Elenium-Triologie
Sattel.
»Sei im Schloß vorsichtig, mein Gebieter«, mahnte Kurik. »Die Wächter der königlichen Leibgarde werden wahrscheinlich nicht Partei ergreifen, aber Annias hat auch einen Trupp Kirchensoldaten im Schloß stationiert. Du mußt davon ausgehen, daß alle Rotuniformierten Feinde sind.« Er reichte den kunstvoll gehämmerten schwarzen Schild hinauf.
Sperber schnallte den Schild fest. »Du siehst im Ordenshaus nach Vanion?« fragte er seinen Knappen.
Kurik nickte. »Sobald das Osttor geöffnet wird.«
»Ich werde wahrscheinlich dort hinreiten, sobald ich im Schloß fertig bin. Komm trotzdem hierher zurück und warte auf mich.«
»Riskiere nicht zuviel, mein Gebieter.«
Sperber nahm vom Pförtner die Zügel entgegen. »Habt Dank, Herr Ritter. Wenn Ihr mir nun auch noch das Tor öffnen würdet, werde ich dem Bastard Lycheas meine Aufwartung machen.«
Der Pförtner lachte und schwang das Tor auf.
Faran trat mit stolzem, elegantem Schritt hinaus und setzte die Hufe in übertrieben klapperndem Stakkato auf. Das große Pferd hatte einen eigenartigen Hang, auf sich aufmerksam zu machen, ganz besonders dann, wenn Sperber in voller Rüstung auf ihm ritt.
»Werden wir nicht beide ein bißchen zu alt für dieses Getue?« sagte Sperber trocken.
Faran achtete nicht darauf, sondern stolzierte wie ein Paradepferd weiter.
So früh am Morgen waren in Cimmura nicht viele Leute unterwegs – nur ein paar eilige Handwerker und noch schläfrige Händler. Die Straßen waren glatt, und der Wind spielte mit den bunt bemalten Schildern über den Geschäften, daß sie knarrend hin und her schwangen. Die meisten Fensterläden waren noch geschlossen, lediglich hinter ein paar offenen deutete goldenes Kerzenlicht auf Frühaufsteher hin.
Sperber bemerkte, daß seine Rüstung bereits zu riechen angefangen hatte: Es war diese alte vertraute Geruchsmischung von Stahl, Öl und dem Lederharnisch, der jahrelang seinen Schweiß aufgesogen hatte. Dieser Geruch, den Sperber in den sonnenglühenden Straßen und Gewürzläden von Jiroch so gut wie vergessen hatte, überzeugte ihn fast mehr als der vertraute Anblick von Cimmura, daß er wieder zu Hause war.
Hin und wieder rannte ein Hund auf die Straße und bellte Roß und Reiter an, während sie vorüberritten, doch Faran blickte nur verächtlich auf die Kläffer hinab und stolzierte unbeirrt über das Kopfsteinpflaster.
Das Schloß lag im Zentrum der Stadt. Es war ein beeindruckendes Bauwerk, das die Häuser ringsum weit überragte, mit hohen Türmen, an deren Spitzen vor Nässe schwere, bunte Fahnen träge im Wind schlugen. Eine Mauer mit Brustwehr riegelte das Schloß von der Stadt ab. Vor langer Zeit hatte einer der elenischen Könige die Mauer außen mit weißem Kalkstein verkleiden lassen. Das hiesige Klima und die dicke Rauchdecke, die zu manchen Jahreszeiten auf die Stadt drückte, hatten diese Verkleidung mit streifigem, schmutzigem Grau überzogen.
Das Tor der Schloßmauer war breit und wurde von einem halben Dutzend Posten in der dunkelblauen Uniform der Leibgarde bewacht.
»Halt!« befahl einer der Männer, als Sperber näher kam. Der Posten stellte sich in die Mitte des Eingangs und streckte seine Pike aus. Sperber tat, als hätte er ihn nicht gehört, und Faran trottete geradewegs auf den Gardisten zu. »Ich sagte, Ihr sollt anhalten, Herr Ritter!« befahl der Posten erneut. Da sprang einer seiner Kameraden auf ihn zu, packte ihn am Arm und zerrte ihn aus dem Weg. »Das ist der Streiter der Königin!« riet er dem Kameraden eindringlich zu. »Stell dich ihm nie in den Weg!«
Auf dem Innenhof saß Sperber ab, etwas schwerfällig wegen der unbequemen Rüstung und des großen Schildes. Ein Posten kam mit vorgestreckter Pike auf ihn zu. »Guten Morgen, werter Herr«, grüßte Sperber ruhig.
Der Gardist zögerte.
»Paßt auf mein Pferd auf«, wies Sperber ihn an. »Ich komme bald zurück.« Er drückte dem Soldaten Farans Zügel in die Hand und stieg die breite Freitreppe zum Schloßeingang hoch.
»Herr Ritter!« rief ihm der Posten nach.
Ohne sich umzudrehen, ging Sperber weiter die Stufen empor. Vor der Flügeltür standen zwei Blauuniformierte, ältere Männer, die er zu kennen vermeinte. Die Augen des einen weiteten sich, und er grinste plötzlich. »Willkommen zu Hause, Ritter Sperber«, rief er erfreut und öffnete dem schwarzgerüsteten Ritter die Tür.
Sperber dankte ihm mit einem freundlichen Kopfnicken und betrat das Schloß. Der stählerne Schuhschutz und die
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