Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ella und die falschen Pusteln

Ella und die falschen Pusteln

Titel: Ella und die falschen Pusteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
herauszufinden. Ich dachte, wir könnten ihm alle zusammen eine Riesenkarte basteln, auf der wir ihm gute Besserung wünschen.«
    So besorgt hatten wir den Lehrer noch nicht oft erlebt. Aber wir selbst machten uns noch viel größere Sorgen, weil er immer noch nicht begriff, dass er es war, der so krank war. Für alle Fälle beschlossen wir, heute besonders nett zu ihm zu sein. Wir spürten, dass er unsere Unterstützung und unser Verständnis brauchte. Von seiner Frau bekam er die Unterstützung und das Verständnis nämlich nicht. Das wussten wir, weil ein paar von uns gehört hatten, wie sie ihm drohte. Die Frau unseres Lehrers ist die Klassenlehrerin der Parallelklasse gleich nebenan, und manchmal reden die beiden auf dem Flur miteinander. Sie hatte gedroht, dass sie ihm den Schlüssel für sein neues Auto versteckt, wenn er noch einmal mitten in der Nacht aufsteht und nachsieht, ob das Auto noch vor dem Haus parkt. Das fanden wir gemein. Wahrscheinlich lag der Lehrer wegen seiner Krankheit wach, da durfte man ihm doch nicht böse sein, wenn er auch gleich nach dem Auto sah.
    Während der Lehrer die Bastelsachen für die Riesenkarte holen ging, hielten wir eine Blitzbesprechung ab.
    »Wir müssen ihn trösten«, sagte Hanna.
    »Vielleicht sollten wir lieber ihm so eine Karte basteln«, schlug ich vor.
    »Wo er noch nicht mal weiß, dass er krank ist?«, fragte Timo.
    »Oder wir basteln ihm eine Karte, auf der draufsteht , dass er krank ist«, sagte ich.
    Das fanden die anderen auch keine gute Idee. Aber helfen wollten wir ihm trotzdem. Wir wussten nur nicht, wie.
    »Wir könnten ihm zum Beispiel über die Straße helfen«, schlug Tiina vor.
    »Blinden hilft man über die Straße – der Lehrer ist doch nicht blind«, sagte Timo.
    »Wie wär’s, wenn wir ihm einen Korb mit Essen und Saft in den dunklen Wald bringen?«, fragte ich.
    »Rotkäppchens Großmutter bringt man Essen und Saft in den dunklen Wald – der Lehrer ist doch nicht Rotkäppchens Großmutter«, sagte Timo.
    »Wir könnten ihn streicheln und ihm Medizin einflüstern«, sagte Hanna.
    »Kranke Tiere werden gestreichelt, kleine Eisbären zum Beispiel«, sagte Timo. »Außerdem wird Medizin einge flößt , nicht einge flüstert .« Timo weiß echt alles.
    »Schade, dass er kein kleiner Eisbär ist«, sagte Hanna enttäuscht.
    »Von mir kriegt jeder eins aufs Fell geflüstert, wenn ich ihn streicheln soll«, drohte der Rambo.
    »Alle dürfen Eisbären streicheln, nur ich nicht«, schniefte Mika.
    »Wer sagt das denn?«, fragte ich.
    »Meine Mutter«, sagte Mika und fing an zu heulen, aber warum seine Mutter ihm das Eisbärenstreicheln verbot, verriet er uns nicht. Ich wollte ihn noch fragen, aber da sagte Timo: »Hört zu, ich hab eine Idee!«
    Timos Idee war genial. Seine Ideen sind immer genial. Erst mal müssten wir wieder schlau sein, sagte er. Also verkleideten wir uns, aber diesmal nicht mit falschen Bärten, sondern mit falschen Pusteln, die wir uns mit Wasserfarben ins Gesicht malten. Das heißt, alle außer Mika, der quengelte, weil er sich lieber wieder als Batman verkleiden wollte und sein schwarzer Umhang in der Wäsche war. Mika hatte ihn eingeölt, weil er gelesen hatte, dass Batman mit seinem Umhang durch die Luft schoss wie ein geölter Blitz. Wir überlegten uns, ob er vielleicht deshalb Eisbärstreichelverbot hatte, aber wir sagten nichts, damit er nicht gleich wieder losheulte.
    Als der Lehrer zurückkam, waren wir gerade fertig. Hanna hatte überall im Gesicht rote Punkte. Timo hatte blaue Punkte im Gesicht und dazu noch an den Händen. Tiina hatte sich zu ihren roten Punkten eine Brille gemalt, weil sie fand, dass sie damit noch schlauer aussah. Ich hatte grünlich gelbe Punkte und braune Ohren. Die Ohren hatte mir der Rambo angemalt, aus Rache, dass ich ihm zu seinen roten Punkten noch eine extrarote Nase gemalt hatte. Nur Mika hatte keine Punkte. Er hatte Wasser in den Plastikpapierkorb gefüllt und schwarze Farbe dazugerührt, dann hatte er den Kopf hineingesteckt. Er war von den Haaren bis unter die Augen schwarz und sah auch ohne Umhang wie Batman aus.
    »Ich dachte, wir basteln eine Karte, aus der beim Aufklappen eine Blume ...«, begann der Lehrer, dann war er still. Er hatte bemerkt, wie wir aussahen.
    »Äh … aha, ihr habt schon angefangen«, sagte er.
    »Ich spüre so ein Sprudeln im Kopf«, sagte Timo.
    »Das kenne ich«, sagte der Lehrer.
    »Ich hab mir den Magen verdorben«, sagte Hanna.
    »Mein Gehirn ist ganz

Weitere Kostenlose Bücher