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Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
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Strumpfschublade und T-Shirt-Schublade. Er glaubte, dass alle Schubladen gleich und frei geschaffen waren und jede mit dem gefüllt werden sollte, was gerade kam. Meine Mutter wäre in Ohnmacht gefallen.
    Sobald er mit »Auspacken« fertig war, klopfte Chip mir unsanft auf die Schulter, sagte: »Ich hoffe, du bist stärker, als du aussiehst«, und stürmte zur Tür hinaus. Sekunden vergingen, dann streckte er den Kopf durch die offene Tür und sah mich wie angewurzelt dastehen. »Na, komm schon, Miles to Go Halter. Wir haben eine Menge zu erledigen.«
    Er führte mich zum Fernsehraum, wo, klärte er mich auf, der einzige Kabelanschluss der Schule war. Während der Sommerferien wurde der Fernsehraum als Möbellager benutzt. Bis unter die Decke stapelten sich Sofas, Kühlschränke und aufgerollte Teppiche, und jetzt wimmelte es von Schülern, die versuchten, ihr Zeug zu finden und rauszuschleppen. Chip grüßte ein paar von ihnen, doch er stellte mich keinem vor. Während er das Labyrinth der Sofastapel durchwanderte, blieb ich am Eingang stehen und versuchte, den Paaren von Zimmergenossen nicht im Weg zu stehen, die ihre Möbel durch die schmale Tür bugsierten.
    Es dauerte zehn Minuten, bis Chip seine Sachen gefunden hatte, und eine Stunde, bis wir viermal hin und her gelaufen waren, über die Wiese quer durch den Schlafsaalring, von Zimmer43 zum Fernsehraum und zurück. Am Ende wäre ich am liebsten in Chips Minikühlschrank gekrochen und hätte tausend Jahre durchgeschlafen, doch anders als ich schien Chip gegen Müdigkeit und Herzinfarkt immun. Ich sank auf seine Couch.
    »Die hab ich vor ein paar Jahren am Straßenrand in meinem Barrio aufgelesen«, erklärte er, während er auf seiner Truhe meine PlayStation 2 installierte. »Ich weiß, das Leder hat ein paar Risse, aber, hey – es ist eine verdammt hübsche Couch.«
    Die Couch hatte mehr als ein Paar Risse – das himmelblaue Kunstleder bedeckte nur noch etwa dreißig Prozent, siebzig Prozent waren blanker Schaumstoff. Aber ich fand sie verdammt bequem.
    »Alles klar«, sagte er. »Gleich sind wir fertig.« Er ging an seinen Schreibtisch und holte eine Rolle Klebeband aus der Schublade. »Jetzt brauchen wir nur noch deinen Koffer.«
    Ich rappelte mich hoch, zerrte meinen alten Schrankkoffer unter dem Bett hervor, und Chip platzierte ihn zwischen Couch und PlayStation2. Dann begann er, mehrere Streifen Klebeband abzuziehen. Er klebte sie so auf den Koffer, dass sie das Wort COUCHTISCH ergaben.
    »So.« Endlich setzte er sich und legte die Füße auf den, äh, COUCHTISCH. »Fertig.«
    Ich sank neben ihm aufs Sofa, und er musterte mich, dann sagte er unvermittelt: »Hör zu. Ich bin nicht deine Eintrittskarte in die coolen Kreise von Culver Creek.«
    »Äh … okay«, brachte ich raus, doch die Worte blieben mir fast im Hals stecken. Eben hatte ich für diesen Typen seine verdammten Möbel durch die glühende Sonne geschleppt, und jetzt sagt er mir, dass er mich nicht leiden kann?
    »Im Grunde gibt es hier zwei Gruppen von Leuten«, erklärte er mit wachsendem Nachdruck. »Auf der einen Seite sind da die normalen Internatsschüler wie ich, und dann gibt es noch die Tagestäter. Die haben zwar auch Zimmer hier, aber es sind reiche Pinkel aus Birmingham, die jedes Wochenende heim in die fetten klimatisierten Villen ihrer Eltern fahren. Das sind die coolen Kids. Ich kann sie nicht leiden, und sie können mich nicht leiden. Und wenn du hergekommen bist und denkst, nur weil du auf der öffentlichen Schule bei dir zu Hause ne heiße Nummer warst, willst du auch hier ne heiße Nummer sein, dann lass dich am besten nicht mit mir blicken. Du warst doch vorher auf einer öffentlichen Schule, oder?«
    »Äh …«, stotterte ich. Verlegen begann ich, an den Rissen im Sofa herumzuspielen und die Finger in den weißen Schaumstoff zu bohren.
    »Klar warst du. Weil, wenn du auf ner Privatschule gewesen wärst, würdest du nicht solche beknackten übergroßen Shorts anziehen.«
    Meine Shorts saßen knapp über der Kniekehle, weil ich dachte, das wäre cool. Betreten gab ich zu: »Ja, ich war zu Hause auf der Schule. Aber ich war keine heiße Nummer dort. Eher so was wie gar keine Nummer.«
    »Ha! Das ist gut. Und nenn mich nicht Chip. Ich bin der Colonel.«
    Ich verkniff mir das Lachen. »Der Colonel ?«
    »Ja. Der Colonel. Und dich nennen wir … Pummel.«
    »Hä?«
    »Pummel«, wiederholte der Colonel. »Weil du ne Bohnenstange bist. Das nennt man Ironie, Pummel. Schon mal

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