Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
Spenden für das Obdachlosenheim.«
»Kann sein, dass sie es erwähnt hat«, erwiderte ich. Ich hatte das Haus von meiner Großtante May geerbt und jeder in der King Street ging davon aus, dass wir uns nahe gestanden hatten. In Wahrheit hatte ich sie nicht besonders gut gekannt; wir waren uns gelegentlich auf Familienhochzeiten oder Beerdigungen begegnet, das war alles. Ich war selbst am meisten überrascht gewesen, als ich erfuhr, dass sie mich als Alleinerbin eingesetzt hatte. Aber warum hätte ich ein geschenktes Haus in erstklassiger Lage ablehnen sollen – nur eine halbe Stunde vom Zentrum und wenige Blocks vom See entfernt?
»Das ist immer ein tolles Ereignis«, sagte nun Belinda und gestikulierte wild herum. Ohne die üblichen ein oder zwei Hundeleinen zum Festhalten verfielen ihre Hände in spastische Zuckungen. »Wir haben Musikbands und Buden mit Jahrmarktspielen und jede Menge Essen. Es ist das Highlight des Sommers.«
Tja, daran bestand wohl kein Zweifel. »Wie nett.«
»Im letzten Jahr war es am besten«, ergänzte Mrs. Cho. »Da haben wir zweitausend Dollar eingenommen. Alle Nachbarn machen mit.«
Erwartungsvoll sahen sie mich an. Bestimmt wollten sie, dass ich mich jetzt freiwillig meldete, um Luftballontiere zu formen oder Kinderschminken anzubieten, aber ich biss nicht an. »Wann ist das denn?«, fragte ich und dachte, dass der Termin doch wunderbar mit einem Kurzurlaub meinerseits zusammenfallen könnte.
»Das ist es ja gerade«, entgegnete Brother Jasper. »Wir wollten nichts planen, bevor wir nicht mit allen gesprochen
haben und sichergehen können, dass sie verfügbar sind. Wir wollen niemanden ausschließen.« Er lächelte wieder dieses Lächeln, das bestimmt auch Gott dir schenkt, wenn er dich im Himmel begrüßt. Einem Menschen musste es schwer fallen, der Wärme und Güte dieses Lächelns zu widerstehen. »Vor allem«, fügte er hinzu, »wo Sie doch neu in unserer Nachbarschaftsfamilie sind. Da wollen wir ganz sicher gehen, dass Sie dabei sind.«
Er tätschelte mir den Arm und ich musste wegsehen, sonst hätte ich ihm alles versprochen. Am Ende hätte ich das Fest auch noch organisiert , wo mir doch vor allem daran gelegen war, mich aus der ganzen verdammten Sache rauszuhalten. »Das ist aber sehr nett«, sagte ich in Richtung meiner Zehen. »Aber ich warte noch auf die Zusage meiner Urlaubstage im Büro. Kann ich Ihnen später Bescheid geben?«
Ich hob vorsichtig den Kopf und sah alle vier nicken.
»Lassen Sie es uns einfach wissen, sobald Sie etwas hören«, sagte Belinda.
»Und sobald wir es dann wissen«, fügte Mrs. Cho hinzu, »planen wir den Termin.«
Offenbar hing die gesamte Veranstaltung einzig und allein von meiner Verfügbarkeit ab.
Als ich ankam, saß Piper im Tad’s Dry Dock bereits an der Theke. Mit ihrer weißen Hose und dem marineblauen Neckholder passte sie hervorragend zur Dekoration der Bar, die wie das Innere eines Schiffs gestaltet war, mit Bullaugen als Fenstern und Seemöwenattrappen unter der Decke. Ich hingegen sah aus wie ein übermäßig angestrengter, missglückter Versuch.
»He, Lola, stell dir vor!«, sagte sie anstelle einer Begrüßung. »Die netten Typen da drüben haben mir einen Drink spendiert.« Sie zeigte auf drei Männer Anfang zwanzig, die vor beschlagenen Biergläsern hockten.
Als sie Pipers Geste bemerkten, hoben sie ihre Getränke, um uns zuzuprosten. »Hallo Piper und Pipers Freundin«, rief der mittlere.
Piper winkte und lehnte sich zu mir. »Ich habe ihnen gesagt, dass ich verheiratet bin, meine Freundin aber Single ist. Sie schienen interessiert.«
Verstohlen musterte ich die drei. Sie sahen so unrasiert und ungeduscht aus wie Verbindungsstudenten kurz nach einem Saufgelage. »Du meine Güte, Piper, die sehen ja aus wie College-Studenten. So verzweifelt bin ich nun auch wieder nicht.«
Sie zuckte mit den Achseln und nippte an ihrem Weißwein. »Jüngere Männer sind gut. Du weißt doch, dass Frauen länger leben als Männer.«
Ich bestellte eine Rum-Cola. Beim Servieren grinste der lockenköpfige Barkeeper in Pipers Richtung und verkündete, das gehe aufs Haus. Seit der Highschool verursachte Piper Aufruhr, wohin sie auch ging, und ich schwamm in ihrem Kielwasser. Es gab natürlich Vorteile – Freigetränke und dergleichen –, aber manchmal nervte es auch.
Ich lenkte das Gespräch auf meine Nachbarn. »Ich habe keine Ahnung, wie ich aus dieser Partysache rauskommen soll«, sagte ich. »Ich weiß jetzt schon,
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