Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
Angeles. Marissa versuchte sich als Künstlerin. Am Wochenende verkaufte sie ihre Bilder am Strand, daneben arbeitete sie als Kellnerin im Morton’s, um die Miete zahlen zu können. Dort lernte sie auch Bruce Bordain kennen.«
»Und die beiden verliebten sich ineinander.«
»Marissa verliebte sich in ihn«, korrigierte sie ihn. »Ich weiß nicht. Vielleicht war sie auf der Suche nach einer Vaterfigur. Bordain war jedenfalls alt genug, um ihr Vater zu sein, und sie liebte ihn wirklich. Er gab ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Er machte ihr Geschenke, führte sie aus. Im Übrigen erzählte er ihr die übliche Geschichte, dass er seine Frau nicht mehr lieben würde und sie im Grunde schon lange getrennt voneinander leben würden.«
»Aber es war ihm nicht ernst mit ihr«, sagte Vince.
Gina nickte. »Nein, sie war nur ein Zeitvertreib für ihn. Dann wurde sie schwanger, und das war das Ende. Sie rief ihn an und erzählte es ihm, und ein paar Tage später fand sie einen Scheck für eine Abtreibung in der Post. Unglaublich!«, rief sie angewidert. »›Kümmere dich drum‹, stand auf dem beiliegenden Zettel. So als handelte es sich um irgendetwas völlig Unbedeutendes. Um eine Warze, die sie sich entfernen lassen sollte oder so. Er reagierte nicht einmal mehr auf ihre Anrufe.«
»Ließ sie das Kind abtreiben?«, fragte Vince.
»Es war schrecklich«, sagte Gina. »Sie wollte es nicht abtreiben lassen, wusste aber nicht, was sie tun sollte. Sie wollte das Baby behalten. Sie wollte, dass Bruce sie liebt. Sie wurde krank unter dem Druck, buchstäblich krank. Sie hatte eine Fehlgeburt, und dann ging alles schief, was nur schiefgehen konnte. Sie hörte nicht auf zu bluten. Ich dachte, sie müsste sterben!«
»Man musste ihr die Gebärmutter entfernen«, sagte Dixon.
Gina nickte. »Das war schlimm für sie. Marissa wollte doch immer unbedingt Kinder haben!«
»Es muss ein schwerer Schlag für sie gewesen sein«, sagte Vince. Marissa war damals dreiundzwanzig Jahre alt gewesen. Eine junge Frau, die keine Familie als Stütze hatte, die sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt und deren Hoffnungen auf ein glückliches Leben von dem Mann zunichtegemacht worden waren, den sie liebte.
»Aber was ist mit Haley?«, fragte Mendez.
»Wir haben einmal die Woche ehrenamtlich in einer Obdachlosenunterkunft für Frauen gearbeitet«, berichtete Gina. »Dort hatten wir eine junge Frau in unserem Alter kennengelernt, die schwanger war. Sie nannte sich Star, keine Ahnung, wie ihr richtiger Name war. Sie erzählte, dass sie zum Film wollte und deswegen nach Los Angeles gezogen war, aber zu mehr als einem Künstlernamen hatte sie es bis dahin nicht gebracht.«
»Und der Vater des Kindes?«, fragte Vince.
»Keine Ahnung. Ich glaube nicht, dass sie selbst wusste, wer es war. Einmal sagte sie, es sei ihr Drogendealer gewesen, dann wieder behauptete sie, es sei ein Schauspielkollege oder ein wichtiger Regisseur gewesen. Sie redete davon, dass sie das Baby loswerden, es abtreiben lassen wollte. Dann beschloss sie plötzlich, es doch zu behalten, und fing an, irgendeinen Unsinn zu erzählen, dass sie das Baby in einer geräumigen, hellen Wohnung aufziehen und ihm die schönsten Sachen kaufen werde. Dabei hatte sie keinen Cent. Echt, das war völliger Schwachsinn. Sie war eine obdachlose, drogensüchtige Prostituierte, die nicht einmal für sich selbst sorgen konnte, von einem Kind gar nicht zu reden.« Gina schwieg einen Moment. »Marissa kriegte sich überhaupt nicht mehr ein. Sie machte sich Sorgen, was Star mit dem Baby anstellen könnte. Dass sie es gleich nach der Geburt in einen Müllcontainer werfen oder es im Klo ertränken würde. Oder dass sie es vielleicht verkauft. Marissa sagte, sie hätte davon gelesen, dass Leute ihre Kinder an Pädophile verkaufen und solche furchtbaren Sachen. Das ist so ekelhaft, davon will ich gar nichts wissen!«
»Marissa hat also einen Plan gefasst«, warf Vince ein.
»Sie hat überlegt, ob sie das Kind als ihres ausgeben und es Bruce Bordain unterschieben könnte. Von der Zeit her hat es funktioniert. Er ist stinkreich, das bisschen Geld für das Baby würde ihn doch gar nicht jucken. Und er hätte Marissa für sein richtiges Kind sowieso Alimente zahlen müssen. Das hieß, das Baby würde versorgt sein und Marissa auch. Sie würde sich auf ihre Kunst konzentrieren können, und sie hätte ein Kind – was sie sich immer gewünscht hatte. Letztlich hatten alle was davon.«
»Außer
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