Eisrose
breite Terrasse führte. Zufrieden ausatmend starrte er hinaus. Vor den Fenstern zog die Nacht dahin. Zarte Wolken umspielten den Mond.
Mit einem Lächeln dachte er an Leah und an das, was in den letzten Stunden geschehen war. Die Tatsache, dass sie aufmüpfig und störrisch war, erhöhte den Reiz, sie Demut zu lehren, um ein Vielfaches.
Leahs Widerstand gebrochen zu haben, war nichts Besonderes für ihn. Das hatte er bisher bei jeder Frau geschafft. Die Gefühlsregungen jedoch, die sie in ihm auslöste, beschäftigten ihn. Diese Frau hatte etwas an sich, was den Wunsch in ihm weckte, sich intensiv mit ihrer Persönlichkeit zu beschäftigen.
Unwillkürlich kroch erneut die Erinnerung an Cathérine in ihm hoch. Groll glomm in seinen Augen auf. Sie hatte sein Herz komplett vereist – doch daran wollte er jetzt nicht schon wieder denken. Der aufkeimende Groll würde ihn ansonsten auffressen. Lieber würde er sich mit seinen aktuellen Fotografien beschäftigen. Faszinierende Aufnahmen waren zusammengekommen. Immer wieder beeindruckte ihn die Mischung aus Lust, Angst und Schmerz, die in den Augen seiner Gespielinnen zu sehen war. Die exhibitionistische Ader dieser Frauen kam ihm sehr zugute. Sie waren ganz wild darauf, dass er ihre Aufnahmen auf Leinwand ziehen ließ und für seine Ausstellungen auswählte.
Er goss sich einen weiteren Brandy ein. Das Bild von Leah schob sich vor sein inneres Auge. Sie war eine Herausforderung. Nicht nur, weil es ihm Vergnügen bereitete, dieser Möchtegern-Domina zu beweisen, dass sie Wachs in seinen Händen war. Nein – da war mehr. Etwas, was er noch nicht zu greifen vermochte.
Er trat auf die Terrasse, schnupperte in die Nacht, spähte in die Dunkelheit, die nur vom silbrigen Mondlicht durchbrochen wurde. Er roch wilde Rosen, Wacholder, Geißblatt, Jasmin. Die Fenster der Flügeltüren weit geöffnet, genoss er die Stille. Ein Blick auf die Uhr zeigte, es war bereits drei Uhr nachts, dennoch war ihm danach, sich noch für eine Weile unter die Clubgäste zu mischen. Schmale Pfade zwischen Heckenrosen, Blumenrabatten, Bäumen und Sträuchern führten ihn kurze Zeit später zum Badehaus in den Felsklippen. Der Himmel war das reinste Sternenmeer, und der Mond hing satt über den Silhouetten der Bäume. Grillen zirpten. Ein kleiner, sanft plätschernder Bach floss quer durch den Garten – mitten durch einen gusseisernen Pavillon hindurch. Die vom Tag noch warme Luft war angenehm – perfekt für ein nächtliches Bad.
Stimmen, Gelächter und Musik nahmen zu, je weiter er sich dem Badehaus näherte; der Klang von Windspielen zog zu ihm herüber.
Ein großes, ovales Becken war in den Felsen eingelassen. Getragen von Säulen aus schneeweißem Marmor erstreckte sich ein Glasdach über die gesamte Fläche des Pools, der ringsherum mit Stufen versehen war. Zart schimmernde Vorhänge schmückten das Ambiente, überall verteilt standen Gefäße, in denen die schönsten und seltensten Blumen blühten. Etwas abseits befand sich ein sprudelnder Brunnen, an dem eine junge Frau saß, die ihre Hände unter das kühle Wasser hielt und vor sich hin träumte.
Trotz der späten Stunde waren noch viele Clubgäste anwesend. Dominik entdeckte darunter seine Schwester, die nichts weiter als einen Stringtanga trug. Ihre vollen, weichen Brüste wippten lockend auf und ab, als sie in das mit einem Mosaikboden versehene Becken stieg. Eine Vielzahl der Gäste genoss bereits das Wasser der Quellen, das aus einer benachbarten Grotte langsam hineinsickerte.
Dominik hörte Valérie zufrieden seufzen, als sie bis zur Brust in das vom Mondschein beschienene Wasser glitt.
Das Getümmel beobachtend, griff er zu einem Croissant und nahm sich eine Handvoll kandierter Rosenblätter aus einer Schale, die auf einem gusseisernen Tisch stand. Weintrauben, hauchdünne Mandelkekse, Schinken, Melone, diverse Gebäcksorten, französische Käsesorten, geräucherte Entenbrust, Lavendelhonig, dunkle und helle Brotlaibe, Kräuterbutter – mit all diesen Köstlichkeiten war der Tisch beladen.
Interessiert sah er zu, wie ein junger Mann mit blauen Augen und schwarzem Haar zu Valérie hinüberschwamm, wie diese sich leicht an ihn lehnte und ihn dann auf die Lippen küsste. Sanft strich er über Valéries schöne Wangenknochen, die rosa zu erblühen schienen. Dominik spürte eine große Nähe zwischen den beiden und fragte sich, ob dieser Mann eine Seite in seiner Schwester hervorrief, die bislang nicht zum Vorschein gekommen
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