Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)
Welt möglich gewesen wäre. Das Michelson-Morley-Experiment hat aber als erstes Experiment gezeigt, dass es keinen Äther gibt – und damit kein bevorzugtes Bezugssystem.
Nun gut. Kommen wir wieder zurück zum eigentlichen Problem und widmen wir uns einem Astronauten, der in einem Raumschiff den kühnen Versuch wagt, einen Lichtstrahl zu verfolgen. Dazu verwendet er einen revolutionären Antrieb, der Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit ermöglicht. Im hinteren Teil des Raumschiffs ist eine Lichtquelle befestigt, die einen Lichtstrahl zum vorderen Teil des Raumschiffs aussendet, wo ein Empfänger installiert ist. Aus der Zeit, die der Lichtstrahl braucht, um die Distanz zwischen der Lichtquelle und dem Empfänger zu überwinden, kann der Astronaut berechnen, wie schnell sich das Licht im Raumschiff bewegt. Wenn sich das Raumschiff mit einem Tempo von 100‘000 Kilometern pro Sekunde bewegt und die Lichtgeschwindigkeit 300‘000 Kilometer pro Sekunde beträgt, welche Geschwindigkeit wird der Astronaut für das Licht im Raumschiff messen?
Intuitiv könnte man vermuten, der Astronaut misst 400‘000 Kilometer pro Sekunde als Lichtgeschwindigkeit, also die Summe aus der Geschwindigkeit des Raumschiffs und der Lichtgeschwindigkeit. Im 19. Jahrhundert hätte man Ihnen zu diesem Ergebnis zwar nicht gratuliert, aber zumindest eine Grundkenntnis in Physik attestiert. Bis zur Veröffentlichung der speziellen Relativitätstheorie hätte niemand wissenschaftlich fundiert an dieser Aussage gezweifelt. Seither sieht es jedoch anders aus. Die Erklärung: Das Raumschiff ist ein eigenes Bezugssystem. Die Naturgesetze gelten nun in allen Bezugssystemen gleichermassen. Ein Naturgesetz ist die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Das Licht ist immer gleich schnell unterwegs. Der Astronaut misst somit für die Geschwindigkeit des Lichtstrahls nichts anderes als die Lichtgeschwindigkeit, rund 300‘000 Kilometer pro Sekunde. Daraus folgt die mit der klassischen Physik nicht vereinbare Feststellung, dass ein Betrachter in einem Zug unmöglich feststellen kann, ob sich der Zug bewegt, da alle Experimente die genau gleichen Ergebnisse liefern wie wenn der Zug relativ zu einem anderen Bezugssystem still steht. Dementsprechend ist es auch nicht möglich zu entscheiden, welches Bezugssystem sich im Endeffekt bewegt. Es ist eigentlich sinnlos von einem ruhenden Bezugssystem zu sprechen, da es sich aus der Perspektive eines anderen Bezugssystems bewegt und umgekehrt. Ganz genau genommen gibt es nur bewegte und keine ruhenden Bezugssysteme. Zur Vereinfachung eines Sachverhalts kann es aber dennoch hilfreich sein, ein Bezugssystem lokal als ruhend zu betrachten, ohne dass dadurch die Kernaussage des Sachverhalts verfälscht wird. Deshalb werden wir auch weiterhin von ruhenden und bewegten Bezugssystemen sprechen.
10 Sieben Flaschen in einem Weinkeller sind relativ wenig, sieben Flaschen in einer Fussballmannschaft aber relativ viel.
Das offensichtlich Erstaunliche daran: Die Lichtgeschwindigkeit ist unabhängig von der Bewegungsgeschwindigkeit eines Betrachters. Die Lichtgeschwindigkeit ist immer gleich schnell, egal wie schnell man sich bewegt. Würde man in einem hypothetischen Raumschiff auf annähernde Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, wäre das Licht aus Sicht des Raumschiffs trotzdem um Lichtgeschwindigkeit schneller (im Vergleich zum Raumschiff). Es ist prinzipiell unmöglich, das Licht einzuholen. Das war mit der klassischen Ansicht nicht zu vereinbaren, denn im System von Galileo Galilei hätten die Gleichungen für elektromagnetische Wellen, also auch Licht, bei bewegten Systemen angepasst werden müssen. Andernfalls hätte der Passagier im Zug die Geschwindigkeit des Lichts messen und damit auf seine Geschwindigkeit schliessen können. Somit wäre die Lichtgeschwindigkeit abhängig gewesen vom Bezugssystem und damit nicht für jedes Bezugssystem gleich, wodurch es ein bevorzugtes Bezugssystem wie den Äther hätte geben müssen, das jedoch durch das Michelson-Morley-Experiment und alle folgenden Experimente widerlegt worden ist.
Diese Feststellung ist ziemlich irritierend. Wenn ein Zug mit 300 Stundenkilometern fährt und Sie in Fahrtrichtung mit 5 Stundenkilometern laufen, misst ein relativ dazu ruhender Betrachter Ihre Geschwindigkeit mit 305 Stundenkilometern. Das Tempo des Zugs und Ihr Schritttempo können nach klassischer Physik einfach addiert werden. Wenn Sie nun den Führerstand in der Lokomotive betreten und
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