Elfenmeer – Der Korallenfürst: Eine Geschichte aus der Elvion-Reihe (German Edition)

bringst die Kristalle an Land. Vergrab sie in ihren Truhen , auf dass sie keinen Schaden anrichten und nie mehr gefunden werden.“
    Avree nickte und sah sich um. „Was ist mit ihrer Familie?“ Er blickte wieder auf das Kind hinab. „ Hast du Familie, Kleine?“
    Das Mädchen sah ihn mit großen Augen an und nickte schließlich. „Mama und Papa“, flüsterte es und wies auf Avrees Schiff.
    Koralle seufzte erleichtert auf. „Gut. Dann lass das Mädchen hier. Bring ihre Eltern un d alle anderen Menschen her. Flosse und ich machen uns auf zum Unterwasserpalas t , und du folgst uns, wenn du die Kristalle los bist.“
    Avree presste die Lippen aufeinander und schwieg eine Weile. Schließlich schüttelte er den Kopf. „ Ich nehme die Kleine mit mir.“
    „Aber ihre Eltern ...!“
    „Ich folge euch ja ohnehin bald.“ Avree setzte sein flegelhaftes Grinsen auf, das Koralle nur zu gut kannte, und zuckte mit den Schultern. „Es gefällt ihr bei mir , und ich kann ihr beibringen, wie man ein Schiff steuert. Würde dir das Freude bereiten?“
    Das Mädchen schmiegte sich noch enger an ihn und vergrub ihr Gesicht in seinem Hemd.
    Koralle ballte die Hände zu Fäusten. Das ungute Gefühl pochte schmerzhaft in seinem Bauch. „Sobald du uns eingeholt hast, geht das Kind zu seinen Eltern. Flosse ...“ Er winkte den Kobold mit sich und machte sich auf den Weg zum Steuerrad. Etwas geschah, schneller und mächtiger, als er es begreifen konnte und ih n ließ die Ahnung nicht los, dass ihm alles zu entgleiten drohte.

*
     
    Koralle entdeckte Segel am Horizont und wusste, dass es die Feuersturm war , die endlich zu ihnen aufschloss . Avree war wo chenlang verschollen gewesen , und Koralle hatte bereits das schlimmste gefürchtet: Einen Kampf, einen Hinterhalt , eine List des Mädchens ...
    S o lange wie dies es M al hatte es noch nie gedauert, die Schattenkristalle loszuwerden, d och nun näherte sich das Piratenschiff, dessen Flagge sich blutrot vom grauen Himmel abzeichnete.
    Koralle blickte zur Seite und erkannte, dass sich Flosse mit seiner Goldzahn steuerbord von ihm hielt , so wie er es zumeist tat . Manchmal war es komisch mitanzusehen, wie sich die Kobolde auf dem für Elfen geschaffenen Schiff bewegten und wie kleine Kinder mit Bärten w irkten, die dort herumrannten. D och sie waren flink und kamen erstaunlich gut zurecht. Zudem war Flosse ein ausgezeichneter Kapitän , und anders als viele Kobolde fürchtete er das Wasser nicht.
    Als die Feuersturm näher kam , erkannte Koralle das Mädchen vom Rinieler Handelsschiff , das zusammen mit Avree am Steuerrad stand. Es trug ein weißes Hemd, das am Bauch geknotet war , da es wohl von Avree stammte und viel zu lang war. Das schwarze Haar war zu zwei Zöpfen geflochten , die über ihre Schultern auf ihre Brust fielen . Ihr Lachen wurde mit dem Rauschen des Windes zu ihm getragen , und Koralle ahnte, dass er nicht , wie gehofft, umkehren würde, um das Mädchen zu seinen Eltern zu bringen. Während seinem Halt beim Unterwasserpalast hatte er herausgefunden, dass die Eltern des Mädchens tatsächlich auf Avrees Schiff und in Sicherheit gewesen waren und auch, dass das Mädchen einen kleinen Bruder hatte. Koralle hatte die Eltern beruhigt und ihnen versichert , dass ihre Tochter bei Avree in Sicherheit war , und die Eltern hatten ihm gedankt und sich wieder auf ihren dreijährigen Sohn konzentriert. Doch Koralle fragte sich, weshalb das Mädchen nicht zu seinen Eltern zurückkehrte und lieber bei Avree auf dem Schiff blieb. Es könnte in einem Palast zusammen mit liebenden Menschen leben, fern von Kampf, Entbehrungen und Gefahr. A ber auch, als Koralle das Mädchen nach Avrees Ankunft noch einmal fragte, ob es nicht i n den Palast zu seinen Eltern mo chte, schüttelte es energisch den Kopf.
    „Nayla ist bereits jetzt eine ordentliche Seefahrerin“, meinte Avree dazu und ging neben dem Mädchen in die Hocke. „ Sie hat den Ruf der See vernommen und wird einmal eine große Kapitänin.“ Er blickt e mit einem Augenzwinkern zu Koralle hoch , doch der Fürst der Meere fand dieses Spiel nicht lustig. Es war nicht gut, dass Avree sich so sehr auf einen Menschen einließ , schließlich wusste jedermann, wie es mit Menschen zu Ende ging. Avree war ein Elf, T ausende von Jahre alt, und das Leben dieser Nayla war bereits abgelaufen, ehe es richtig begonnen hatte. Sie würde Avree nur Schme rzen zufügen, doch was sollte Koralle tun? Sie gegen Avrees Willen fortschicken? Der