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Maurice, der Kater

Maurice, der Kater

Titel: Maurice, der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Kapitel eins

    Ratten!
Sie jagten die Hunde und bissen die Katzen, sie…
Aber das war längst nicht alles. Wie Wunder Maurice sagte: Es war nur
    eine Geschichte über Leute und Ratten. Und der schwierige Teil bestand darin herauszufinden, wer die Leute waren und wer die Ratten. Aber Malizia Grimm meinte, es wäre eine Geschichte über Geschichten.
Sie begann – ein Teil von ihr begann – in der Postkutsche, die von den fernen Städten in der Ebene kam und durch die Berge rollte.
    Diesen Teil der Reise mochte der Kutscher nicht. Die Straße wand sich durch Wälder und um Berge herum. Tiefe Schatten lauerten zwischen den Bäumen. Manchmal glaubte der Kutscher, dass etwas der Kutsche folgte und darauf achtete, außer Sichtweite zu bleiben. Ihm wurde ganz mulmig zumute.
    Und bei dieser Reise wurde ihm noch viel mulmiger, als er hinter sich Stimmen hörte. Er war ganz sicher. Sie kamen vom Dach der Kutsche, und dort gab es nichts weiter als die alten Postsäcke aus Ölzeug und das Gepäck des Jungen, nichts davon groß genug, dass sich jemand darin verstecken könnte. Und doch glaubte der Kutscher, quiekende Stimmen zu hören, die miteinander flüsterten.
    In der Kutsche war nur ein Fahrgast. Der blonde Junge saß ganz allein in der schaukelnden Kabine und las ein Buch. Er las langsam und laut, strich dabei mit dem Finger über die Wörter.
    »Ubberwald«, las er.
»Das heißt ›Überwald‹«, sagte eine kleine, quiekende, aber sehr klare Stimme. »Die beiden Punkte machen das U zu einem Uuueee. Aber du machst das ganz gut.«
»Uuuueeeeberwald?«
    »Man kann es mit der Betonung auch übertreiben, Junge«, ertönte eine andere Stimme. Sie klang schläfrig. »Aber weißt du, was an Überwald so gut ist? Die große Entfernung von Sto Lat. Und von Pseudopolis. Überwald ist von überall weit entfernt, wo ein Kommandeur damit drohen könnte, uns bei lebendigem Leib zu kochen, wenn er uns noch einmal erwischt. Und Überwald ist nicht sehr modern. Schlechte Straßen. Viele Berge, die im Weg sind. Die Leute hier kommen nicht viel herum. Nachrichten breiten sich sehr langsam aus, verstehst du? Und wahrscheinlich gibt’s hier keine Polizisten. Wir können ein Vermögen verdienen, Junge!«
    »Maurice?«, fragte der Junge vorsichtig.
»Ja?«
»Was wir tun… Du glaubst doch nicht, dass es, du weißt schon,
    unehrlich ist, oder?«
Es folgte eine kurze Pause, bevor die Stimme erwiderte: »Was meinst du mit unehrlich?«
»Nun… wir nehmen ihr Geld, Maurice.« Die Kutsche schlingerte, als ein Rad durch ein Schlagloch rollte.
»Na schön«, sagte der unsichtbare Maurice, »aber du musst dich fragen: Von wem nehmen wir das Geld?«
»Nun… meistens stammt es vom Bürgermeister oder dem Stadtrat oder so.«
    »Genau! Und das bedeutet, es ist… was? Ich habe dir das schon einmal erklärt.«
»Äh…«
»Es ist das Geld der Re-gie-rung, Junge«, sagte Maurice geduldig.
    »Wiederhol es: das Geld der Re-gie-rung.«
»Das Geld der Re-gie-rung«, wiederholte der Junge gehorsam. »Genau! Und was machen Regierungen mit Geld?«
»Äh, sie…«
    »Sie bezahlen Soldaten«, sagte Maurice. »Sie führen Kriege. Wahrscheinlich haben wir viele Kriege verhindert, indem wir das Geld nahmen und dorthin brachten, wo es keinen Schaden anrichten kann. Die Leute würden uns Denkmäler setzen, wenn sie genauer darüber nachdächten.«
    »Einige der Orte schienen sehr arm zu sein, Maurice«, erwiderte der Junge skeptisch.
»Dann sind es genau die Orte, die keine Kriege brauchen.«
    »Gefährliche Bohnen meint, es ist…« Der Junge konzentrierte sich, und seine Lippen bewegten sich, bevor er das Wort formulierte; er schien die Aussprache erst auszuprobieren, »…un-e-thisch.«
    »Das stimmt, Maurice«, quiekte eine Stimme.
»Gefährliche Bohnen meint, wir sollten nicht von Gaunereien leben.« »Hör mal, Pfirsiche, Gaunereien entsprechen dem menschlichen
    Wesen«, sagte Maurice. »Menschen sind so erpicht darauf, sich gegenseitig hereinzulegen, dass sie Regierungen wählen, die das für sie erledigen. Wir geben ihnen was für ihr Geld. Sie bekommen eine schreckliche Rattenplage, sie bezahlen einen Flötenspieler, die Ratten folgen dem Jungen aus der Stadt, hoppeldihopp, Ende der Rattenplage, alle sind froh, dass niemand mehr ins Mehl pinkelt, der Stadtrat wird von der dankbaren Bevölkerung wiedergewählt, ein Fest findet statt. Gut investiertes Geld, wenn du mich fragst.«
    »Aber es gibt doch nur eine Plage, weil wir das die Leute glauben lassen«, sagte

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