Eine Zuflucht aus Rosen
haltet Euch nicht zu lange damit auf. Ich werde mich nicht wieder hinters Licht führen lassen, noch werde ich mich länger als nötig aufhalten lassen.“ Der Ärger, den er verspürt hatte, als er sich von einem Haufen Weiber getäuscht wiederfand, kochte erneut in ihm hoch, und er blickte sie scharf an. „Keine Finten, Madelyne.“
„Nein, Mylord“, antwortete sie. „Die Zeit dafür ist vorbei.“
* * *
Madelyne schloss die Tür zu ihrer Zelle und lehnte sich mit dem ganzen Körper dagegen, bedeckte ihren Mund mit zwei zitternden Händen. Sie wusste: Nichts konnte ihr die Realität von Gavin de Mal Verne vom Leibe halten, aber sie hatte nicht mehr die Kraft, sich aufrecht zu halten.
Lieber Gott, sie hatte gewusst ... hatte gewusst , er würde kommen ... hatte gewusst, tief unten in dem geheimsten Teil ihrer selbst, dass ihr Friede durch diesen Mann zerstört werden würde. Und bei Gottes allmächtiger Wahrheit, sie hatte dafür gebetet – gebetet, dass sie ihn wiedersähe, gebetet, dass er den Weg zum Kloster wiederfinden würde.
Was hatte sie nur getan?
Sie bezwang ein Schluchzen und schluckte schwer. In dem dichten Schweigen um sich hörte sie das kratzende Geräusch ihres ausgetrockneten Halses. Alle hier im Kloster wussten von seiner Ankunft und wussten auch den Grund für diese. Eine verängstigte Stille hatte sich wie ein Nebel gesenkt und erstickte alle Menschen hier innerhalb der Klostermauern.
Jetzt musste sie all ihre Kraft zusammennehmen und ihren Willen, und sie alle hier beschützen – insbesondere musste sie ihre Mutter schützen. Sie musste aus freien Stücken mit ihm gehen, sie musste Mittel und Wege finden, wie er nichts von der Existenz Annes erfuhr. Die Erinnerungen verfolgten sie: jene Tage auf Tricourten, das Gesicht ihrer Mutter, gezeichnet von Sorge und Furcht, mit dunklen Schatten unter ihren Augen und purpurnen Malen auf ihrem Gesicht und an den Armen, und die Narben an ihrem Rücken.
Niemals würde Madelyne es zulassen, dass Anne wieder zu Fantin zurückkehrte, zu jenem Leben.
Ein leises Klopfen an der Tür brachte Madelynes etwas wirre und panische Gedanken wieder unter Kontrolle und sie schleuderte sie jäh von sich. Noch während sie sich umwandte, um ihre wenigen Habseligkeiten zusammenzusammeln, verzweifelt bemüht ihre Furcht vor anderen zu verbergen, rief sie, „herein.“
Die Tür öffnete sich, aber sie blickte nicht nach hinten, blieb über ihre Truhe gebeugt.
„Madelyne!“
Zu ihrer Überraschung war es Schwester Patricka – nicht Mal Verne – die den kleinen Raum betrat. Bevor Madelyne reagieren konnte, flog die andere Frau schon auf sie zu, legte die Arme um sie und drückte sie fest an sich. „Die Mutter Oberin hat mir gesagt, dass Ihr mit den Männern fortgehen sollt. Ich komme mit Euch.“
Madelyne löste sich, um in das runde, herzförmige Engelsgesicht ihrer Freundin zu blicken. Da war keine Angst oder Zaudern, nur Aufrichtigkeit und vielleicht ein wenig Furcht vor dem Kommenden. „Ihr sollt mit mir kommen?“
„So ist es. Es gibt keinen Grund für mich noch länger hier zu bleiben – und ich kann Euch nicht alleine gehen lassen. Ich weiß schon lange, dass ich nicht dazu imstande bin, den letzten Schritt zu tun und das Gelübde abzulegen. Es ist nicht Gottes Wille. Also werde ich als Eure Kammerzofe mit Euch gehen. Wenn Ihr mich nehmt.“
Erleichterung überkam Madelyne da übermächtig und sie drückte die andere erneut, verbarg das Gesicht an Patrickas Schulter. „Wahrhaftig, Tricky, ich nehme Euch mit Freuden – wenn Ihr sicher seid, dass Ihr dieses Opfer bringen wollt. Nur wenn Ihr Euch sicher seid.“
Patricka nickte so heftig, dass ihre Haube zur Seite rutschte. „Jawohl, und es wird mir eine Ehre sein.“
Madelyne packte ihre weichen Hände und ihr ging auf, dass Patricka nicht wusste, auf welchem Wege sie und Anne ins Kloster Lock Rose gekommen waren. „Ich kann Euch nicht versprechen, was geschehen wird ... da gibt es vieles, wovon Ihr nichts wisst und wovon ich Euch jetzt noch nichts erzählen kann. Aber ich schwöre, dass ich Euch beschützen werde, bis ich es Euch anvertrauen kann.“
„Ich fürchte mich davor nicht, Maddie. Die Mutter Oberin hat mich gewarnt, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Ich empfehle mich in Eure Hände – und in die von Gott. Es ist meine Überzeugung, dass ich an Eurer Seite mehr Gutes ausrichten kann als hier, wo ich nur Rosenkränze in der Kapelle aufsage.“
Madelyne musste da ein
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