Eingesperrt mit der Versuchung
Zeit zu leben. Ich konnte ihm die Bitte nicht abschlagen.“
„Aber warum hast du mir nicht früher von ihm erzählt? Erst kürzlich habe ich dir gesagt, dass mein Vater mir nichts bedeutet. Das wäre doch die Gelegenheit gewesen, über das Thema zu sprechen.“
„Wärst du denn mit zu diesem Empfang gekommen, wenn ich es dir gesagt hätte?“
Darauf ging sie nicht ein. „Du hast mich bewusst in eine schreckliche Situation gebracht. Du hast mich ihm ausgeliefert.“ Ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, liefen ihr die Tränen über die Wangen. „Ich habe gedacht, ich liebe dich. Aber wer mir so etwas antut, den kann ich nicht lieben.“ Sie schluchzte laut auf. „Ich hasse dich!“
„Quinn? Kommen Sie mal?“ Clare Knowles stand in der Tür.
Dani drehte den Kopf, um die Frau nicht ansehen zu müssen, die offenbar verzweifelt war. Dennoch nahm sie noch wahr, wie Quinn den Blick von ihr abwandte und Clare ansah.
Da war es wieder.
Sie war die ewige Zweite. Sie war nicht gut genug, um als Tochter anerkannt zu werden, nicht gut genug für die Blackstones, nicht gut genug als Verlobte, nicht gut genug für ihn …
Sie hatte hier nichts mehr verloren.
Ein paar Stunden später stand Dani vor ihrem Laden und starrte auf die Leute, die an ihr vorübergingen, ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Zu sehr war sie mit sich selbst beschäftigt. Sie versank in Selbstmitleid und hasste sich dafür. Wie konnte Quinn ihr so etwas antun?
Und erst ihre Mutter! Entschlossen zog sie das Handy aus der Tasche und wählte. Sonya weinte, sagte, diesen Augenblick hätte sie ihr ganzes Leben lang gefürchtet. „John rief mich kurz nach Howards Tod an. Er wollte mit dir Kontakt aufnehmen, was ich ablehnte. Nach der langen Zeit hielt ich es nicht für sinnvoll.“
Howard hätte ihr immer gesagt, dass John Knowles nichts mit ihr und dem Kind zu tun haben wollte. Von der Erpressung wusste sie offenbar nichts.
„Hast du ihn geliebt? Meinen Vater?“
„Ich glaube schon. Weißt du, ich war erst neunzehn, als Ursula starb. Und ich saß plötzlich mit den beiden kleinen Kindern da. Da kam John, eine imponierende Persönlichkeit. Das hat mir gutgetan.“
Nachdenklich beendete Dani das Gespräch. Vielleicht hatte sie etwas vorschnell geurteilt. Sie musste allein sein, um alles zu durchdenken.
Sie ließ das Auto vor dem Haus stehen, und ohne dass es ihr bewusst war, schlug sie den Weg zum Strand ein.
Der weiche Sand und das sanfte Plätschern der Wellen verfehlten auch diesmal ihre Wirkung nicht. Sie wurde ruhiger.
Damals hatte sie Nicks Heiratsantrag akzeptiert, weil sie endlich der wichtigste Mensch im Leben eines anderen sein wollte. Denn geliebt hatte sie ihn eigentlich nicht, zumindest nicht so, wie sie Quinn liebte. Aber auch für den war ein anderer Mensch wichtiger, so wie für ihren Vater eine andere Aufgabe wichtiger gewesen war. Und als John Knowles dann endlich den Kontakt mit ihr aufnahm, tat er es nur, um sein Gewissen zu erleichtern.
War es wirklich so? Mein Vater muss sterben. Der Mann, dem sie ihr mangelndes Selbstvertrauen zu verdanken hatte, hatte nur noch wenige Tage zu leben. Aber war er wirklich schuld an ihrer Unsicherheit? Hatte sie nicht alles in allem ein sehr komfortables Leben geführt, anders als die Kinder, die von Quinns Eltern aufgelesen wurden?
Dennoch, sie hatte allen Grund, wütend zu sein. Sie war belogen worden, zumindest hatten sie ihr die Wahrheit verheimlicht. Ihre Mutter. Howard. Ihr Vater. Quinn. Aber Selbstmitleid half ihr nicht weiter in dieser Situation.
Hätte sie John nicht wenigstens die Gelegenheit geben sollen, seine Situation zu erklären? Wer weiß, wie viel Zeit ihm noch blieb.
Unwillkürlich beschleunigte Dani den Schritt. Sie musste unbedingt mit ihm sprechen. Hatte sie nicht ihr ganzes Leben lang auf ihn gewartet?
Sie fing an zu laufen. Wenn sie nun zu spät kam? Wenn er bereits gestorben war? Sie keuchte.
Da hörte sie hinter sich ein Motorrad. „Dani! Warte!“
Hastig wandte sie sich um. Quinn saß in seinem platingrauen Smoking auf einem Motorrad und bremste jetzt scharf neben ihr ab. „Los, steig auf! Sie haben ihn in das Cairns Base Hospital gebracht!“
Eine knappe Stunde später kamen sie mit quietschenden Bremsen vor dem Eingang des Krankenhauses zum Stehen. „Geh schon vor, ich komme nach!“, rief Quinn ihr zu.
Mit zitternden Knien betrat Dani das Krankenzimmer. Zu ihrer Erleichterung hatte John sich schon wieder einigermaßen erholt, trug allerdings noch
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