wollte ihr nach, doch Ian veranlasste ihn mit ein paar leisen Worten zum Stehenbleiben.
„Ich kümmere mich darum. “ Er nickte Ravi zu, dann wandte er sich von den Dienern ab und wählte dieselbe Richtung, in die der junge Feuerkopf eben geritten war.
Georgiana Knight trieb ihre leichtfüßige Stute vorwärts, wich Rikschas aus, Fußgängern und heiligen Kühen, die in der Straße herumlungerten, bis sie endlich das Flussufer erreichte, wo sich gut fünfzig Leute um einen Scheiterhaufen versammelt hatten.
Hoch schlugen die Flammen in den azurblauen Himmel hinauf.
Der Übelkeit erregende Geruch nach verbranntem Fleisch
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