Ella in der zweiten Klasse
unsere eigene sein sollte, überraschte uns. Aber das Merkwürdigste war, dass die blutige Direktorin ebenfalls Regeln für die Schulnacht aufgestellt hatte, und dass es genau dieselben waren wie die des Lehrers. Die blutige Direktorin spukte nur bei Kindern, die gegen die Regeln verstießen, erklärte uns der Lehrer, und wir fanden es ganz schön traurig, dass die arme Direktorin sich beim Spuken genau wie im richtigen Leben benehmen musste.
Als die Geschichte zu Ende war, war es totenstill und richtig unheimlich in der Turnhalle.
»Was ist jetzt mit den Würstchen?«, fragte Timo schließlich.
»Und den Bonbons?«, wollte Hanna wissen.
»Und der Nachtdisco?«, sorgte sich Tiina.
Alle anderen hätten bestimmt auch noch was gefragt, wenn nicht plötzlich ein schriller, markerschütternder Schrei ertönt wäre.
»Hilfe! Anna ist verschwunden!«, schrie die Frau des Lehrers.
Die große Suchaktion
Der Lehrer teilte uns für die große Suchaktion in Paare auf. Ich bekam Pekka als Partner, obwohl ich lieber Hanna oder Tiina genommen hätte.
»Mach bloß keinen Quatsch!«, sagte ich zu Pekka.
»Ich?«, sagte Pekka.
Hanna war Tiinas Partnerin, und Timo war Mikas Partner. Nur der Rambo blieb ohne Partner, weil er sagte, er würde jedem eins auf den Riechkolben brezeln, der sein Partner sein wollte. Ich fand es toll, auf wie viele Arten der Rambo sagen konnte, dass er einem was auf die Nase geben wollte. Es war ein Beweis dafür, was der Lehrer immer sagte, dass nämlich jeder in irgendetwas gut ist.
»Ihr dürft alle Bonbons essen, wenn ihr Anna findet«, versprach der Lehrer.
»Und die Würstchen?«, fragte Timo.
»Die auch«, sagte der Lehrer.
»Und was ist mit der Nachtdisco?«, erkundigte sich Tiina.
»Die gibt es dann auch«, seufzte der Lehrer.
Dann schickte er uns los, und wir machten uns auf die Suche.
Der Lehrer und die Frau des Lehrers suchten in den Klassenzimmern. Da wären wir natürlich alle gern dabei gewesen, denn niemand war neugierig darauf, irgendwo auf dem Flur der blutigen Direktorin zu begegnen. Aber der Lehrer hatte bestimmt, dass wir uns trennen sollten, weil wir so größere Chancen hätten, das Kind zu finden, und das mussten wir ja, wenn wir Würstchen grillen, Bonbons essen und eine Nachtdisco machen wollten.
»Bestimmt hat die blutige Bürgermeisterin das Kind des Lehrers geholt«, vermutete Pekka.
»Du meinst die Direktorin«, korrigierte ich ihn.
»Meine Mutter ist die Direktorin an unserer Schule, falls du das vergessen hast, und von einer anderen hab ich noch nie was gehört«, sagte Pekka.
Als wir das Kind des Lehrers hinter der Heizung suchten, fand Pekka seinen Schlüsselbund, den er letztes Jahr verloren hatte.
Als wir das Kind des Lehrers in der Küche suchten, fand Pekka eine Familienpackung Eis am Stiel, aber ich schaffte nur fünf, dann konnte ich nicht mehr.
Als wir das Kind des Lehrers im Zimmer des Hausmeisters suchten, fanden wir einen Ball, ein Taschenmesser, einen Hockeyschläger und einen Akkuschrauber – alles Sachen, die uns der Hausmeister in der vergangenen Woche abgenommen hatte. Den Akkuschrauber hatte Pekka mit in die Schule gebracht, um zu beweisen, dass er den Lehrertisch in weniger als fünf Minuten auseinanderschrauben konnte. Das stimmte auch. Es dauerte nur viel länger, den Tisch wieder zusammenzubauen. Obwohl der Lehrer und der Hausmeister zu zweit waren, brauchten sie dafür fast einen ganzen Nachmittag.
Als wir das Kind des Lehrers auch noch im Lehrerzimmer suchten, fanden wir dort alle anderen außer dem Lehrer. Komisch, dass es allen eingefallen war, dort zu suchen. In jedem Fall war das Lehrerzimmer rappelvoll.
Timo und Mika fanden das Aufziehgebiss, das die Englischlehrerin einmal Pekka abgenommen hatte.
»So sieht es viel modischer aus«, sagte Timo, nachdem er die Zähne mit Filzstiften abwechselnd schwarz und gelb angemalt hatte.
Hanna und Tiina fanden eine Dose Glatzenwachs, die dem Sportlehrer gehörte. Der Rambo fand das Fotoalbum der Direktorin, in dem Nacktfotos von Pekka als Baby waren, und als Letztes fanden Pekka und ich die Aufsatzhefte, die der Lehrer uns im letzten Schuljahr nicht zurückgegeben hatte, weil sie angeblich wie vom Erdboden verschluckt waren. Solche Sachen fanden wir, aber das Kind des Lehrers fanden wir nicht.
»Es ist schrecklich«, sagte die Frau des Lehrers, als wir uns alle wieder in der Turnhalle versammelt hatten.
»Du sagst es«, sagte der Lehrer, nachdem wir ihm die achtzehn Aufsatzhefte
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